Business Process Management

Unternehmen beschreiben Prozesse nicht

25.03.2010 von Christiane Pütter
Vier von zehn Unternehmen können ihre betrieblichen Abläufe nicht beschreiben. Dennoch stellen sie hohe Erwartungen an Business Process Management (BPM). Analysten bescheinigen den Firmen eine Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Theorie und Praxis klaffen beim Business Process Management (BPM) deutlich auseinander. So liest sich zumindest der BPM Trend Report 2010, den der Hamburger Marktforscher Softselect im Auftrag des Anbieters Ramco Systems unter 100 Unternehmen im deutschsprachigen Raum durchgeführt hat.

Die Marktforscher klärten dabei zunächst einmal die Frage, inwieweit Firmen Prozesse beschreiben können. Denn das sei "zentrale Voraussetzung für die Umsetzung eines erfolgreichen Business Process Managements".

Fast vier von zehn Unternehmen (38 Prozent) haben ihre betrieblichen Abläufe laut der Studie überhaupt noch nicht beschrieben. Von den anderen hat das fast jedes Dritte (31 Prozent) bisher auch erst ein einziges Mal getan. Eine regelmäßige automatisierte Gestaltung und gegebenenfalls Änderung der Prozesse hat sich also noch nicht durchgesetzt.

Nichtsdestoweniger knüpfen Entscheider hohe Erwartungen an BPM-Instrumente. 90 Prozent erklären, Prozesse effizienter machen zu wollen. Außerdem wollen sie Abläufe besser steuern (89 Prozent) und modellieren (88 Prozent). Die Gestaltung firmenübergreifender Prozesse steht bei 78 Prozent auf der Agenda.

Alignment von IT und Business erreicht dagegen "nur" Platz fünf. 76 Prozent der Befragten geben an, ihre IT auf strategische Ziele ausrichten zu wollen. Das Einführen von Prozessautomatisierungs-Systemen nennen 59 Prozent.

Darüber hinaus wollten die Marktforscher wissen, wie es um die Zufriedenheit mit der bisher eingesetzten ERP-Software steht. Hier überwiegen die positiven Antworten: Zwölf Prozent der Befragten bescheinigen ihren Systemen ein "Sehr gut", weitere 64 Prozent ein "Gut".

Anpassungsfähigkeit von ERP-Software lässt zu wünschen übrig

Diese Angaben verändern sich, sobald nach der Anpassungsfähigkeit der ERP-Software gefragt wird. Insgesamt sechzig Prozent vergeben gute bis sehr gute Noten. 27 Prozent attestieren ein "Befriedigend" und neun Prozent nur noch ein "Ausreichend".

Stichwort Tools: Beim Einsatz von Werkzeugen für das Reporting liegt Microsoft Excel mit satten 94 Prozent der Nennungen eindeutig vorn. 44 Prozent der Studienteilnehmer verfügen zudem über Reporting-Tools zum Beispiel von Business Objects, Crystal Reports oder anderen Anbietern. Laut den Autoren der Studie werden Auswertungen aber trotzdem noch häufig zum Versenden in Excel überführt.

Weiter ging es um die Frage, auf welchen Gebieten Kennzahlensysteme im Einsatz sind, um die Performance messen zu können. 91 Prozent der Entscheider nennen Controlling. Es folgen Kundenbindungs-Management (85 Prozent) und Vertrieb (78 Prozent) vor Lieferanten (71 Prozent) und Produktion (68 Prozent).

Schließlich fragten die Marktforscher - Krise hin oder her - nach den Investitionswünschen für die kommenden zwei Jahre. 50 Prozent der Entscheider sehen Bedarf an Business Intelligence. Weitere 42 Prozent würden gern in Planung und Steuerung investieren.

Neue Systeme sollen Folgekosten senken

Unabhängig von konkreten Investitionen betonen 94 Prozent der Studienteilnehmer, bei der Software-Auswahl stehe die Senkung von Folgekosten für Wartung und Pflege der Systeme im Vordergrund. Fast ebenso viele (93 Prozent) legen auf flexible Systeme Wert. 91 Prozent führen außerdem Integrationsfähigkeit an.

Softselect-Geschäftsführer Michael Gottwald erklärt in einer Gesamtbetrachtung der Ergebnisse, Business Process Management entwickle sich zunehmend zum kritischen Erfolgsfaktor. "Doch bleibt auch festzuhalten, dass im Verhältnis zu den hohen Erwartungen, die an die Prozesseffektivität und Instrumente zur Steuerung und Modellierung der Abläufe gestellt werden, die Bereitschaft, die eigenen Prozesse in zyklischen Abständen zu erfassen und zu überprüfen, noch recht verhalten ist", sagt Gottwald. Das zeige, dass "die hohen Anforderungen der Unternehmen ein Stück weit mit der gelebten Wirklichkeit auseinandergehen."