IDC-Prognosen bis 2012

Wachstum für Linux und Windows Server 2008

09.06.2008 von Nicolas Zeitler
Linux entwickelt sich mehr und mehr zur Mainstream-Lösung. Das sagt der Marktforscher IDC in einer Prognose für die nächsten vier Jahre voraus. Der Markt für Server-Umgebungen auf Basis von Windows Server soll im gleichen Zeitraum um jährlich acht Prozent wachsen. Unix-Server können indes aus Sicht der Analysten weiterhin durch ihre Zuverlässigkeit punkten.

Der Markt für Client- und Server-Umgebungen auf Linux-Basis konnte den IDC-Analysten zufolge 2007 deutlich zulegen. Eine der Ursachen sei die Entwicklung von Novell zu einem der wichtigsten Akteure in diesem Bereich gewesen. Novells Umsätze stiegen im vergangenen Jahr dramatisch; gleichzeitig nahm die Zahl der Verkäufe für Server-Umgebungen auf Linux-Basis zu.

Zum Teil ist das Wachstum dem Verhältnis zwischen Microsoft und Novell geschuldet: Verkäufer von Microsoft empfehlen Kunden, die mit Linux arbeiten müssen, eher Novells Suse Linux Enterprise als Konkurrenzprodukte. IDC zufolge verteilen die Microsoft-Vertreter nicht selten Coupons, mit denen es den Anwendern erlaubt ist, bestehende Linux-Installationen durch Suse Linux Enterprise Server (SLES) zu ersetzen. Zudem unterstütze Microsoft eher den Einsatz kommerzieller Linux-Lösungen als unbezahlte Angebote.

Wer auf SLES migriert, kann den IDC-Analysten zufolge mehrere Vorteile genießen. Die Plattform stelle zum einen eine gute Interoperabilität mit anderen Novell-Produkten sicher, wie zum Beispiel zwischen Angeboten aus der ZENworks-Reihe zum System-Management und dem in SLES enthaltenen Xen Hypervisor.

Ein gutes Wachstum beobachtet IDC auch bei den Linux-Distributionen des Software-Herstellers Red Hat. Die starken Wachstumsraten der vergangenen Jahre werden aus Sicht der Analysten allerdings auf Dauer nicht zu halten sein. Zu beobachten sei vielmehr ein Reifeprozess: Linux entwickle sich immer mehr zu einer Mainstream-Lösung. In der Folge werde sich das Wachstum dem des Marktes angleichen.

Windows Server als "Meilenstein"

Als Meilenstein für Microsoft bezeichnen die Analysten die Einführung von Windows Server 2008 im Februar dieses Jahres - gerade einmal dreizehn Monate, nachdem Windows Vista der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Server 2008 ist aus Sicht der Analysten nicht einfach eine neue Windows-Version. Vielmehr werde das System in den Augen der Kunden zum Dreh- und Angelpunkt werden, an dem die Anwender den Einsatz von 64-Bit x86-Servern, Virtualisierungs-Projekte oder auch neue Best Practices ausrichten.

Nach Erscheinen des SP1 sieht IDC die ersten Hürden von Windows Vista überwunden. Treiber für größere Investitionen in Client-Umgebungen ist das System allerdings nicht.

Für die kommenden vier Jahre stellen die Marktbeobachter jährliche Wachstumsraten von acht Prozent für Server-Umgebungen auf Windows-Basis in Aussicht. 2008 werde sich der Anstieg zwar vorübergehend verlangsamen, doch spätestens Mitte 2009 werde das Wachstum sich wieder nach oben entwickeln.

Für Vista sehen die Analysten nach dem Erscheinen des Service Packs 1 (SP1) die Anfangshürden überschritten. Viele Firmen hätten bis zur Veröffentlichung dieses großen Updates gewartet, bis sie auf Vista umsteigen. Allerdings: Als Treiber für den Einsatz neuer Lösungen für Client-Umgebungen sieht IDC Vista nicht. Die meisten Firmen sähen keinen Anlass, ihre XP Professional- und Windows 2000 Professional-Produkte auszutauschen.

Mehr kommerzielle Linux-Distributionen

Herausragende Wachstumsraten prophezeit IDC Linux als Betriebssystem für Client-Umgebungen. Allerdings wird der Gesamtanteil von Linux am gesamten Markt für den Client-Betrieb weiterhin eher gering bleiben - die Analysten betonen, dass die hohen Zuwachsraten schließlich auf einer sehr geringen Marktdurchdringung aufbauen.

In den kommenden Jahren soll die Zahl der kommerziellen Linux-Verkäufe die der kostenfreien Auslieferungen übersteigen. Einer der Gründe hierfür sei, dass das System auf immer mehr Rechnern schon vorinstalliert sei. Bei den Server-Umgebungen wird Linux indes seinen großen Einfluss als nicht kostenpflichtige Lösung behalten - was aus Sicht der Analysten den gesamten Markt für Server-Lösungen auf Linux-Basis ankurbelt.

Die Marktforscher beobachten, dass Linux-Systeme zunehmend Aufgaben übernehmen, die entscheidend für das Geschäft von Unternehmen sind. Dies werde die Firmen auf Dauer dazu bewegen, Geld für den Support dieser Installationen auszugeben. Möglicherweise entscheiden sich künftig mehr und mehr Linux-Anwender für lizenzpflichtige Lösungen, weil diese unter anderem größere Möglichkeiten bei der Virtualisierung böten.

Sun Microsystems setzt auf Unix

Was die Stellung von Unix auf dem Markt anbelangt, zeichnet sich keine eindeutige Entwicklung ab. In den vergangenen Jahren musste das Betriebssystem gleich bleibende oder sogar sinkende Marktanteile verbuchen - die Konkurrenten Windows und Linux schnitten sich vor allem auf dem Feld der Server-Umgebungen größere Stücke aus dem Kuchen. Auf der anderen Seite merken die Analysten an, dass vor allem im Hochleistungsbereich Unix-Server unübertroffen seien, was Skalierbarkeit und Betriebssicherheit angeht.

Im Laufe des letzten Jahres beobachteten die Analysten große Erfolge bei Sun Microsystems, als das Unternehmen sich anschickte, wieder wesentliche Anteile am Markt für Unix-Server zu gewinnen. Der Konzern könne derzeit überraschend stark zulegen, so IDC. Seltsamerweise, so merken die Marktbeobachter an, erziele Sun den besten Erfolg mit x86-Servern, auf denen Linux als primäres Betriebssystem laufe.

Stärkere Kundenwahrnehmung

Das Engagement des Unternehmens auf dem Unix-Markt verschaffe Sun greifbare Gewinne: Kunden nehmen Sun stärker wahr und setzen Produkte des Herstellers ein. Wie sehr sich die Zuwächse allerdings eindeutig auf das Bekenntnis zu Unix zurückführen lassen, ist aus Sicht der Analysten unklar.

Die Marktvorhersagen hat IDC in den Analysen "Worldwide Linux Operating Environments 2008 . 2012 Forecast: Taking Linux to the Next Level" und "Worldwide Client and Server Operating Environments 2008 - 2012 Forecast: The Era of Hypervisor-Induced Transitions" veröffentlicht. Die Prognosen beruhen auf aktuellen Beobachtungen der Analysten.