Weiterbildung

Welche digitalen Skills Führungskräfte jetzt brauchen

11.01.2018 von Christiane Pütter
Der ideale Manager der Zukunft coacht seine Mitarbeiter, verbessert ständig seine Skills und agiert als Vorbild. So skizziert es die Technische Hochschule Nürnberg in einer Studie.
  • Zu den drei Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen kommt "Digitales Denken" hinzu
  • Ein solides IT-Grundverständnis ist als Querschnittsqualifizierung notwendig.
  • Roboter und KI-Systeme können Empathie, Kreativität und die Fähigkeit zum Umgang mit Ambiguität nicht ersetzen

Was sind die "Future Hot Skills", fragt Yasmin Mei-Yee Weiß in ihrer Studie "Erfolgskritische Kompetenzen im digitalen Zeitalter". In dem Papier führt die Professorin an der Technischen Hochschule Nürnberg den Begriff "digitale Flüchtlinge" ein: Er bezeichnet Menschen, die von ihrem Arbeitsplatz vertrieben werden, weil sich neue Technologien rasant durchsetzen.

Der Digital Leader der Zukunft ist vor allem lern- und veränderungsfähig.
Foto: Yasmin Mei-Yee Weiß

Das wollen die rund 340 Schüler und Studierende, die Weiß befragt hat, für ihr Leben verhindern. Allerdings erklären 83 Prozent, sie fühlten sich durch Schule und Universität nicht richtig auf Veränderungen durch die digitale Transformation vorbereitet. 88 Prozent wünschen sich mehr Transparenz und Information.

Zu den bisherigen drei Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen wird Digitales Denken hinzukommen. Das erklären jedenfalls einige der 60 Vertreter aus Wissenschaft und Unternehmen, mit denen Weiß gesprochen hat.

KI ersetzt auch Mediziner und Juristen

Die Forscherin erwartet, dass einige Fertigkeiten, die heute auf dem Arbeitsmarkt als "Hot Skills" gelten, künftig durch Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) ersetzt werden. Beispiel Mediziner und Juristen: Ihr Wissen über Präzedenz- und Krankheitsfälle wird über Software verfügbar sein. "Diese Kompetenzen bleiben dann wertvoll, wenn zusätzlich gelernt wird, wie produktiv an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine gearbeitet und eine sinnvolle Arbeitsteilung vorgenommen werden kann", schreibt Weiß.

Die Stichworte Veränderung und Lernen sowie die Forderung nach einem soliden IT-Grundverständnis als Querschnittsqualifizierung ziehen sich durch die gesamte Studie. Sie gelten sowohl für Führungskräfte als auch deren Mitarbeiter auf allen Ebenen.

Digital Leader konzentrieren sich auf ihre Mitarbeiter.
Foto: Yasmin Mei-Yee Weiß

Aus den Experten-Gesprächen und der Schüler-Befragung leitet Weiß drei zentrale Anforderungen an einen Digital Leader ab. Im Einzelnen:

  1. Zuhören (Listen): Hier geht es insbesondere um die Offenheit von Führungskräften. Wer den Mitarbeitern zuhört, kann auf ihr Wissen zugreifen. Außerdem fördert er ihre Motivation, denn insbesondere die kommenden Mitarbeitergenerationen verlangen, mitreden zu dürfen.

  2. Lernen (Learn): Führungskräfte müssen ihre eigenen Kompetenzen immer wieder auf den neuesten Stand bringen. Außerdem ist es ihre Aufgabe, den Mitarbeitern Qualifizierungsmöglichkeiten zu schaffen. Sie sollten insgesamt "eine adaptive, offene und lernbegierige Unternehmenskultur" herstellen, wie Weiß sagt.

  3. Veränderung vorleben (Live the Change): In der digitalen Transformation müssen Chefs als Vorbilder agieren. "Sie müssen den persönlichen Will to move vorleben", fordert die Forscherin.

Kompetenzen, die den Menschen vom Roboter unterscheiden

Weiß hat die 60 Wissenschafts- und Unternehmensvertreter unter den Studienteilnehmern gefragt, wie Führungskräfte diese Forderungen umsetzen können. Besonders oft raten die Befragten, ein Chef solle Coach für die Mitarbeiter sein und die Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. Er soll Vorbild sein, Hierarchien abbauen, eine Fehlerkultur leben und Freiräume schaffen.

10 unentbehrliche IT-Skills
1. Kommunikation
Von vielen als "weicher " Faktor belächelt, sollte die Fähigkeit, mit anderen Menschen verbal zu interagieren, auch im "harten" IT-Geschäft nicht vernachlässigt werden. Die Welt im Datenzentrum verändert sich noch rascher als anderswo. Hier eine strukturierte Umgebung aufrechtzuerhalten erfordert Kommunikation - nicht nur mit dem Business, sondern auch innerhalb der IT-Organisation.
2. Service-Management
Viele Unternehmen beziehen bereits Teile ihrer IT-Services aus der Cloud. Diese Auslagerung verlangt von den IT-Verantwortlichen ein Umdenken in Sachen Service-Management. Sie müssen das komplexe Zusammenspiel von Kapazität und Nachfrage in einer nicht länger fest umrissenen Infrastruktur im Griff haben.
3. Unified Computing
Das "Unified Computing System" von Cisco, die "Blade System Matrix" von HP und die Cloud-Computing-Strategie von IBM stehen laut Rockwell Bonecutter, Data-Center-Experte bei Accenture, beispielhaft für einen Trend, der auch noch die kommenden Jahre kennzeichnen werde.
4. Projekt-Management
Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, werden die Unternehmen auch ihre verschobenen IT-Projekte in Angriff nehmen. Aber sie werden darauf achten, dass sich die Investitionen am Ende auch auszahlen. Deshalb sind die Fähigkeiten zur Business-Analyse und zum effizienten Projekt-Management gefragt.
5. Ressourcen-Management
In einen Zusammenhang mit dem Thema Green IT gehört die Beherrschung der Wechselwirkungen zwischen IT- und Facilities-Management. Keine Kapazitätsplanung kommt heute ohne eine Betrachtung des Energieverbrauchs und der Wärmeabstrahlung aus. IT-Teams brauchen also dringend jemanden, der diese Faktoren auf dem Schirm hat und in der Lage ist, dieselbe Sprache wie die Facilities-Experten zu sprechen, also einen "Ressourcen-Manager". Auch der Data-Center-Chef selbst darf diese Aspekte nicht aus den Augen verlieren.
6. Engineering
Die Leute, die heute am verweifeltsten gesucht werden, sind, so Pricewaterhouse-Coopers, Mechanik- und Elektro-Ingenieure, die sich mit modernem IT-Equipment auskennen. Heutige Rechenzentrumskonzepte, beispielsweise virtualisierte Server, unterscheiden sich auch hinsichtlich der Elektrik und Kühlsysteme fundamental von denen der vergangenen Jahre.
7. Netzwerk-Know-how
Wenn ein Rechenzentrum ohne Menschen vor Ort auskommt (die Stichworte heißen hier "lights out" und "remote"), dann nur, weil es über ein Netz gesteuert wird. Folgerichtig braucht ein IT-Manager moderner Prägung ein solides Wissen hinsichtlich Netzkonfigurationen, - hardware, und -schwachstellen. Zudem sollte er Mitarbeiter einstellen, die über solches Know-how verfügen.
8. Finanzanalyse
Gerade in einer Wirtschaftskrise wird von einem IT-Verantwortlichen wirtschaftliches Denken verlangt. Er muss beispielsweise in der Lage sein, die Applikationen nach ihrer Bedeutung für das Business zu priorisieren und auf dieser Basis zu entscheiden, welche Lösung einen eigenen Server benötigt und welche beispielsweise in die Cloud ausgelagert werden kann.
9. Green IT
Mögen manche auch die Augen verdrehen - kein Unternehmen kommt an dem Mandat für eine "nachhaltige" Technologie vorbei.
10. Virtualisierung
Die Basistechnik für eine moderne IT-Infrastruktur ist eine Trumpfkarte für den, der sich mit ihr auskennt. Die Unternehmen packen immer mehr IT-Komponenten in flexible, leicht zu wartende und günstig zu betreibende, sprich: virtualisierte Umgebungen.

Basis der empfohlenen Verhaltensweisen sind die menschlichen Eigenschaften, die kein KI-System ersetzen kann. Weiß spricht hier von Sozial- und Methodenkompetenzen, die "uns nachhaltig von Robotern unterscheiden" und die an Bedeutung gewinnen werden. Konkret geht es um Empathie, den zielgerichteten Umgang mit Emotionen, Kreativität, Innovationsfähigkeit, die Fähigkeit zum Umgang mit Komplexität und Ambiguität sowie strategisches und unternehmerisches Denken und Handeln.