Akzeptanz fehlt noch

Ungeliebte App-Stores

21.11.2013 von Christiane Pütter
Sechs von zehn Angestellten arbeiten mittlerweile mobil. Doch Anwender richten sich immer noch an die IT-Abteilung, wie eine IDC-Studie zeigt.
Der mobile Zugriff auf Unternehmenswebsites hat sich mittlerweile durchgesetzt.
Foto: IDC

Es scheint wohl die Kluft zwischen Medienhype und Realität zu sein, was der Frankfurter Marktforscher IDC in seiner Studie "Enterprise Mobility in Deutschland 2013" herausgefunden hat. Informatiker mögen glauben, das Modell App-Store sei etabliert. Doch die Angestellten in den Unternehmen kommen da nicht mit.

IDC hat 276 IT-Entscheider und Fachbereichsleiter befragt. An der Erkenntnis, dass die deutsche Arbeitswelt mobil geworden ist, rüttelt die Studie nicht. 57 Prozent der Angestellten sind mittlerweile zumindest teilweise von unterwegs aus tätig, sei es auf einem Kundentermin oder einer Messe. Ihnen flexibles und mobiles Arbeiten zu ermöglichen, zählen 37 Prozent der befragten IT-Chefs zu ihren drei wichtigsten Prioritäten in den kommenden zwei Jahren.

Peter Leukert, vormals CIO der Commerzbank, sagte Ende September im Gespräch mit CIO.de: "Heute stehen wir vor einer interessanten und grundlegenden Revolution: Wir gehen in Richtung App-Store. Der CIO muss die IT-Architektur so umgestalten, dass er dem Berater oder Sachbearbeiter Lösungen nach dem Modell eines App-Stores anbieten kann, damit dieser sich seinen eigenen Bildschirm individuell zusammenstellen kann."

Deutsche CIOs über mobiles Arbeiten
Das Managen mobiler Arbeiter - offenbar ein brisantes Thema. Nicht jeder CIO wollte sich auf Nachfrage von cio.de äußern, aus firmenpolitischen Gründen, wie es hieß.
"Was machen die eigentlich zu Hause"
Laut einer Studie des Büro-Dienstleisters Regus fragen sich weltweit 55 Prozent der Chefs, was genau ihre mobilen Mitarbeiter den ganzen Tag lang eigentlich tun. Unter den deutschen Befragten sind es 53 Prozent.
Diskussion um Work-Life-Balance
Thorsten Pawelczyk, Leiter Zentrales Personalwesen beim Entsorgungsbetrieb Tönsmeier, hält mobiles Arbeiten für sinnvoll. Seine Erfahrung: Manche Menschen können sich besser konzentrieren, wenn sie sich in einem "kreativen Modus" analog zur inneren Uhr befinden. Andere CIOs wenden ein, dass Chefs Pausenzeiten des Mitarbeiters dann aber auch respektieren müssen - und der Mitarbeiter Pausen nehmen muss. Sonst könne die Work-Life-Balance in Schieflage geraten.
Wann man vor Ort sein sollte
Tenor einiger deutscher CIOs: Video- und andere virtuelle Kommunikation funktioniert am besten, wenn man sich zuvor persönlich kennengelernt und ein "Feeling" aufgebaut hat. Bei Konflikten sollte man sich auf jeden Fall persönlich treffen.
Dr. Dietmar Schlößer, Deloitte
Dietmar Schlößer, CIO beim Berater Deloitte: "Bei Projekten halte ich einen gemeinsamen Start mit gegenseitigem Kennenlernen für eine Notwendigkeit, auch das gemeinsame Feiern des erfolgreichen Projektabschluss kann ich wärmstens empfehlen."
Thorsten Pawelczyk, Tönsmeier
Tönsmeier-CIO Pawelczyk, sieht wie Kollege Dietmar Schlößer einen großen Vorteil des mobilen Arbeitens in der höheren Produktivität. Als weiteren Pluspunkt nennt er den Wegfall von Reisezeiten.
Thorsten Pawelczyk, Tönsmeier
Tönsmeier-CIO Pawelczyk, sieht wie Kollege Dietmar Schlößer einen großen Vorteil des mobilen Arbeitens in der höheren Produktivität. Als weiteren Pluspunkt nennt er den Wegfall von Reisezeiten.

Dem scheinen IT-Chefs zuzustimmen, nicht aber die Endnutzer. Wie IDC schreibt, ist die interne App-Plattform die häufigste Form der Bereitstellung von Anwendungen. Damit liegt sie vor MDM-Tools (Mobile Device Management). Allein der gemeine Mitarbeiter spielt nicht mit: 56 Prozent der Endanwender kontaktieren noch immer die IT-Abteilung, wenn sie für ihr Smartphone oder Tablet etwas brauchen. Die Analysten sprechen von Akzeptanzproblemen und erklären, die bloße Einführung einer App-Plattform reiche nicht aus. Unternehmen sollten Schulungen und Trainingsmaßnahmen anbieten.

Dies vor dem Hintergrund, dass die Firmen ihren Mitarbeitern derzeit durchschnittlich zehn mobile Anwendungen bereitstellen. Nach den Plänen der IT-Entscheider wird diese Zahl in den kommenden zwölf Monaten auf 17 steigen.

Fernzugriff, Filesharing, BYOD und Cloud

Möglich ist der Fernzugriff üblicherweise bereits auf die Unternehmens-Websites (89 Prozent), Organisatorisches wie Mails und Kalender (85 Prozent) und Office-Anwendungen (72 Prozent).

Anders sieht es bei Filesharing-Lösungen aus. 50 Prozent der Unternehmen stellen diese remote bereit - weitere 35 Prozent wollen binnen zwei Jahren nachziehen. 47 Prozent erlauben den Realtime-Zugriff auf Dateien in Backend-Systemen. Fast ebenso viele (40 Prozent) planen dies innerhalb der nächsten 24 Monate.

Die Studie streift kurz das Thema BYOD (für "Bring your own device"). "Nach wie vor herrscht Zurückhaltung bei der Bereitstellung von mobilen Applikationen für private Geräte der Mitarbeiter", schreibt IDC. Die Analysten führen das auf Sicherheitsbedenken zurück.

Vorangekommen sind die Entscheider dagegen beim Thema Cloud-Nutzung. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) stellt mittlerweile einen Großteil der mobilen Applikationen als Cloud-Service bereit. In einer vergleichbaren Vorjahresuntersuchung war es erst rund jedes Achte (13 Prozent). IDC erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Wie die Analysten beobachten, verschiebt sich beim Thema Mobile Device Management (MDM) der Schwerpunkt. War es vormals in erster Linie um die Bereitstellung der Geräte gegangen, rangieren nun Nutzer-Authentifizierung und Integration mobiler Sicherheitslösungen ganz oben auf der Agenda. Außerdem geht es um das Vorkonfigurieren und Authentifizieren der Geräte.

Die Aufgaben für IT und Fachbereiche

Aus Sicht von IDC stellt die wachsende Mobilisierung der Arbeitswelt die IT vor fünf Herausforderungen:

Das Thema betrifft aber nicht allein die IT. Auch die Fachbereichsverantwortlichen sollten sich mit Mobility auseinandersetzen. Das betrifft zum einen Datenschutz und -Sicherheit, zum anderen gesetzliche Vorgaben zur Arbeitszeit und versicherungstechnische Gründe.