Deloitte: 4 Punkte für Erfolg

Wann Transformationsprojekte scheitern

16.01.2013 von Peter Ratzer
Damit eine internationale Transformation gelingt, sollten kulturelle Barrieren überwunden, Business-Anforderungen in die Programme übertragen, Know-how bei Mitarbeitern aufgebaut und eine Führung aufgebaut werden. Das rät Peter Ratzer von Deloitte in seiner Kolumne.
Peter Ratzer ist Partner bei Deloitte.
Foto: Deloitte

Sinkende Margen zwingen europäische Unternehmen dazu, ihre Kosten deutlich zu senken und Innovationszyklen dramatisch zu verkürzen. Diese Zielerreichung erfordert massive Investitionen in die Transformation heterogen gewachsener, eigenentwickelter und unflexibler Systeme hin zu kosteneffizienten und flexiblen Lösungen.

Dieses umfasst, neben der technischen Komplexität eines IT-Umbaus, insbesondere auch die Einbindung kostengünstiger, asiatischer Partner. Europäische Unternehmen sehen sich hierbei mit vielfältigen kulturellen sowie methodisch-organisatorischen Herausforderungen konfrontiert, die aber Planung und Durchführung globaler Transformationen gefährden.

Asiatische Partner mit europäischen Kundenanforderungen überfordert

Bei der Überprüfung eines internationalen Transformationsprogramms zur Systemlandschaftserneuerung und zur Vereinfachung von Applikationen und Prozessen, wurden folgende Themen aufgedeckt: Asiatische Partner waren mit den europäischen Kundenanforderungen überfordert, wissen aber keinen Weg dies zu vermitteln. Das Programm konnte aufgrund von uneinheitlicher Methodenanwendung diverser Partner nicht wirklich gesteuert werden. Das Unternehmen war und ist viel zu abhängig von externen Partnern, die sich nicht wirklich für das Unternehmensziel interessieren.

Zudem wurde erkannt, dass zwischen den Geschäftsbereichen und der IT-Abteilung Berührungsängste und Verständnisprobleme auf der Business-Seite sowie Umsetzungsarroganz auf der IT-Seite bestehen und somit zu unnötigen Missverständnissen und Hemmschwellen führen.

Internationale Transformationsprogramme sind nur erfolgreich wenn:

1. Kulturelle Herausforderungen

Eine erfolgreiche Planung und Durchführung globaler Transformationen muss kulturelle Unterschiede und sprachliche Barrieren überwinden. "Fingerspitzengefühl" und Beobachtungsgabe bei Umsetzung und Durchführung sind dabei entscheidend, um nicht initial gesetzte Transformationsziele (z.B. Komplexitätsreduzierung) und Umsetzungsstrategien frühzeitig aus den Augen zu verlieren und damit am Ende unerreichbar zu bleiben.

Unterschiede in den Arbeits- und Führungsstilen können dazu führen, dass asiatische Geschäftspartner Anforderungen für die Realisierung von Transformationsprogrammen zwar gewissenhaft analysieren, diese jedoch nicht in Frage stellen und widerspruchslos realisieren ("Gesichtswahrung"). Dies führt vielfach dazu, dass eine in Europa übliche "harte" Führung zu einem Overload an Entwicklungsarbeit und letztlich erneut zu Lösungen führt, die der ursprünglichen Transformationsstrategie widersprechen.

2. Methodische/Organisatorische Herausforderungen

Interkulturelles Zusammenspiel der Projektpartner.
Foto: Deloitte

Internationale Transformationsprojekte sind durch ein hohes Maß an methodisch-organisatorischen Herausforderungen gekennzeichnet. Der Verbreitungsgrad "vermeintlicher" internationaler Standards und Best Practices für die Planung und Steuerung von Transformationsprogrammen variiert sichtbar. Das Durchlaufen entsprechender Lernkurven führt dementsprechend zu höheren "Anlauf- und Rüstkosten".

Ein kulturelles Verständnis muss aufgebaut und durch pragmatische Lösungsfindung betrieben werden. Eigene Management-Stile müssen überdacht und auf internationale Gegebenheiten angepasst werden. Auch kann einen starker Mediator den Europäischen Führungsstil übersetzen und eventuell Missverständnisse im Management ausgleichen.

Zusätzliche Herausforderungen bestehen aufgrund der Abhängigkeiten zu externen Partnern. Diese "bergen" neben den spezifischen Herausforderungen das Risiko von quasi nicht mehr auflösbaren Lock-In-Effekten.

3. Abhängigkeit von externen Partnern

Unternehmen sind bei Transformationsprojekte gezwungen auf externe Partner zurückzugreifen, da eigenes fachliches Know-how fehlt. Bestehende Lösungen wurden häufig von externen Partnern umgesetzt, dieses Wissen aber nicht an interne Mitarbeiter transferiert bzw. nur unzureichend oder gar nicht dokumentiert. Die eingesetzten Externen arbeiten nicht immer im Unternehmensinteresse. Die Ziele des eigenen Unternehmens werden über die Ziele des beauftragenden Unternehmens gestellt. Zudem stehen externe Auftragnehmer untereinander in einem Konkurrenzkampf.

Nur eine konsequente Einbindung eigener Mitarbeiter in den gesamten Transformationsprozess kann hier Abhilfe schaffen.

4. Abbildung der Unternehmensstrategie im Business

Bi-direktionales Alignment von Business und IT.
Foto: Deloitte

Transformationsprogramme dienen der Umsetzung der Unternehmens- oder Konzernstrategie. Um die strategischen Entscheidungen auch wirklich umzusetzen, reicht es nicht Anforderungen zu definieren und diese dann in der IT reflexionslos erarbeiten zu lassen. Die mangelnde Einbindung der IT-Abteilungen zu Transformationsstart erschwert deren Umsetzung genauso wie die fehlende Einbindung der Business-Abteilungen im laufenden Programm. Die involvierten Abteilungen haben oft kein Interesse eigene Prozesse/Systeme zu vereinfachen und somit Einfluss/Mitarbeiter zu verlieren.

Das Business versteht zudem oft nicht, dass der Einsatz von Lösungen auf Basis von Standardapplikationen nur sinnvoll ist, wenn die Business-Anforderungen nicht zu sehr vom Standard abweichen, sodass einerseits der Entwicklungsaufwand in einem Rahmen bleibt und andererseits Wartbarkeit und Modularität der Applikation und Prozesse sicherstellt.

Die Einbindung der IT zu Programmstart und das Coaching der Fachbereiche hinsichtlich Machbarkeit bzw. Aufwand kann effiziente und kostengünstige Lösungen ermöglichen, die der Unternehmensstrategie einen pragmatischen Spiegel für die Transformation gegenüberstellt.

Um die Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen sicherzustellen, führt langfristig kein Weg an internationalen Partnerschaften vorbei. Hierbei ist es unwesentlich, ob neue strategische Ausrichtungen im Bereich Telekommunikation, Automotive, Chemie oder anderen Industriezweigen betrachtet werden.

Die vier Punkte in Kürze

Der Erfolg internationaler Transformationsprojekte hängt an:

  1. der Überwindung kultureller Barrieren,

  2. der Übertragung von Business-Anforderungen in die Programme,

  3. des Aufbaus von Know-how bei den Mitarbeitern des eigenen Unternehmens

  4. der eigenen Führung und Programmüberwachung.

Diese vier Punkte sind der Schlüssel für die Umsetzung der Unternehmensstrategie. Sie sind industrieübergreifend die Grundlage zur nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit bzw. dem Erhalt von Marktanteilen.

Peter Ratzer ist Partner bei Deloitte.