Globale Studie

Versicherungs-Apps nicht nutzerfreundlich

11.09.2012 von Ursula Pelzl
Eine aktuelle Studie bescheinigt den 30 weltweit führenden Versicherungen zentrale Defizite in ihren App-Strategien und nutzerunfreundliche Anwendungen.
Verbraucher erwarten mehr: Die Service-Angebote auf Versicherungs-Apps sind noch sehr begrenzt.
Foto: Fenton - Fotolia.com

Branchenübergreifend bieten immer mehr Unternehmen mobile Anwendungen an, um Kunden zu begeistern, zu gewinnen und zu binden. Doch die mobile Revolution ist in der Versicherungsbranche offenbar noch nicht angekommen. Die große Mehrheit der Assekuranzunternehmen nutzt das Potential der Applikationen nicht, so das Fazit der globalen Studie Mobile Apps for Insurance" nach der Stärken-Schwächen-Analyse von mehr als 70 Versicherungs-Apps.

"Lückenhaft und oft nicht nutzerfreundlich" - so lautet die Bewertung des unabhängigen Schweizer Research-Unternehmens MyPrivateBanking für die meisten mobilen Anwendungen der 30 weltweit führenden Versicherungsgesellschaften, die auf Basis von 35 Kriterien untersucht wurden. Die Qualität der Inhalte und Funktionen als auch die Integration mit anderen Medien lasse zu wünschen übrig.

In dem Vergleich und Ranking von 100 Apps schnitten die Anwendungen der Krankenversicherer mit 46 von maximal 100 erreichbaren Punkten am schlechtesten ab. Sieger nach Sparten waren die Kfz-Versicherer mit 59 Prozent Zielerreichung, gefolgt von den Lebensversicherern mit knapp 55 Prozent auf dem zweiten Platz.

In der Einzelbetrachtung überzeugte die französische Axa Versicherung mit insgesamt 61 Punkten für ihr spartenübergreifendes App-Portfolio. Die niederländische Aegon Gruppe sicherte sich mit 52 Punkten den zweiten Platz knapp vor dem britischen Unternehmen Aviva (50 Punkte).

Die beste Autoversicherungs-Apps bietet nach Angaben der Studienexperten das US-Unternehmen State Farm. Bei den getesteten Apps zur Krankenversicherung hat der US-Versicherer Humana die Nase vorn. Die besten Mobile Apps für Lebensversicherungen bieten die Aegon Gruppe und Swiss Life.

Zentrale Defizite im App-Angebot

Mehrere zentrale Defizite in den App-Strategien der Versicherungsgesellschaften führen die Experten an. Sie kritisieren, dass überhaupt nur drei der 30 analysierten Unternehmen alle drei analysierten Versicherungssparten - Auto-, Kranken- und Lebensversicherung - abdecken. 90 Prozent aller analysierten Apps stünden darüber hinaus nur in einem Land zur Verfügung.

Bei der Mehrheit der Apps fehlten Funktionen wie die Policen-Erneuerung oder Schadensmeldungen - Anwendungen, die Kunden einen echten Mehrwert bieten könnten. Nur rund die Hälfte der Kfz-Versicherer hat auf ihren Apps eine Funktion eingerichtet, über die Kunden ein Angebot anfordern können. Kranken- und Lebensversicherer bieten noch weniger Kontaktmöglichkeit: Nur auf knapp 20 Prozent ihrer Anwendungen lassen sich Anfragen stellen.

Obwohl Android-Geräte weltweit einen höheren Marktanteil als das iPhone haben, bieten 62 Prozent der Versicherer ihre Apps nur für das iPhone zum Download und zur Installation an.

"Die Versicherungswirtschaft nutzt nur 20 Prozent des Potentials von mobilen Apps, um Kunden besser zu bedienen und ihre Marktattraktivität zu steigern", ist Steffen Binder, Research-Director von MyPrivateBanking, überzeugt. Aus seiner Sicht unverständlich, da sich der Versicherer "mit wenigen, einfachen Schritten mit Mobile Apps aber einen signifikanten Wettbewerbsvorteil verschaffen" könnten.

Die App-To-Do-Liste für Versicherer

Versicherungen, die mit attraktiven Mobile Apps bestehende und als auch potenzielle Kunden an sich binden wollen, sollten diese Punkte auf ihre To-Do-Liste schreiben:

  1. Eine schlüssige globale App-Strategie entwickeln: Derzeit überwiegen nicht-abgestimmte Anwendungen, die nur in wenigen Ländern angeboten werden. Ziel der Versicherungsgesellschaften sollte es aber sein, in möglichst vielen Ländern Apps mit einheitlichen Standards in Sachen Branding, Sicherheit und Komfort anzubieten.

  2. Versicherungs-Apps strategisch in ein Multi-Mediakanal-Konzept einbinden: Jede einzelne mobile Applikation muss das App-Gesamtportfolio sinnvoll ergänzen, mit anderen Anwendungen korrespondieren und in die diversen Media-Kanäle des Unternehmens integriert sein.

  3. Die Funktionspalette erweitern: Angebote wie die Unterstützung von Schadensmeldungen, Angebotsanforderungen sowie Produkt-und Unternehmensinformationen sollten Bestandteil jedes App-Portfolios sein.

  4. Prioritäten setzen: Versicherungsgesellschaften sollten nicht viele mittelmäßige, sondern lieber wenige, aber optimierte Apps anbieten.

Alle Angebote auf einer einheitlichen Service-Plattform

Nach Ansicht von Experte Binder müssen die Versicherer die persönliche Beratung, Telefon- und Onlinekanäle und die mobilen Angebote zunehmend zu einer einheitlichen Service-Plattform zusammenführen. "Die Herausforderung für Versicherungsunternehmen wird es sein, über mehrere Zugangswege den Kunden eine Plattform anzubieten, die es erlaubt Angebote einzuholen, Policen abzuschließen, Schäden zu melden und umfassend informiert zu werden. Und zwar wo und wann immer sie wollen."

MyPrivateBanking sieht nutzerfreundliche Versicherungs-Apps als strategischen Schlüssel für diese neue Plattform, da sie die dominante Schnittstelle für die Kunden werden - ob im Büro, in der Freizeit oder im Urlaub.