Projekt eZürich & Co.

Welche Städte bei Open Data vorn liegen

17.07.2012 von Johannes Klostermeier
Zürich hat das erste Open-Government-Data-Portal der Schweiz eröffnet. Auch In Deutschland arbeiten viele Kommunen an der Veröffentlichung ihrer Daten.

Im Herbst 2010 wurde es beschlossen, nun konnten bereits verschiedene Projekte realisiert werden: Zürich erhielt am 28. Juni das erste Open-Government-Data-Portal der Schweiz. Als erste Schweizer Behörde stellt die Stadt Zürich ihren Bürgern kostenlos ein Datenportal zur freien Nutzung zur Verfügung.

Der Sitz der Credit Suisse in Zürich
Foto: Credit Suisse

„Mit eZürich haben wir einen starken Impuls gesetzt, um Zürich zum europäischen Top-ICT-Standort zu machen", sagte der Zürcher Stadtrat Martin Vollenwyder. Es sei, innerhalb der ICT-Branche gelungen, den Schulterschluss zu stärken und den Anliegen des ICT-Standorts Zürich bei einer breiteren Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, sagte Vollenwyder weiter.

Kooperation mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik

Die Online-Plattform wurde im Rahmen der zweiten schweizerischen Opendata-Konferenz Opendata.ch 2012 freigeschaltet, die die Stadt Zürich gemeinsam mit dem Verein opendata.ch veranstaltet. Seit dem Startschuss für eZürich vor eineinhalb Jahren konnte die Verantwortlichen innerhalb der Verwaltung und in Kooperation mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zahlreiche Projekte anstoßen und umsetzen.

Das Ziel des Projekts ist der offene Zugang zu Behördendaten und deren freie Verwendung. Die Stadt hat alle Interessierten aufgefordert, auf Basis dieser Daten innovative Informationsdienstleistungen zu entwickeln.

Im ersten Schritt wurden Daten aus den Bereichen Soziodemografie und Bauen freigegeben, wie etwa die Gebäude- und Wohnungsstatistik, Geoinformationen wie die Basiskarte Stadtplan, ein Auszug aus der Point of Interest-Datenbank und das Straßennamenverzeichnis. Außerdem werden die Resultate aller Abstimmungen seit 1933 auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene zugänglich gemacht.

Projekt "Data Purse" für Speicherung und Verwaltung

Das Portal soll künftig von der Statistik der Stadt Zürich betreut und weiter ausgebaut werden Ein weiteres, bereits realisiertes eZürich-Projekt ist „Zeeder", eine Finanzierungsplattform für Startups in der Anfangsphase. In der Realisierungsphase befindet sich das Kooperationsprojekt „Data Purse" – ein sicherer Dienst für die Speicherung und Verwaltung von persönlichen Daten und Dokumenten.

Zürcher erhalten so die Möglichkeit, ihre Daten mit Bank, Steueramt, Polizei oder Versicherung über ein einziges Konto bequem und sicher elektronisch auszutauschen. Das Projekt ist in Zusammenarbeit mit den Zürcher ICT-Unternehmen D Swiss, Netcetera und Adnovum sowie der Universität Zürich entstanden.

Auch von den verwaltungsinternen E-Government-Projekten seien bereits zahlreiche realisiert. So werden in den städtischen Altersheimen betreute "Internetcorner" angeboten, temporäre Verkehrsvorschriften können online abgerufen werden, eine App der Zürcher Stadtpolizei erleichtert die Information im Notfall, im E-Baumkataster werden die von Grün Stadt Zürich bewirtschafteten Bäume digital in einer Software erfasst und über den Stadtplan veröffentlicht. Katasterinformationen stehen ebenfalls im Internet, Inhalte der Website der Stadt Zürich können für Smartphones in angepasster Form angerufen werden.

Bisher 29 "Labelprojekte"

Ebenfalls in Umsetzung befinden sich mehrere der 29 „Labelprojekte" – Projekte, die nicht direkt von eZürich umgesetzt werden, jedoch dieselben Ziele verfolgen. So führen die Elektrizitätswerke Zürich eine Studie durch, um den möglichen Einsatz von Smart-Meter-Technologien zur Senkung des Energieverbrauchs zu testen.

Die städtischen Gesundheitsdienste arbeiten an einem Online-Modul für Neubürger, mit dem die obligatorische Krankenversicherung über das Internet beantragt werden kann. Zwei städtische Krankenhäuser wollen durch medienbruchfreie medizinische Dokumentationsprozesse einen effizienteren Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsinstitutionen aufbauen.

600 Vorschläge bei Ideenwettbewerb

Keine dicken Mauern stehen mehr um die öffentlichen Verwaltungsdaten.
Foto: pioregur - Fotolia.com

Mit dem „Legislaturschwerpunkt eZürich 2010-2014" habe die Stadt Zürich Neuland betreten. So wurden die Bürger im Jahr 2010 mit einem Online-Ideenwettbewerb auf der Webseite von eZürich an der Planung Projekte beteiligt. Die rund 600 eingegangenen Ideen wurden in die Konzeption des eZürich-Grobkonzepts aufgenommen.

Ein weiteres Novum stelle das bewusste Überqueren der Verwaltungsgrenzen dar: Den Grundstein für Kooperationspartnerschaften legten mehrere Workshops mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und anderen Gruppen. Über 50 Firmen, Institutionen und Verbände beteiligen sich an der Kooperation eZürich in Form von Projekten und Sponsoring.

Steria-Studie Public Administration Transformation

Dass die Schweiz hier auf dem richtigen Weg ist, zeigt auch die aktuelle EU-Studie der Steria Gruppe „Beyond Efficiency: Public Administration Transformation", für die hochrangige Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung befragt wurden.

Ergebnis der Studie: Open Data in der öffentlichen Verwaltung ist ein Schlüsselfaktor, um Innovationen und Wachstum in der Europäischen Union voranzutreiben. Der monetäre Nutzen frei zugänglicher Behörden-Informationen für die Gesamtwirtschaft aller 27 EU-Staaten liege bei rund 200 Milliarden Euro. Zum Vergleich Das entspricht 1,7 Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts von 2008.

Jeder dritte Verwaltungsentscheider in Europa hält zudem die Abschaffung von Barrieren zwischen Ministerien und Behörden für unabdingbar, um die Leistungsfähigkeit der Exekutive zu steigern. EU-weit herrscht die Einsicht in den Verwaltungen, dass geteiltes Wissen sehr gut geeignet ist, um neue wirtschaftliche Impulse zu erzeugen.

Der Abbau von „Information Hiding" ist ein Weg, der sich immer mehr durchsetzt. Data-Sharing hilft Unternehmen, unkompliziert auf wichtige Standortfakten zuzugreifen und ihre Investitionen genauer zu planen. Dazu gehören beispielsweise Demografie-Statistiken und Wetterdaten ebenso wie Fakten über die Verwendung der Steuergelder für neue Infrastruktur-Projekte. Die Verknüpfung dieser Informationen mit unternehmenseigenen Daten berge ein großes Potenzial für Unternehmen. Sie fördern Innovationen und Investitionen in neue Dienstleistungen und helfen gleichzeitig, Fehlplanungen zu vermeiden und Risiken besser einzuschätzen.

EU plant paneuropäisches Portal für 2013

Die einzelnen Länder gehen das Thema Open Data auf unterschiedliche Art und Weise an: Die Europäische Kommission hat 2011 eine Open-Data-Strategie herausgebracht. Für 2013 ist ein paneuropäisches Portal geplant. Bis 2020 soll eine EU-weite Open-Data-Infrastruktur entstehen. Viele lokale Aktivitäten greifen die Portal-Idee auf und setzen eigene Projekte um.

Beispiele sind in Deutschland Open Data Berlin (http://daten.berlin.de), in Belgien http://psi.belgium.be und in Spanien http://datos.gob.es. Die Stadt Hamburg hat zudem mit ihrem am 13. Juni 2012 beschlossenen Transparenzgesetz einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Statt eines Rechts der Bürger auf Information gibt es künftig die Pflicht der Verwaltung, von sich aus Daten ins Netz zu stellen.

Das Open Data Portal von Bremen

Das Open Data Portal in Bremen. Hier haben die Bürger Zugriff.
Foto: Bremen online

Beispiel Bremen: Im Open Data Portal www.daten.bremen.de haben Bremer Bürger erweiterten Zugriff auf Daten der öffentlichen Verwaltung. In dem mit Six CMS und der bremen.online GmbH realisierten Open Data Portal werden Datensätze, die bisher nicht maschinenlesbar waren, veröffentlicht. Datensätze, die bereits online sind, werden zumeist in XML zur Verfügung gestellt, damit sie von Dritten verwendet, bei Bedarf angereichert und veröffentlicht werden können. Nach einer technischen Standardisierung sind die Bremer Datensätze lesbar und können in beliebigen Kanälen, zum Beispiel auch für Apps, bereitgestellt werden.

Bremen ist ebenfalls sehr weit vorn, was Open Data angeht. Jeder Bürger darf Vorschläge machen.
Foto: Bremen online

In den meisten Fällen prüfen die Verwaltungen der Kommunen zunächst, welche Daten für Bürger und Unternehmen in welcher Form relevant sein können. Häufig werden Ideenwettwerbe gestartet. In Deutschland gab es beispielsweise den Wettbewerb „Apps für Germany", eine Ideen-Plattform zur besseren Nutzung von Behördendaten.

Wettbewerb Apps4Bremen

Beispiel Bremen: Im Rahmen des Wettbewerbs Apps4Bremen wurden unter anderem Open Data Apps für Kindergärten, Bibliotheken und Spielplätze sowie ein mobiler Stadtführer entwickelt. Diese führen oft vorhandene Daten („Wo ist der nächste Spielplatz?") und Erfahrungswerte von Bremer Bürgern („Ist der Spielplatz auch kleinkindgerecht?") zusammen und stellen diese übersichtlich dar.

Seit Eröffnung des Portals im November 2011 wurden mehr als 90 Datensätze eingereicht, vor allem aus den Bereichen Öffentliche Verwaltung und Bürgerservice, aber auch zu Kinder, Jugend und Familie, Kunst und Kultur und Sport und Erholung. So interessierten sich Bremer Bürger für Karten, Pläne und Geo-Informationssysteme, Verwaltungsvorschriften, Geschäftsverteilungs- und Organisationspläne, Privatschulen, Pflegeberatungsstellen, Rechtsberatungsstellen und Obdachlosenhilfe-Einrichtungen.

Die Nutzer können Datensätze, die sie gerne finden würden, vorschlagen. Der Status ihrer Vorschläge ist ebenfalls öffentlich einsehbar. So wurden bisher mehr als 30 Ideen für weitere Datensätze eingereicht, etwa zu Baumkatastern, Apotheken, Sondermülldeponien und Straßenfesten.

Programmierer und Designer eingeladen

Auch in Schweden gibt es einen ähnlichen Ansatz. Bei den Workshops „Trafiklab" und „TravelHack" waren Programmierer und Designer eingeladen, Lösungen für einen effizienten und nützlichen Informationszugriff via API-Schnittstelle im Bereich des öffentlichen Verkehrs zu entwerfen. Heraus kamen 20 verschiedene Apps.

Die Entwicklung von Lösungen zur Aufbereitung und Verwendung von Behörden-Daten entwickelt sich in vielen Ländern bereits zu einer Nische für Spezialanbieter. Spanien verzeichnete 2010 Umsätze aus der sogenannten „Re-use"-Industrie zwischen 550 Millionen und 650 Millionen Euro. Zudem wurden mehr als 5000 neue Jobs geschaffen.

Statt Amtsgeheimnissen hinter Schloss und Riegel: Open Data. Eine Herausforderung für die Kommunen.
Foto: ktsdesign - Fotolia.com

Aus der Untersuchung geht hervor, dass Behörden und Organisationen zur Bewältigung der Herausforderungen, denen sich die Regierungen in ganz Europa künftig stellen müssen", sagte François Enaud, CEO von Steria. „Sie müssen Prozesse vereinfachen und automatisieren, insbesondere im Bereich Open Data, wenn sie wirklich innovativ sein wollen."

Deutschland und Belgien bei Data-Sharing vorn

Deutschland und Belgien seien Länder, die dem Durchschnitt im Bereich Data-Sharing voraus sind. Andere Länder dagegen müssten im Hinblick auf die Auflösung von Barrieren zwischen einzelnen Ministerien und Behörden noch einen weiteren Weg zurücklegen.

Für die von Global Futures and Foresight (GFF) im Auftrag von Steria durchgeführte Untersuchung wurden 62 hochrangige Verwaltungsbeamte in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Norwegen und den Niederlanden nach ihrer Einstellung zur Zukunft der öffentlichen Verwaltungen befragt. Die Studie wurde im Februar und März 2012 in einer Kombination von E-Mail- und Telefonbefragungen durchgeführt. Die Untersuchung steht als Download hier bereit.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.