Wie Unternehmen die von Nutzern generierten Inhalte verwenden sollten

Von der Sehnsucht nach Ruhm profitieren

10.09.2007 von Werner Kurzlechner
In Zeiten von Web 2.0 ist es bequem möglich, sich die von Andy Warhol berühmt gemachten 15 Minuten Ruhm selbst zu verschaffen. Ein eigenes Video auf eine einschlägige Website zu laden, genügt meist schon. Verständnis für derartige menschliche Motive der Nutzer benötigen Firmen nach Angabe von McKinsey, wenn sie von nutzer-generierten Inhalten wie Blogs oder Wikis profitieren wollen.
Für die Inhalte sind meistens nur wenige verantwortlich.

Zwei Drittel der Menschen, die Videos im Internet verbreiten, tun das aus Sehnsucht nach Ruhm. 59 Prozent finden Spaß daran. Die Nutzer sagen, dass sie ihre Erfahrungen anderen mitteilen möchten und dabei nicht ans Geldverdienen dächten. Das fand McKinsey in einer Umfrage unter knapp 600 Usern der vier größten Video-Sharing-Sites in Deutschland heraus.

Für Unternehmen bedeutet das vor allem, dass dieser virtuelle Planet einer völlig anderen Logik gehorcht als die vom Homo Oeconomicus bewohnte Wirtschaftswelt aus dem Lehrbuch. Ihre Erwartungen erfüllen sich nur dann, wenn sie sich auf die Triebfedern dieser Gruppe einzustellen wissen.

Der für Unternehmen interessante Personenkreis ist dabei überraschend klein. So zahlreich und vielfältig die Inhalte im Web sind, so überschaubar ist die Gemeinde, die sie bereitstellt. Beispiel Videos: Je nach Seite zeichnen nur drei bis sechs Prozent der Mitglieder für drei Viertel der Clips verantwortlich. Auch zu anderen beliebten Websites tragen ähnlich wenige bei. Die Bandbreite reicht von rund zwei Prozent der Nutzer bei Wikipedia oder Flickr bis knapp zehn Prozent bei Gnutella.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt McKinsey-Analyst Jacques Bughin den Unternehmen, als erstes bei ihren eigenen Web 2.0-Projekten den kleinen Anteil derjenigen aufzuspüren, der Blogs und Wikis regelmäßig mit qualitativ hochwertigen Inhalten bestückt.

Kennen Manager diese Schlüsselfiguren, können sie deren Motiv-Lage erforschen und effektivere Beteiligungsanreize entwickeln. Einige Firmen haben sich bereits mancherlei einfallen lassen, um einen höheren Rücklauf an Ideen ihrer Mitarbeiter zu erhalten. Google versuchte es beispielsweise mit Wetten, Intuit bittet Nutzer nach dem Rotationsprinzip zum internen Online-Dialog.

Klasse statt Masse

Zum Vorbild für Firmen taugt nach Einschätzung von McKinsey auch die bequeme Handhabung, die die Tools auf den Social-Community-Seiten ermöglichen. Bürokratische Ärgernisse sollten bei Blogs und Wikis vermieden werden.

Einen beträchtlichen Unterschied zwischen den an die breite Masse gerichteten Angeboten und solchen im Business-Bereich sieht McKinsey allerdings: Ziel der Firmen ist es, neue User anzusprechen, die möglichst hochwertige Inhalte selbst hinzufügen. Auf Klasse statt auf Masse kommt es an.

Die Analysten raten dazu, sich bei der Qualitätsentwicklung an den Praktiken von Open-Source-Coding-Projekten zu orientieren. Diese verlassen sich auf ausgewählte oder selbsternannte Wächter, die das Niveau der Beiträge überwachen. McKinsey schlägt den Firmen außerdem vor, mit transparenten und durchsetzbaren Richtlinien ethisch problematisches und illegales Verhalten zu unterbinden, etwa das Posting von Firmengeheimnissen oder urheberrechtlich geschützten Materials.

Die Analyse von McKinsey trägt den Titel "How companies can make the most of user-generated content“.