Ein weiter Weg

Vom 3D-Objekt zum gedruckten Modell

09.08.2013 von Jürgen Hill
Dank 3D-Bibliotheken im Internet und pfiffiger, kostensparender 3D-Scan-Verfahren erfreut sich der 3D-Druck immer größerer Beliebtheit. Doch von der Vorlage bis zum Modell ist es ein weiter Weg mit etlichen Fallstricken.

In der Theorie klingt das 3D-Printing relativ einfach: Der Anwender benötigt lediglich ein 3D-Objekt, aus dem der Printer dann ein dreidimensionales Modell druckt.

Doch in der Praxis ist das Ganze komplexer, denn die gängigen Drucker können nicht einfach die Daten eines 3D-Objekts auf Basis des STL-Formats verarbeiten. STL steht für Surface Tesselation Language und beschreibt ein Objekt mit Hilfe von Dreiecken. Scherzhaft wird STL auch als Abkürzung für "Stupid Triangles, Lots of them" bezeichnet.

Die Druck-Prozesskette

Auf den ersten Blick ist für den 3D-Druck eine komplexe Prozesskette abzuarbeiten.
Foto: German RepRap

Für den Druck muss ein solches Objekt erst in dünne Scheiben zerlegt werden - eine Aufgabe, die dem sogenannten Slicer zukommt. Der vom Slicer erzeugte GCode wird dann vom Pronterface in Maschinencode übersetzt, um die Druckermotoren für Bewegungen auf der x-, y-, und z-Achse sowie die Druckdüse, den Extruder, anzusteuern. Schleichen sich in dieser Prozesskette Fehler ein, so ist Ausschuss beim Druck im wahrsten Sinne des Wortes programmiert.

Viele Anwender dürften aber bereits viel früher vor einem Problem stehen: Wie kommen sie zu einem 3D-Objekt als Druckvorlage im STL-Format? Die nächstliegende Option ist das Zeichnen eines entsprechenden Objekts.

gedruckte Kleidung
Das Kleid, das Dita von Teese trägt, kommt aus dem 3D-Drucker. Es besteht aus 17 Teilen, die dem Model auf den Leib konstruiert wurden. Der Entwurf stammt von Michael Schmidt und Francis Bitoni, gedruckt wurde es in Zusammenarbeit mit Shapeways.
gedruckte Kleidung
Als Material für das Kleid aus dem 3D-Drucker kommt Nylon zum Einsatz. Es ist voll beweglich und mit 13.000 Swarovski-Kristallen besetzt
Sportartikel
Die Sohle des Football-Schuhs Nike Vapor Laser Talon kommt aus einem 3D-Drucker. Damit soll der Sportschuh besonders leicht sein und eine optimale Durchzugskraft auf dem Football-Spielfeld entfalten.
Sportartikel
Der Schuh für American Football von Nike soll tatsächlich mittels 3D-Druck in Produktion gehen. Geplant ist ein Druck mit Nylon - ein Material, das besonders leicht ist, dabei aber widerstandsfähig bleibt.
Möbel
Druckbeispiel: Stuhl - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Kleidung
Designermode aus dem 3D-Drucker: Die Kleidung wird in einzelnen Teilen und mit unterschiedlichen Materialien gedruckt.
Kleidung
Aus Haute Couture wird Tech Couture: Die Kleidungsstücke aus dem 3D-Drucker bestehen aus mehreren Teilen und unterschiedlichen Materialien.
Handdrucker
3D-Druck aus dem Handgelenk: Der 3Doodler arbeitet wie ein Stift - nur mit Kunststoff. Er soll den 3D-Druck für alle erschwinglich machen. Ab Februar 2014 soll er erhältlich sein - Kostenpunkt: 99 Dollar plus Versand und Steuer.
Bau
Mondstation aus dem 3D-Drucker: Die europäische Weltraumagentur plant das ehrgeizige Projekt in Zusammenarbeit mit der Industrie. Der 3D-Drucker soll auf dem Mond eingesetzt werden.
Bau
Der 3D-Drucker, der den Bau der Monstation übernehmen soll, ist der D-Shape der britischen Firma Monolite. Er wird für den Gebäudebau eingesetzt.
Haushalt
Formen und Stempel fürs Backen aus dem 3D-Drucker: Ein Einfall, der bei Garage Lab entstand. Der gemeinütziger Verein versammelt in Düsseldorf Kreative und Interessierte am 3D-Druck (www.garage-lab.de).
Haushalt
Alles individuell: Der personalisierte Teelichthalter ist nur ein Beispiel von ScopeforDesign. Der Anbieter ist auf individuelle Gegenstände aus dem 3D-Drucker spezialisiert. Farbe, Text, Material lassen sich
Haushalt
Meine Lampe: Bei ScopeforDesign lassen sich die Lampenschirme inklusive Text, Farbe und Material individualisieren. Sie kommen dann aus dem 3D-Drucker.
Schmuck
Schmuck nach Wunsch: Bei ScopeforDesign lassen sich Schmuckstücke individualisieren. Hier kommen neben Kunststoffen auch Metalle wie Silber aus dem 3D-Drucker.
Gegenstände
Vom Hasen bis zur Skulptur: Alle Objekte stammen aus dem 3D-Drucker - hier: Beispiele von Makerbot, dem Unternehmen, das den Replicator 2 verbreibt. Zu sehen auf der Make Munich im April 2013.
Gegenstände
Frosch aus Kunststoff - ein Beispiel, was 3D-Drucker wie die Modelle von Makerbot leisten.
Kleidung
Hut gefällig: Auf Objekte aus dem 3D-Drucker in vielen Materialien ist i.materialise spezialisiert (i.materialise.com)
Kleidung
Schuhe mal anders: Die Studie wurde von i.materialise auf der Make Munich im April in München gezeigt.
Modelle
Modellbau mit 3D-Druck - hier ein Beispiel, das von i.materialise auf der Messe Make Munich im April in München zu sehen war.
Material
Kunststoffe mit Holzanteil: Dieses Objekt in Holzoptik zeigte 2PrintBeta auf Make Munich im April 2013 in München. Die unterschiedlichen Schattierungen gelingen, indem die Drucktemperatur geändert wird.
Material
Auch im 3D-Druck kommt Papier zum Einsatz. Es wird Blatt für Blatt aufeinandergelegt, verklebt und geschnitten. Am Ende wird das Objekt aus dem Papierblock herausgebrochen. Die Maschine stammt von Mcor Technologies, die Skulptur im Bild von Supermodell, München (www.supermodell.co)
Papier
Skulpturen aus Papier lassen sich in zwei Teilen drucken und dann zusammensetzen. Dank des Papiers sieht man nach dem Kleben keinen Übergang . Info: www.supermodell.co
Instrument
Eine gedruckte Gitarre aus dem Cube von 3D Systems
Instrument
Voll funktionsfähig: Die Gitarre mit eigenem Design aus dem 3D-Drucker Cube.
Waffe
Waffenteil aus dem 3D-Drucker: Die bedenkliche Seite der Do-it-Yourself-Bewegung

3D-Modelling

Gedruckte Tragfläche eines Modellflugzeugs zum Bespannen.
Foto: Thingiverse

War das Erstellen von 3D-Objekten früher die Domäne kostspieliger CAD-Programme wie Autocad, so sind heute auch Open-Source-Programme zu finden. Teilweise eignen sie sich auch für Einsteiger. In der 3D-Printing-Community werden etwa die kostenlosen CAD-Programme "Blender" oder "Sketchup" genutzt. Sketchup war ursprünglich eine Google-Entwicklung, wurde dann aber im April 2012 an Trimble Navigation verkauft. Heute gibt es das Programm sowohl in einer Gratis- als auch in einer kostenpflichtigen Pro-Variante. Weitere kostenlose Programme sind "Sculptris", "OpenSCAD", "Creo Elements/Direct Modeling Express 4.0" oder "FreeCAD". Mit "3DTin" und "TinkerCAD" existieren zudem zwei Programme, die direkt im Browser laufen. Hierzu ist allerdings WebGL erforderlich. Einige Programme erfordern noch Plugins für den Export der Daten als STL-Datei.

Mit Fotos zum 3D-Objekt

Einen interessanten Ansatz in Sachen 3D-Modelling verfolgt die Firma Autodesk mit ihrer Familie "123D". Grundsätzlich ist die Nutzung der Programme, die teilweise auch als Apps vorliegen, kostenlos. Dafür speichern diese die Daten in der Cloud und versuchen den Anwender zu vorinstallierten Dienstleistern wie 3D-Druckern zu lotsen. Neben der eigentlichen 3D-Modelling-Software "123D Design" hat Autodesk mit "123D Catch" noch ein weiteres interessantes Programm auf Lager. 123D Catch berechnet aus Bildern ein 3D-Modell. Hierzu muss der Anwender 20 bis 40 sequenzielle Bilder des Objekts aufnehmen. Diese werden dann in die Autodesk-Cloud geladen. Dort wird aus den Bildern ein 3D-Modell errechnet.

Letztlich ist Catch 123D eine Zwischenstufe zwischen dem 3D-Modelling und dem reinen 3D-Scannen, der zweiten weit verbreiteten Methode, um druckfähige dreidimensionale Vorlagen zu generieren. Das 3D-Scannen empfiehlt sich beispielsweise, wenn defekte Bauteile nachgedruckt werden sollen und keine Vorlage existiert - also quasi ein Reengineering stattfindet.

3D-Scannen

Entsprechende 3D-Scanner sind derzeit jedoch noch nicht zum Schnäppchenpreis zu bekommen. So sind beispielsweise für den "Canon RE-455X Visualizer" um die 2000 Euro zu veranschlagen. Leistungsfähigere 3D-Scanner zum Erfassen größerer Objekte kosten dann schnell mehrere zehntausend Euro.

Einfachere Scanner, die Objekte bis zu 40 Zentimeter Höhe erfassen, vertreibt beispielsweise das Braunschweiger Unternehmen David Laserscanner. Das Starterkit ist für rund 450 Euro erhältlich. Ähnlich wie bei den 3D-Druckern existieren bei den Scannern auch Open-Source-Projekte. Eines von ihnen, das FabScan, wird an der RWTH Aachen betrieben.

3D-Druck as a Service
Folgende Unternehmen offerieren 3D-Druck als Service. Die Liste soll nur zur ersten Orientierung dienen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Shapeways
Ponoko
3D Fab
Objectplot
3D:Activation

Microsofts Kinect scannt

Einen preisgünstigen, wenn auch ungewöhnlichen Einstieg in die Welt des 3D-Scannes eröffnet Microsofts Controller "Kinect" für die Spielekonsole Xbox, der für rund 190 Euro erhältlich ist. So wird mit der 500 Euro teuren Software "Artec Studio 9.0" aus dem Gesten-Controller ein 3D-Scanner. Laut Artec funktioniert diese Methode auch mit anderen Modellen wie dem Asus "Xtion". Voraussetzung ist, dass diese über sogennante Primesense-Sensoren verfügen.

Eine kostenlose App zur Kinect-Nutzung als Scanner stammt von Faro. Die Scenect-App, so verspricht der Anbieter, erstellt schnell komplette 3D-Modelle. Auch Microsoft hat das Potenzial von Kinect erkannt und im November auf der Entwicklerkonferenz Build 2012 in Redmond die 3D-Scan-Software "Kinect Fusion" vorgestellt.

Druckbare Gehäuseschale des Lumia 820 als STL-Datei.

Doch egal, auf welche Weise die Vorlage nun gescannt wurde, sie lässt sich so nicht weiterverwenden. Dies liegt daran, wie das Fablab München auf seinen Web-Seiten erklärt, dass das Ergebnis eines 3D-Scans Punktwolken sind. Für den 3D-Druck werden aber Flächen benötigt, weshalb die Punktwolken trianguliert werden müssen. Zu den Open-Source-Werkzeug mit entsprechenden Funktionen zählt "MeshLab".

3D-Bibliotheken

Deutlich einfacher ist es dagegen, gleich auf passende 3D-Vorlagen zuzugreifen. Zwei populäre 3D-Bibliotheken im Internet sind GrabCad.com oder Thingiverse.com. Angesichts der großen Menge an Projekten -GrabCad hat eigenen Angaben zufolge über 65.000 3D-Vorlagen - ist es nicht ganz einfach, das Passende zu finden, zumal das Angebot von einfachen Gadgets über Handy-Halter für das Auto, Zahnräder und Ersatzteile bis zu kompletten Druckvorlagen für flugfähige Modellflugzeuge reicht.

Offen ist zudem, inwieweit etwa Druckvorlagen für nachgefertigte Zahnräder als Ersatzteil via Internet ausgetauscht werden dürfen. Während in den USA bereits heftige Copyright-Diskussionen im Zusammenhang mit 3D-Printing geführt werden, herrscht hierzulande noch Funkstille. Ob die landläufige Meinung, dass die Praxis für den privaten Gebrauch zulässig sei, einer rechtlichen Überprüfung standhalten wird, bleibt abzuwarten.

Unabhängig davon, aus welcher Quelle nun die STL-Datei als Druckvorlage stammt, sie sollte vor der Weiterverarbeitung noch überprüft und gegebenenfalls repariert werden. Fehler in der Datei - etwa Löcher oder Unregelmäßigkeiten in der Oberflächenstruktur - führen sonst später zu fehlerhaften Ergebnissen. Kostenlose Software zum Überprüfen und Reparieren ist beispielsweise "Netfabb Studio Basic" oder "VisCAM View". Wie die Prozedur mit Netfabb funktioniert und worauf zu achten ist, beschreibt ein Skript der Hochschule München (http://w.idg.de/VmH37R) sehr anschaulich.

Zerlegen in Schichten

Liegt eine fehlerfreie STL-Datei vor, folgt der vorletzte Arbeitsschritt vor dem eigentlichen Druck: das Zerschneiden (Slicen) des 3D-Objekts in dünne Schichten. Eine Software, die diese Aufgabe übernimmt, ist "Slic3". Da jeder Drucker seine Eigenarten hat, hängt dieser Schritt stark von der jeweils genutzten Maschine ab. Deshalb sollte der Anwender prüfen, ob die ins Auge gefasste Software die entsprechenden Parameter für seinen Drucker kennt. Schließlich kreiert die Software die numerischen Steuerungsinformationen, den GCode, für den 3D-Druck.

Druckertreiber

Ähnlich einem PC-Drucker benötigt der 3D-Drucker noch einen "Druckertreiber", der den GCode weiterreicht. Gleichzeitig wird mit der Software, der Hersteller German RepRap setzt hier beispielsweise auf "PRotos Printrun Host", die Feineinstellung des Druckers vorgenommen. Statt wie beim PC-Drucker die Papierausrichtung oder Druckqualität zu wählen, werden etwa die Temperatur des Druckkopfs eingestellt oder der Drucker kalibriert. Nun heißt es, sich je nach Objektgröße in Geduld zu üben.