Accenture-Umfrage

Vernetzung der Mitarbeiter in der Fabrik rückt in den Mittelpunkt

04.05.2016 von Manfred Bremmer
Investitionen in neue Technologien zur Vernetzung von Mitarbeitern und Maschinen, wie kollaborative Roboter, Wearables und künstliche Intelligenz sind für Industrieausrüster und Unternehmen der Automobilindustrie heute fester Bestandteil ihrer Strategie zur Steigerung der Produktivität. Dennoch hapert es oft noch bei der Umsetzung, wie eine Accenture-Studie ergab.
In der Fabrik der Zukunft arbeiten Menschen Hand in Hand mit kollaborativen Robotern.
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Im Rahmen der Umfrage "Machine dreams: Making the Most of the Connected Industrial Workforce" befragte Accenture mehr als 500 Entscheidern in Asien, Europa und den USA, die in ihren Unternehmen für Vernetzung und Digitalisierung in der Produktion zuständig sind. Die Ergebnisse belegen aus Sicht des Beratungsunternehmens den raschen Wandel in der Fertigungsindustrie hin zu einer engen Verzahnung von Maschinen, künstlicher Intelligenz und Mitarbeitern. Resultat sei eine 'Connected Industrial Workforce', die in ihrer Arbeit von einer Kombination aus mobilen Technologien wie Wearables, Sicherheits- und Tracking-Technologien und Analytics unterstützt wird, so Accenture.

Definition Connected Industrial Workforce
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Wie die Studie aufzeigt, ist dabei die Vernetzung der Mitarbeiter in der Fertigung bei der großen Mehrheit (94 Prozent) der befragten Industrieausrüster und Autohersteller sowie -zulieferer bereits fester Bestandteil der Geschäftsstrategie. So planen die befragten Unternehmen in den kommenden fünf Jahren rund ein Viertel der gesamten Forschungs- und Entwicklungsausgaben - also bis zu 220 Milliarden Euro - in die Vernetzung von Mensch und Maschine zu investieren. Den Großteil der Summe machen dabei Unternehmen der Automobilindustrie mit 181 Milliarden Euro locker, Industrieausrüster investieren bis 2020 weitere 39 Milliarden Euro.

Die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine bietet zahlreiche Vorteile.
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"Intelligente Roboter übernehmen immer mehr Aufgaben in der Fabrik, doch der Mensch wird weiterhin im Mittelpunkt stehen", kommentiert Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland, das Ergebnis. Dabei unterstützten die kollaborativen Roboter und mobile Technologien den Arbeiter bei seiner Tätigkeit, indem sie ihm stark repetitive oder gefährliche Aufgaben abnehmen und eine höhere Produktivität ermöglichen.

Zögernd statt zupackend

Obwohl die befragten Fertigungsunternehmen klare Vorteile in der Vernetzung von Mensch und Maschine sehen, sind sie bei der Umsetzung von konkreten Projekten bisher zögerlich. So hat laut Umfrage weniger als ein Viertel der Unternehmen (22 Prozent) bereits umfassende Lösungen für die Connected Industrial Workforce in der eigenen Fertigung implementiert. 85 Prozent der Studienteilnehmer sehen ihr Unternehmen beim Einsatz von digitalen Technologien nur als Mitläufer oder gar Nachzügler, jedoch nicht in einer führenden Position.

Die Gründe für dieses Zögern sind vielfältig: Einer der Stolpersteine auf dem Weg zur Connected Industrial Workforce ist die technische Umsetzung bei der Vernetzung von Mensch und Maschine. Mehr als drei Viertel (76 Prozent) aller befragten Führungskräfte sehen in der fehlenden Datensicherheit ein mittleres oder großes Risiko. 72 Prozent der Befragten stufen die Komplexität und die damit verbundenen Gefahren als mittleres oder großes Risiko ein. Für sieben von zehn Entscheidern (70 Prozent) wiederum stellt der Mangel an ausreichend qualifizierten Mitarbeitern ein solches Risiko dar.

Mensch bleibt im Mittelpunkt

Die große Mehrheit (85 Prozent) der befragten Unternehmen ist der Ansicht, dass sich der Fokus in der Produktion zunehmend in Richtung Interaktion von Mensch und Maschine verschieben wird. Demnach werden in Zukunft kollaborative oder komplett autonome Maschinen und von Menschen angelernte Roboter den Mitarbeiter in der Fabrik unterstützen und so seine Effektivität steigern. Insbesondere fahrerlose Transportfahrzeuge - also mobile Roboter, die Materialien in der Fabrik oder der Lagerhalle hin- und her bewegen - sollen hier eine wichtige Rolle spielen.

Bei den von Accenture befragten Unternehmen fließen mehr als die Hälfte der Investitionen bereits in solche Robotertechnologien. Zudem planen die Unternehmen, in den nächsten fünf Jahren ihre Ausgaben für Roboter zu steigern, die Hand in Hand mit Menschen und außerhalb von Käfigen arbeiten (Collaborative Robots, kurz Cobots). Hinzu kommen Investitionen in Augmented-Reality-Systeme wie Datenbrillen oder sogenannten Smart Helmets, also mit Minicomputern und Bildschirm ausgestattete Helme.

Ein weiteres Ergebnis: Um den Sicherheitsrisiken der Connected Industrial Workforce zu begegnen, investieren viele Unternehmen auch in den Ausbau ihrer bestehenden IT-Infrastruktur. Außerdem haben 89 Prozent aller Unternehmen, die sich laut Studie zu den Vorreitern bei der Vernetzung von Mensch und Maschine sehen, bereits damit angefangen, gezielt Experten mit bisher nicht in der Belegschaft vorhandenen Qualifikationen einzustellen.

Beim vernetzten Arbeiten kommen verschiedene Technologien und Anwendungen zum Einsatz.
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Vorreiter Automobilindustrie

Von den untersuchten Fertigungsunternehmen, die neue Technologien vor allem zur Steigerung der Produktivität einsetzen wollen, zeigen laut Umfrage die Automobilhersteller und ihre Zulieferer das größte Interesse an kollaborativen Robotern, fahrerlosen Transportfahrzeugen und Augmented-Reality-Geräte wie Datenbrillen oder Smart Helmets.

Dies hat vor allem finanzielle Gründe: Wie Accenture berechnet hat, könnte die Vernetzung von Mensch und Maschine bei einem Autohersteller mit einem jährlichen Umsatz von 50 Milliarden Euro die Profitabilität bis 2020 um 500 Millionen Euro steigern. Davon entfallen 50 Millionen Euro auf Forschung und Entwicklung, 415 Millionen Euro auf die Fertigung und Logistik sowie weitere 30 Millionen Euro auf Service und Kundendienst.

Die Vernetzung von Mensch und Maschine birgt laut Accenture zahlreiche Vorteile, die sich in bare Münze auszahlen.
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Die Studie zeigt auch Länderunterschiede bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) rund um Technologien für die Vernetzung von Mensch und Maschine. So planen Unternehmen in den USA, 40 Prozent der gesamten F&E-Ausgaben in die Entwicklung von Lösungen für die Connected Industrial Workforce zu investieren. An zweiter Stelle folgen chinesische Unternehmen, die dafür 23 Prozent des F&E-Budgets zur Verfügung stellen. Unternehmen in Deutschland und Frankreich wollen hier jeweils 20 Prozent beziehungsweise 19 Prozent ihres F&E-Budgets investieren. Japanische Unternehmen planen von allen untersuchten Ländern mit nur 17 Prozent des Gesamtbudgets die geringsten F&E-Ausgaben für die Connected Industrial Workforce.

"Die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist ein großes Themenfeld der Industrie 4.0. Deutschland kann hier eine führende Rolle übernehmen, wenn es den Unternehmen gelingt, die Mitarbeiter in Fertigungsunternehmen auf die neuen Aufgaben einzustellen", sagt Frank Riemensperger. "Die Berufsbilder ändern sich, IT-Kompetenz und der Umgang mit digitalen Daten wird für viele Aufgaben in Produktion und Montage zum Muss."