Unerfüllte Erwartungen

Unternehmen unzufrieden mit Startups

06.10.2016 von Christoph Lixenfeld
Arthur D. Little hat Chancen und Hindernisse der Zusammenarbeit zwischen Groß und Klein untersucht. Ergebnis: Es ist schwierig, aber alle wollen es.
  • Nach Ansicht der Studienautoren erleben wir gerade das "Zeitalter der Kooperationen.
  • Langfristig, so die Prognose, werden nur noch Unternehmen Erfolg haben, die dieses Thema mit Erfolg meistern.
  • Gerade in den kommenden 24 Monaten wir auf diesem Gebiet sehr viel passieren.

Noch nie haben sich gute, erfolgreiche Ideen so schnell durchgesetzt wie in den zurückliegenden zwanzig Jahren, und noch nie sind neue Unternehmen mit Hilfe von Innovationen so schnell gewachsen. 65 Prozent der Konzerne auf der Liste der 500 umsatzstärksten Companies der Welt (Fortune 500) sind erst 20 Jahre oder weniger Teil dieses Rankings. In den Jahrzehnten davor hatte sich die Liste deutlich weniger verändert.

40 Prozent der Fortune-500-Unternehmen gibt es 2025 nicht mehr

Glaubt man dem MIT, dann wird sich die Veränderungsgeschwindigkeit in Zukunft noch deutlich erhöhen: 40 Prozent der aktuellen Unternehmen auf der Liste, so die Prognose, existieren 2025 nicht mehr.

Wichtigster Grund dafür sei die Digitalisierung beziehungsweise Nicht-Digitalisierung: Unternehmen, die das Thema offensiv und erfolgreich angehen, werden ihren Gewinn in den kommenden zehn Jahren um 26 Prozent steigern, alle anderen dagegen 24 Prozent weniger verdienen.

Fast alle haben oder wollen Partnerschaften

Ein Mittel, um dabei zum richtigen Viertel zu gehören, ist die Zusammenarbeit mit Startups. Das jedenfalls sagt die Unternehmensberatung Arthur D. Little, die die Realität und das Potenzial von Kooperationen zwischen etablierten und jungen Unternehmen detailliert untersucht hat.

Für Startups haben Kooperationen vor allem das Ziel, vom Boden abzuheben. Anders gesagt: eine Größe zu erreichen, die das langfristige Überleben sichert.
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Methodisch spielt sich das Ganze auf drei Ebenen ab. Die erste bildet eine Online-Befragung von 400 Personen auf der ganzen Welt. 177 davon sind Entscheider etablierter Unternehmen, 103 von Startups und 82 Industrieexperten. Zweite Ebene: Breit angelegte Interviews mit ausgewählten Gründern, Innovationsexperten und Venture Capital-Gebern. Drittes Element schließlich bilden 39 Interviews mit den Stakeholdern existierender, erfolgreicher Kooperationen.

Fast 80 Prozent sowohl der befragten Etablierten als auch der Startups haben bereits Erfahrung mit Kooperationen, und 85 Prozent (auf beiden Seiten) derer, die solche Bündnisse noch nicht eingegangen sind, würden dies gerne tun.

Motive für Kooperationen von Startups und Unternehmen

Die Motive sind höchst unterschiedlich. Etablierte Unternehmen interessieren sich für den Zugang zu neuen Technologien und neuen Produkten, Startups‘ dienen die großen Partner dagegen vor allem als gute Kunden und ganz generell als Türöffner für Märkte.

Großen Unternehmen helfen Kooperationen dabei, innovativer zu werden und die eigene Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben.
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Erwartungen an Startups erfüllen sich oft nicht

Diese Erwartungen werden bemerkenswerter Weise in höchst unterschiedlichem Maße erfüllt. Während 63 Prozent der Vertreter von Startups sagen, die Kooperation habe innerhalb eines Jahres die gewünschten Resultate geliefert, sagen dies lediglich 30 Prozent der Etablierten. Und - noch drastischer: Für 38 Prozent der großen Unternehmen erfüllen sich die Erwartungen gar nicht, von den Startups sagen dies lediglich 13 Prozent.

Ursachen für das Scheitern

Die Ursachen für Probleme oder das Scheitern werden dabei nur auf den ersten Blick unterschiedliche verortet: Zwar sehen 58 Prozent der Großen "kulturelle Unterschiede" als Haupthindernis, von den Kleinen sagen dies nur 41 Prozent. Die sind aber zu 50 Prozent der Ansicht, die größten Probleme bereiteten "interne Widerstände" beim großen Partner. Was bei genauer Betrachtung ebenfalls auf "kulturelle Unterschiede" hinauslaufen dürfte.

Die zuletzt genannten Antworten bedeuten allerdings keineswegs, dass die Kooperationen nach ihrem Ende negativ beurteilt werden. Im Gegenteil: 100 Prozent der Startups und 98 Prozent der Etablierten würden erneut eine solche Partnerschaft eingehen.

Unternehmen geht es um technologische Weiterentwicklung

Fast alle Befragten gaben an, Kooperationen seien in einer Welt, die immer komplexer wird und in der Grenzen zwischen Branchen immer mehr verschwinden, der wichtigste Schlüssel für zukünftigen Erfolg. Dabei würden sehr konkrete, inhaltliche Business-Partnerschaften im Vergleich zu reinen Finanzinvestitionen in junge Unternehmen immer wichtiger, weil die Großen mit Hilfe dieser Deal nicht nur Geld verdienen, sondern sich auch selbst technologisch weiterentwickeln wollen.

Unterschiede in der Unternehmenskultur sind das wichtigste Hindernis bei Kooperationen. Interkulturelles Trainings sind zwar ein sinnvolles, aber kein hinreichendes Mittel, um diese Hürden zu beseitigen.

Damit das funktioniert - sagen die Experten von Arthur D. Little - müssen etablierte Unternehmen intensiv an ihrer Beziehungsfähigkeit arbeiten. Aktuell sind sie davon laut Selbsteinschätzung noch sehr weit entfernt: Lediglich 28 Prozent der befragten Konzerne äußerten die Ansicht, diesbezüglich gut oder sehr gut aufgestellt zu sein.

Woran es vor allem fehlt, ist die Fähigkeit, schnell Entscheidungen auf Basis agiler Prozesse zu treffen. Gemeint ist hier das alte, vielgesungene Lied: Konzern haben zwar solide, gut geölte Prozesse, aber die Zahnräder mahlen eben zu langsam, um Neues schnell antreiben zu können.

Es fehlt an Konsequenz, Geduld und Frustrationstoleranz

Außerdem haben die Autoren der Untersuchung festgestellt, dass es oft an der notwendigen Konsequenz mangelt, daran, einmal erkannte neue Businesschancen mit Hilfe der Kooperation schnell und mit den notwendigen Ressourcen voranzutreiben.

Und die Startups? Sie machen den Fehler, zu früh in Kooperationen hineingehen zu wollen, noch bevor sie wirklich für sich geklärt haben, warum sie die Partnerschaft wollen und was sie sich davon erwarten. Sie sollten nach Ansicht der Studienautoren immer zunächst die eigenen Chancen und Wünsche erforschen.

Darüber hinaus müssten sie sich darüber im Klaren sein, dass sie viel Geduld und auch ein gehörige Portion Frustrationstoleranz benötigten, um mit den wuchtigen, oft starren Strukturen ihres Partners zurecht zu kommen. "Sie sollten durchaus Druck machen, aber bezüglich der Einhaltung von Timelines flexibel bleiben", schreiben die Autoren von Arthur D. Little.

Ihrer Ansicht nach - und das ist die Quintessenz des Ganzen - gibt es für keinen der Beteiligten eine Alternative zu mehr Kooperationen. Für Konzerne bedeuten sie, Zugang zu dringend benötigten Innovationen zu bekommen und so ihren Kunden neue, spannende Angebote machen zu können.

Die nächsten zwei Jahre sind entscheidend

Für Startups ist die Zusammenarbeit der wichtigste Schlüssel zu schnellem und nachhaltigem Wachstum, zum Erlangen von Markt-Knowhow und Marktzugängen.

Gelingen werden solche Vorhaben auf beiden Seiten denjenigen, die bereit und in der Lage sind, sich auf die Kultur, die Wünsche und Restriktionen der jeweils anderen Seite einzulassen und dabei nicht die Geduld zu verlieren.

Bei Arthur D. Little ist man davon überzeugt, dass gerade "das Zeitalter der Kooperationen anbricht", dass hier bereits in den kommenden 24 Monaten mehr passieren wird als jemals zuvor.

Digitalisierung: 8 Tipps für das Change Management und den Rollout
Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg.
Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen?
Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten.
Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können.
Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen.
Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren.
Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können.
Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können.
Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.