Deutsche Post

Vorstandschef mit IT-Affinität

16.04.2008 von Holger Eriksdotter
Nach dem Abgang von Postchef Klaus Zumwinkel hat Frank Appel die Führung des Logistikkonzerns übernommen. Er zeichnete bisher für die DHL-Logistik und Supply-Chain sowie die Corporate Information Solutions verantwortlich.

Dass ein Vorstand mit IT-Verantwortung zum Vorstandsvorsitzenden aufsteigt, ist selten in deutschen Großunternehmen. Eigentlich gilt das Ressort als Makel in einer Manager-Karriere, denn wer das ungeliebte Thema verantwortet, schafft sich in aller Regel Feinde. Bei der Deutschen Post scheint das jedoch etwas anders zu sein. Sie hat sich im Bereich IT sogar eine Vorreiterrolle erobert, wofür sie vor allem dem CIO des Bereichs Post-Brief Johannes Helbig danken muss.

Wie kein anderer deutscher IT-Manager hat er sich für das SOA-Konzept eingesetzt. Seit Jahren schon ist er dabei, die Infrastruktur der Deutschen Post in eine Service-orientierte Architektur umzuwandeln. "Die Deutsche Post verfügt über ein herausragendes Enterprise-Architecture-Management. Die IT entwickelt ihre Funktionen strategisch als Katalysator für Geschäftsbeziehungen mit Kunden und Partnern weiter", bescheinigten ihm die Juroren des diesjährigen Wettbewerbs "CIO des Jahres", bei dem der CIO des Bereichs Post-Brief auf den zweiten Platz gewählt wurde.

Das bei der Post entwickelte SOA-Framework Sonera wurde inzwischen als zentrales strategisches Open-Source-Projekt in der Eclipse-Community etabliert. In den kommenden Jahren will Helbig im Zuge der internationalen Expansion der Post eine flexible, offene Anwendungsplattform für die unternehmensübergreifende Integration von Geschäftsprozessen bereitstellen. Seine bisherigen Erfahrungen lassen sich grob verkürzt in folgenden Leitsätzen zusammenfassen: "Vermeide Mega-Projekte! Entwickle eine modulare Unternehmensarchitektur! Mit modularen Diensten lassen sich neue Anwendungen wie Legosteine zusammensetzen!"

Allerdings möchte der Post-CIO keinesfalls auf die Rolle des "Mister SOA" reduziert werden: "Wenn SOA für die Management-Prinzipien steht, die guter Enterprise-Architektur zugrunde liegen, fühle ich mich durch eine solche Bezeichnung geehrt. Aber SOA darf nicht als Evangelium missverstanden werden. Es ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit", sagt Helbig, der bei der Post für die IT der Bereiche Brief, Mail International, DHL Paket, der Filialen und Wiliams Lea Deutschland zuständig ist. Rund 1.000 Mitarbeiter sind ihm unterstellt.

Als Grundpfeiler seiner Strategie nennt er die Verankerung der IT als vollwertige strategische Geschäfts- statt einer Querschnittsfunktion, die dezentrale Eigenverantwortlichkeit der Fachbereiche, die konsequente Trennung von Demand und Supply, die Ausprägung der Demand-Seite als schlanken business-seitigen Service-Management-Bereich mit dem Schwerpunkt auf Prozessen und nicht auf der Technik sowie die konzernübergreifende Harmonisierung und Synergiesicherung durch ein föderales IT-Board als höchste Governance-Instanz.

Ohne Unterstützung des Vorstandes wäre CIO Helbig der so gründliche Umbau der Infrastruktur bei der Post wohl kaum möglich gewesen. Man kann wohl davon ausgehen, dass Mr. SOA sich mit dem neuen Vorstandschef dieser Unterstützung weiter sicher sein darf.