Klinikum Garmisch-Partenkirchen

Virtualisierte Infrastruktur für Heilprozesse

01.07.2009 von Hartmut  Wiehr
Seit fünf Jahren verfolgt das Klinikum Garmisch-Partenkirchen eine Virtualisierungsstrategie für Server und Storage. Ausfallsicher laufen heute auch Applikationen in der virtuellen Infrastruktur, die große Leistungsanforderungen stellen, darunter das Krankenhaus-Informationssystem iMedOne, das radiologische Bildarchiv und SAP mit Oracle-Datenbanken. Durch die Virtualisierung ergeben sich Kostenvorteile bei Speichererweiterungen und Vorteile bei der Administration.

Das Klinikum Garmisch-Partenkirchen, akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist ein IT-gestütztes Krankenhaus mit über 500 Betten und rund 19.000 stationären Patienten jährlich. Etwa 1.000 Mitarbeiter an rund 600 Computerarbeitsplätzen sowie diverse diagnostische und therapeutische Einrichtungen sorgen für eine medizinische Versorgung rund um die Uhr. Bekannt ist das Klinikum insbesondere für seinen Fachbereich Gelenkersatz (Endoprothetik), das Zentrum für Innere Medizin sowie für Unfallchirurgie und Sportorthopädie – im Skifahrer- und Wanderparadies Garmisch ein Muss.

Die IT-Verantwortlichen in Garmisch-Partenkirchen wagten bereits vor fünf Jahren den Einstieg in die Server-Virtualisierung mit VMware. Im Vordergrund stand die Zentralisierung der gesamten produktiven IT-Systeme, um die Systemvielfalt zu reduzieren und die Systemstabilität zu erhöhen. Parallel zur Server-Virtualisierung stiegen die Leistungs- und Kapazitätsanforderungen an den Speicher, und man beschloß die Einführung eines Storage Area Network (SAN).

Eine herkömmliche, rein Hardware-basierte SAN-Lösung sei aber auf Grund der mangelnden Flexibilität zweite Wahl gewesen, erläutert Thomas Schmeidl, Leiter der Abteilung EDV und Qualitätsmanagement. Bei komplett redundantem Aufbau von damals 30 und heute über 60 Servern wäre so eine kaum handhabbare IT-Landschaft entstanden. Schließlich überzeugte die Verantwortlichen im Klinikum das Konzept des IT-Dienstleisters Assistra, das vorsah, die virtuellen VMware-Maschinen mit einem flexiblen virtuellen Software-SAN zu kombinieren.

Das Kernstück des virtuellen SAN ist die Speichermanagement- und Virtualisierungssoftware SANmelody von DataCore. Sie setzt auf Standardservern mit Windows-Betriebssystem auf und stellt Anwendungs-Servern virtuelle Laufwerke aus einem zentralen Speicherpool zur Verfügung. Durch redundante Auslegung und synchrone Spiegelung gewährleistet das Software-SAN Hochverfügbarkeit.

Durch den softwarebasierten Ansatz fallen im Vergleich zu Hardware-SANs beträchtlich niedrigere Investitionskosten an, heißt es bei Assistra. Mit Thin Provisioning, der verbrauchsabhängigen Speicherbelegung, kann dabei die Auslastung der Systeme erhöht werden. Zudem profitiert man langfristig von den Kostenvorteilen der Hardware-Unabhängigkeit, denn Virtualisierung unterstützt Plattenspeicher unabhängig von Typ, Technik oder Hersteller und ermöglicht dadurch eine herstellerunabhängige Erweiterung der SAN-Lösung bei Bedarf. Dies ist um so wichtiger, da gerade das PACS kontinuierlich wächst: Man muss im Klinikum auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen und Haftungsfristen medizinische Daten 30 Jahre vorhalten.

Redundante Auslegung

Für die Server-Virtualisierung mit VMware ESX Server Version 3 sind heute vier Dualcore- sowie vier Quadcore-Server im Einsatz. Speicherkapazität liefern zwei identische Storage-Einheiten mit Storage-Subsystemen von Hitachi Data Systems. Die Wahl fiel dabei auf das Einstiegsmodell AMS200, das derzeit mit etwa 15 Terabyte Bruttokapazität an SATA- und FC-Disks ausgerüstet ist. Bei Bedarf lässt es sich auf maximal auf 94 Terabyte ausgebauen. SANmelody ist auf je einem DELL-Server unter Windows 2003 Server installiert. Drei Dual-FC-Host Bus Adapter sorgen für eine redundante Anbindung an die Switche und eine Überkreuzverbindung zwischen den Storage-Servern.

Die Speichersysteme übernehmen die Bereitstellung der virtuellen Plattenressourcen für die VMware-Umgebung mit etwa 60 virtuellen Maschinen. Im Normalbetrieb arbeiten sie im Active-Active-Modus und ermöglichen damit eine hohe Gesamtperformance. Gleichzeitig werden alle Daten synchron zwischen den Systemen gespiegelt. Sollte ein System ausfallen, übernimmt der verbliebene Storage-Server durch die vollautomatische Failover-/Failback-Funktion dessen Aufgaben. Damit wird die Hochverfügbarkeitsfunktion von VMware speicherseitig ergänzt.

Die Verantwortlichen im Klinikum entwickelten für die Inbetriebnahme des neuen SANs ein eigenes Konzept. Einer der physischen VMware-Server wurde mit zusätzlichen HBAs ausgestattet und mit beiden SANs verbunden. Über diesen "Transportserver" konnte dann die Migration der Daten zwischen altem und neuen SAN im laufenden Betrieb vorgenommen werden, sodass die Ausfallzeit beim Umschalten minimal gehalten wurden. Auf diese Weise "wanderten" nach und nach das Klinische Informationssystem iMedOne (KIS), die komplette SAP-Umgebung mit Oracle-Datenbank und die medizinische Dokumentation einschließlich PACS (Picture Archiving and Communication System) in das virtuelle SAN.

Nach der problemlosen Migration zeigten jedoch die HBAs der Storage-Server Unregelmäßigkeiten, die unkontrollierte Resets und endlose Suchanfragen ("Polls") verursachten. Als Ursache wurde schließlich die Firmware des HBA-Herstellers identifiziert, der schließlich zu einer Beseitigung des Firmware-Bugs bewegt werden konnte. Mit dem eingespielten Firmware-Update konnten die Systeme schließlich wieder synchronisiert und damit die Hochverfügbarkeit wiederhergestellt werden.

Hohe Leistung trotz Standard-Hardware

Die größten Anforderungen an die Leistung hat das KIS, das mit drei Servern rund 450 Arbeitsplätze bedient. Auch das Laborsystem mit annähernd ebenso vielen Zugriffsplätzen, Exchange-, File- und Print-Services verlangen ein dementsprechend schnelles SAN. Zuletzt wurde mit dem kompletten SAP-System inklusive Oracle-Datenbank ein weiteres traditionell ressourcenhungriges System integriert.

Dabei hat man im Klinikum festgestellt, dass das Gesamtsystem seine Performance-Vorteile gegenüber einem reinen Hardware-SAN um so besser zur Entfaltung bringt, je mehr Hosts angeschlossen sind. Man stellte keine Performance-Engpässe oder –Einbrüche durch die SAP-/Oracle-Integration fest, erklärt der IT-Verantwortliche Schmeidl.

Beim Klinikum Garmisch-Partenkirchen sieht man sich für die nächsten Schritte gut gerüstet. Neben der Integration weiterer Applikationen, demnächst ein Diktiersystem, geht der kontinuierliche Ausbau der klinischen Dokumentation (KIS, PACS) voran. Ebenso steht ein baldiges Upgrade auf ESX 4.0 vor der Türe.