Deutsche Post World Net

...und ab geht die Post

17.01.2006 von Andreas Schmitz
Die IT des Posthorn-Konzerns Deutsche Post World Net gibt sich föderal - und "leistet“ sich sechs gleichrangige CIOs. Die "Konzern-CIO-Funktion" übernimmt hierbei das 10-köpfige IT-Board.

Postwertzeichen verkaufen, Zustellungsvermerke stempeln und Nachsendeanträge entgegennehmen: Das ist für den "Post“-Comedian Hans-Hermann Thielke die Deutsche Post. Für die Bühne ist Herr Thielke seit 25 Jahre in Sachen Post unterwegs und nur schwer von der Zukunft zu überzeugen, die in so fremden Worten wie Rationalisierung, Integration oder Wertsteigerung daherkommt.

Alfons Anton ist auch seit 25 Jahren bei der Post - aber nicht auf dem Kabarett-Parkett, sondern tagtäglich im Corporate IT-Office des Konzerns, für das er verantwortlich ist. Er begann damals in der "Bürotechnik und -organisation“ und hat die Wandlung der Post zu einem Dienstleistungsunternehmen mit den Bereichen Brief mit der Deutschen Post, Express und Logistik u.a. mit der DHL und Finanz Dienstleistungen mit der Postbank mitgemacht. Heute liegt sein Hauptjob darin, die Trennung zwischen Demand und Supply zu organisieren. Das IT-Management soll künftig stärker als bisher die Anforderungen aus den Fachbereichen erkennen und an die Service-Partner weiter reichen - etwa an die IT-Tochter Deutsche Post IT-Solutions oder Outsourcing-Partner wie T-Systems.

Das "Wertsteigerungsprojekt STAR“ (Start 2001) und die neu ausgerufenen und auf zahlreichen Fahnen im Bonner Post-Tower wehenden 7 Konzernwerte (darunter "Exzellente Qualität liefern“, "Kunden erfolgreich machen“ und "Unternehmerisch handeln“) lassen die "neue Post“ erahnen. Eine innovative Post, die weltweit unterwegs ist. Gut ins Bild passt dabei CIO Johannes Helbig aus dem Bereich Brief, der gerade den dritten Platz im Wettbewerb "CIO des Jahres 2005“ belegt hat. Service-orientierte Architektur und die Trennung von Demand und Supply schreibt sich Helbig auf die Fahnen.

Der Bereich Brief hat gewisserweise vorgemacht, was der Post-Konzern unternehmensweit umsetzen will. IT-Office-Mann Anton spricht von der "IT als Wettbewerbsfaktor“ und wähnt seinen Arbeitgeber in Sachen RFID-Transponder u.a. in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut oder der Service-orientierten Architektur (SOA) schon heute in der IT für morgen. Das Architektur-Committee etwa einigte sich auch auf die SOA für die Business-Units. Modular und flexibel setzte sie als erster CIO Johannes Helbig für den Bereich Brief ein – die anderen Bereiche sollen folgen.

In verschiedenen Projekten hat die Deutsche Post World Net ihre IT-Ressourcen neu eingesetzt – z.B. den Supply-Bereich neu sortiert. Die Anwendungsentwicklung hat der Konzern in die Deutsche Post IT-Solutions verlagert, aus vielen Rechenzentren drei gemacht, die wechselnd rund um die Uhr betreut werden ("follow the sun“) und der Netzwerk- und Anwendungsbetrieb liegt in Deutschland nahezu komplett in den Händen der T-Systems. Dezentrale Business Units wie etwa Mail oder Express sollen durch Senkung der IT-Kosten nach und nach mehr Geld für die Entwicklung neuer Lösungen haben.

IT-Office-Chef Anton spricht von einem Trend der Ausgaben von "Run hin zu Build“. Schon in der Vergangenheit hat die Post Ressourcen umgelagert. Von 2003 auf 2004 hat der Konzern bei etwa gleich bleibendem IT-Budget sieben Prozent mehr Geld für Entwicklung übrig gehabt als vorher. Dieses Geld fließt dann etwa in die globale Standardisierung von Data Centern, in die Supply-Chain-Unterstützung oder ein IT-gestütztes Auftragsmanagement, das eine Brücke zwischen Vertrieb, Produktion und Abrechnung schlagen soll.

Zugute kommt das Geld den einzelnen CIOs und ihren Bereichen. Einen Konzern-CIO gibt es nicht. Anton : "Wir haben eine föderale Struktur“. Jeder einzelne Bereich der Post von Brief, über Express und Logistik, dem Bereich Corporate Functions und der Postbank hat einen eigenen CIO mit klar umrissenen Aufgaben. Die CIOs sollen vor allem als "Zugpferd“ für den Demand-Bereich unterwegs sein.

Das höchste Entscheidungsgremium ist das 10-köpfige IT-Board, dem der Vorstand Global Corporate Services Frank Appel vorsitzt. Hier diskutieren die IT-Manager die IT-strategische Ausrichtung in den Business-Einheiten, besprechen „shared Services“, die von allen Einheiten genutzt werden sollen wie etwa Plattformen, Software, die nicht unternehmensspezifisch ist. Zudem dient es als "Informationsveranstaltung der einzelnen Bereiche“. Das Architektur- und das Infrastruktur-Committee sind die Sub-Committees des IT-Boards: In beiden sitzen IT-Manager, die an die IT-Board-Mitglieder berichten.

Den Grund für die föderale Struktur sieht Anton darin, dass die IT so näher zum Kunden gebracht werden kann. Die globale Quervernetzung ist die Sache von Manfred Schuster, der in der Konzern-Funktion des CIO Corporate Functions nun für globale businessübergreifende Abläufe wie die IT für das konzernweite Rechnungswesen, die Human Ressources (globale Umstellung auf SAP R/3) und in Querschnittsfunktion für die Demand-IT verantwortlich ist.

Im lederbestuhlten und hochmodernen Board-Room im 40. Stock des Post Towers ist das IT-Management mit seinen Gremien allerdings noch nicht durch die förderalen CIOs vertreten. Dass die Belange der IT nicht zu kurz kommen, dafür sorgen allerdings die Vorstände der Business-Units und nicht zuletzt Global Corporate Function-Vorstand Appel.