CMS auf Drupal-Basis

Was hinter Burdas Redaktionssystem Thunder wirklich steckt

19.03.2016 von Rene Schmöl
Der Medienkonzern Burda lässt ein neu entwickeltes Online-Redaktionssystem kostenlos nutzen. Die neue Offenheit dürfte auf kleinere Verlage verführerisch wirken. Strategisch klug ist der Schritt aber in jedem Fall für Burda selbst.
Burda-Vorstand Philipp Welte
Foto: Burda

Die Branche sei auf Partnerschaften angewiesen, wenn sie mit der technologischen Entwicklung Schritt halten wolle, erklärte Burda-Vorstand Philipp Welte. "Das schafft kein Verlag der Welt alleine" - deshalb müssten die Anbieter historische Silos verlassen, das Wissen teilen und lernen, vernetzt zu arbeiten. Das offene Redaktionssystem Thunder sei dazu da. Burda lebt mit diesem Prudukt die Sharing Economy.

Das System setzt auf dem freien Publishing-System Drupal 8 auf. Burda will eine "Koalition" bilden, die für Medienunternehmen, Industriepartner und Entwickler weltweit offen stehen solle. Der Konzern selbst stellte bisher seine Titel "Instyle" und "Playboy" auf die neue Plattform um.

Burda plant mit Thunder, ein stetig wachsendes Content-Netzwerk aufzubauen. Dabei entsteht gleichzeitig eine nennenswert große Reichweite, die wiederum für Werbetreibende interessant ist. Das ist ein geschickter Schachzug aus Sicht von Burda, löst der Medienkonzern doch so das Problem der nicht vorhandene IT-Kompetenz in deutschen Medienhäusern. Altverleger werden applaudieren.

Auf den ersten Blick hat ein Einstieg bei Thunder für kleine Verlage fast nur Vorteile. Auf den IT-Support der Website und natürlich später auch die Online-Vermarktung kann man verzichten. Das reduziert die Personalkosten erheblich. Dass so ein Einstieg für kleine Medien-Unternehmen nicht nur Vorteile, sondern durchaus Risiken bietet, darauf geht Burda nicht ein. Geht es um die Vermarktung, könnte Burda die Preise für Werbemittel diktieren und wie eine Agentur stets mitverdienen.

Doch so weit ist es noch nicht. Bei der Nutzung von Thunder gäbe es keine direkte Verbindung zu Burda, betont eine Burda-Sprecherin. Jeder könne das System nutzen und muss Burda nicht darüber informieren. Burda verfolge mit Thunder nicht den Plan, mit Verlagen auf freiwilliger Basis Content und Daten auszutauschen. Burda erhoffe sich viel mehr, dass die Programmierarbeit geteilt wird. Wenn jeder Partner seinen Beitrag leiste und Module entwickle, dann hätten alle Beteiligten etwas davon. Dabei wird es der Burda-Sprecherin zufolge vor allem so sein, dass die großen Publisher die Entwicklungsarbeit und das Bug-Fixing teilen. Kleinere Publisher werden Bugs melden und dann von den Verbesserungen aller profitieren.

Burda Open Source CMS Thunder
Foto: Burda

Andererseits liegt die Zukunft für Redaktionen gar nicht im kontinuierlichen Verbessern der Website, sondern im Sammeln von Nutzer-Daten. Doch vielen Verlegern in Deutschland fehlt dafür noch die Erfahrung. Da reicht ein Blick in Richtung E-Commerce, um zu verstehen, wie schnell eine zu starke Kooperation mit einen großen Player zum Nachteil für den kleineren Partner werden kann. Beispiel Amazon. Händler beklagen seit Jahren immer wieder, dass Amazon die langfristig am besten laufenden Produkte der Händler in den eigenen Bestand aufnimmt. Zunächst wird dem Händler der Versand über Amazon angeboten. Lehnt der Händler ab, kann es vorkommen, dass auf einmal das gleiche Produkt zu einem viel günstigeren Preis bei Amazon auftaucht. Dabei unterbiete Amazon die Preise stets und bote so die eigenen Händler aus. Amazon hat das Prinzip der führenden Plattform verstanden. Burda auch.