Social Engineering

Wenn die Cyberattacke den Arbeitsplatz erreicht

03.06.2015 von Peter Ilg
Social Engineering ist der Versuch Krimineller, sich das Vertrauen von Mitarbeitern in einem Unternehmen zu erschleichen. Dabei geht es um Wirtschaftsspionage oder schlicht Geld.

Social Engineering ist nicht neu: Schon die "Bösen" in Hänsel und Gretel sowie beim Wolf und den sieben Geißlein wenden psychologische Tricks an, um zu manipulieren. Social Engineering hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Es findet heute häufiger statt und führt dabei fast immer zum Ziel.

Social Engineering wird für Unternehmen eine immer größere Bedrohung.
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Steigende Gefahr für Unternehmen

Social-Engineering-Angriffe werden ausgefeilter, qualitativ besser und deshalb erfolgreicher. "Das stellen wir fest, wenn unsere IT-Spezialisten herausgefunden haben, dass Unberechtigte in Unternehmensnetzwerke eingedrungen sind", sagt Dirk Reimers. Er ist Bereichsleiter bei Secunet in Hamburg, einem IT-Sicherheitsunternehmen und zuständig für Konzeption und Durchführung von Social-Engineering-Maßnahmen bei Kunden. Als Social Engineering werden die Versuche bezeichnet, sich Vertrauen bei Beschäftigten in Unternehmen zu ergaunern, um an Informationen wie Passwörter zu kommen oder Regelverstöße zu provozieren, um etwa Zugang zu Räumen zu bekommen.

So schützen Sie sich vor Social Engineering
Die Psychotricks des Social Engineering
Moderne Social-Engineering-Angriffe stellen eine erhebliche Bedrohung für Unternehmen dar. Wir zeigen Ihnen, mit welchen Psychotricks die Cyberkriminellen arbeiten.
Grundlegende Bedürfnisse
Beim Social Engineering geht es nicht um technische Machbarkeiten und Möglichkeiten. Der Social Engineer greift über grundlegende Bedürfnisse an. Hilfsbereitschaft. Leichtgläubigkeit, Neugier, (Wunsch nach) Anerkennung - er baut Druck auf und verbreitet Angst. Weil viele Menschen nach dem Motto "bloß kein Streit" verfahren, ist diese Strategie oft erfolgreich.
Soziale Eigenschaften
Unsere sozialen Eigenschaften können unsere sozialen Einfalltore sein. Nicht nur die Einschätzung Fremder bereitet vielen Menschen Probleme. Meist sind sie auch nicht in der Lage, ihre eigenen kommunikativen Stärken einzuschätzen. Ist es die Anerkennung oder womöglich Druck, mittels derer die Angreifer zum Ziel kommen?
Der Reiz des Verbotenen
Beim Social Engineering versuchen Angreifer Mitarbeiter von Unternehmen auszuhorchen oder zu Fehlhandlungen zu verleiten. Sie dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun sollten. Ziel der Angreifer ist es, an Informationen zu gelangen, um Wirtschaftsspionage zu betreiben oder Geld zu ergaunern.
Digitale Kommunikation
Der souveräne Umgang mit Kommunikationsmedien und –kanälen führt zunehmend zu einer Auflösung der Unterscheidung von analoger und digitaler Kommunikation. Analoge Kommunikation bedient sich verschiedener Kanäle: verbal (Sprachinhalt), non-verbal (Körpersprache, Mimik, Gestik, Kleidung, Duft) und para-verbal (Sprechgeschwindigkeit, Stimmlage, Lautstärke). Digitale Kommunikation beschränkt sich häufig auf den Inhalt und Videotelefonie gaukelt vor, dass alle Sinne beteiligt sind. Das sind sie nicht. Deshalb ist digitale Kommunikation ein Risiko im Kontext von Social Engineering.
Falsche Tatsachen
Märchen bieten gestern wie heute geeignete Bilder fürs Social Engineering. In ‚Der Wolf und die sieben Geißlein‘ werden sogar Methoden beschrieben, die denen eines Social Engineers ähneln, beispielsweise geweißte Pfoten und erhöhte Stimme. Wenn wir uns dem Thema Social Engineering stellen, wird uns bewusst, dass Menschen sich im Verlaufe einer Entwicklung als ganz andere entpuppen können als vormals geglaubt. So anders, dass sich unsere Situation schlagartig und drastisch verändern kann.
Wirksamer Schutz vor Social Engineering
Basierend auf den Studienergebnissen setzt ein sinnvoller und funktionierender Schutz vor Social Engineering auf drei Ebenen an: 1. Bewusstsein für das eigene Kommunikationsverhalten entwickeln 2. Identifikation von relevanten sozialen Eigenschaften 3. Entwicklung einer geeigneten Sicherheits- und Unternehmenskultur

Gefälschte Absender 2.0

Vor Jahren waren die Angriffs-Versuche mit E-Mails noch plump, in radebrechendem Deutsch und unglaubwürdig. Zum Beispiel als Witwe aus Uganda getarnt, die Millionen US-Dollars parken will. Heute kommen die Mails mit gefälschtem Absender - etwa vom Postversand DHL mit der Frage, wohin das Paket geliefert werden soll weil niemand zu Hause ist. Die Mails sind in tadellosem Deutsch geschrieben und lesefreundlich formatiert, einschließlich Link zum Versandstatus. Wer den anklickt, installiert unbemerkt eine Software, die Passwörter ausspäht. "Der gesamte Vorgang ist perfekt, so dass ein ungeschulter Mitarbeiter nicht merkt, dass er auf einen Angreifer hereinfällt", sagt Reimers.

Wie Sie Social Engineering erkennen
Social Engineering bekämpfen
Die Gefahren durch Social Engineering treffen sogar erfahrene IT-Profis. Auch wenn es keine Standard-Gegenmittel gibt, geht es in erster Linie darum, die Methoden der Angreifer zu verstehen. Dann ist der Kampf schon halb gewonnen. Wir zeigen sieben perfide Wege, über die Social Engineers an ihre Daten und ihr Geld wollen.
Der "vergessene" USB-Stick
Oops, da hat doch glatt jemand einen Stick liegengelassen. Na, wollen wir mal schnell schauen, wem er gehört - also am besten eben an den Rechner gesteckt ... <br /><br />Dieser alte Bauerntrick ist immer noch einer der erfolgreichsten Angriffe auf Unternehmen. Auch wenn Microsoft beispielsweise das automatische Starten von Anwendungen auf USB-Sticks unter Windows unterbindet, helfen kreative, Neugier weckende Dateinamen enorm, unvorsichtige Mitarbeiter zum Klicken zu bewegen. Unternehmen bleibt nur, USB-Ports komplett zu sperren oder - sinnvoller - ihre Mitarbeiter entsprechend zu schulen.
Perfekt gefälschte Phishing-Mails
Den meisten Phishing-Mails sieht man ihre Herkunft: Schlecht formatiert, grausame Ausdrucksweise, billiges Zum-Klicken-Auffordern. Dennoch gibt es immer wieder Exemplare, die vortäuschen, von der Bank, der Krankenkasse, der Versicherung oder der Personalabteilung zu kommen und die ängstliche Mitarbeiter schnell am Haken haben. Dann genügt ein Klick, un das gesamte Unternehmensnetz ist infiziert. Dabei ist es gar nicht so schwer, Phishing-Mails zu erkennen - und seien sie noch so gut gemacht. Sobald das Ziel der Mail ist, einen Link zu klicken, persönliche Daten zu überprüfen oder einzugeben, sollte die Mail ganz schnell in Ablage P landen.
Mails von "Freunden" und "Kollegen"
Im Gegensatz zum generischen Phishing richtet sich Spear Phishing ganz gezielt gegen Einzelne oder eine kleine Gruppe von Menschen. Beliebt unter Angreifern ist es, in sozialen Netzen nach Opfern Ausschau zu halten, sie nach ihren Hobbys und Tätigkeiten auszuspionieren. Anschließend werden maßgefertigte Phishing-Mails entworfen und versendet - hier stimmt die Anrede, der Name der adressierten Firma und häufig auch der Anhang, der als Brief eines Arbeitskollegen oder flüchtigen Bekannten getarnt wird. Der Erfolg dieser Aktion ist natürlich höher als beim generischen Phishing. Was hilft? Konsequentes Misstrauen, persönliches Nachfragen beim vermeintlichen Absender und das Ignorieren aller E-Mail-Anhänge.
Telefonanrufe
Talentierte Angreifer schaffen es spielend, per Telefon persönliche Informationen aus einem Menschen herauszukitzeln, ohne dass dieser es überhaupt mitbekommt. Wer also von der "IT-Abteilung" angerufen wird, um ein Passwort zu verifizieren oder von der "Versicherung", seine Adresse zu bestätigen, sollte vor allem eins tun: Sich die Nummer aufschreiben und den sofortigen Rückruf anbieten. Alternativ den Anrufer über die Dinge ausfragen, die der bereits wissen müsste, wenn er der ist, für den er sich ausgibt. Grundsätzlich gilt: Sensible Informationen, vor allem Passwörter, niemals per Telefon weitergeben!
Physische Sicherheit des Büros
Ziehen Sie die typische Kleidung einer Firma an, tun Sie so, als gehörten Sie dazu und schmuggeln Sie sich in die Mitarbeitergruppe, die gerade aus der Raucherpause zurück ins Innere des Unternehmensgebäudes bummelt. Zack, schon sind Sie drin!<br /><br /> Da kann die Technik noch so sicher sein, gegen solches unbefugtes Eindringen sind vor allem große Unternehmen oft schlecht gefeilt, weil dort eben nicht jeder jeden kennt. Bläuen Sie Ihren (Empfangs-)Mitarbeitern ein, dass sie nach gefälschten Mitarbeiterausweisen Ausschau halten und sich gerade unbekannte Personen genauer ansehen.
Der freundliche Supportmitarbeiter
Ihn hatten wir schon beim Punkt "Telefonanrufe". Der Fake-Anruf aus dem IT-Support oder direkt vom Hersteller, weil das letzte Update des Betriebssystems noch final verifiziert werden muss, etwas mit der Systemkonfiguration nicht stimmt oder der bestellte neue Rechner gleich kommt und vorher noch etwas am alten System zu tun ist. Sobald jemand den Fremdzugriff (Remote Access) auf Ihren Computer haben möchte, sollte er einen guten Grund haben. Und nein, Microsoft ruft niemanden persönlich an, um etwas bei Windows zu korrigieren. Sagen Sie das den Mitarbeitern!

Auftragsarbeit Cyberattacke

Nach der Wahrnehmung des Security-Experten hätten Unternehmen wohl erkannt, dass Social Engineering eine große Bedrohung für sie ist. Deshalb beauftragen sie Unternehmen wie Secunet damit, fingierte Angriffe durchzuführen. "Tendenziell sind das große Unternehmen und Behörden, ab 5000 Mitarbeitern aufwärts", so Reimers. Damit die Privatsphäre gewahrt bleibt, offenbart Secunet dem Auftraggeber keine Namen von Mitarbeitern, die ihnen Tür und Tor öffnen. "Über die Tests wird dann in der Mitarbeiterzeitung berichtet, um zu sensibilisieren." Manche Unternehmen beauftragen Reimers mit Awareness-Kampagnen, die dasselbe Ziel haben. In diesen Schulungen erleben die Mitarbeiter, wie dreist Social Engineers vorgehen.

Security Trends 2015
1. Exploit-Bekämpfung reduziert die Einfallstore für Kriminelle.
Cyberkriminelle hatten in den vergangenen Jahren mehr oder weniger leichtes Spiel mit Microsoft Windows. Glücklicherweise hat der Konzern Exploits in letzter Zeit gezielt bekämpft, so dass Attacken immer schwieriger werden. Allerdings gibt es eine Kehrseite der Medaille, da viele Malwareentwickler sich nun wieder den Social-Engineering-Techniken zuwenden oder auf Nicht-Microsoft-Plattformen abzielen.
2. Internet-of-Things-Attacken haben sich von Machbarkeitsstudien zu Mainstream-Risiken entwickelt.
2014 mussten wir immer häufiger feststellen, dass Hersteller von Internet-of-Things-Geräten es oftmals verschlafen haben, grundlegende Sicherheitsstandards zu implementieren. Entsprechend sind Attacken auf diese Geräte absehbar und werden zudem umfassende Folgen haben. Die IT-Sicherheitsindustrie muss sich weiterentwickeln, um für dieses neue Thema Antworten zu finden.
3. Verschlüsselung ist mittlerweile Standard, aber darüber sind nicht alle glücklich.
Dank häufig auftauchender Schlagzeilen in Sachen Spionagesoftware und Datenbankeinbrüchen hat sich die Verschlüsselung aller Daten schon fast zum Standard entwickelt. Das geht allerdings gerade großen Organisationen wie Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdiensten gegen den Strich, da sie befürchten, dass diese „Heimlichtuerei“ die allgemeine Sicherheit gefährdet.
4. Sicherheitsrelevante Programmierfehler in weit verbreiteter Software blieben jahrelang unter dem Radar.
„Heartbleed“ und „Shellshock” machen deutlich, dass weit mehr unsichere Code-Zeilen im Umlauf sind, als gedacht und sie werden seit vielen Jahren unbemerkt von einer großen Anzahl Computersystemen genutzt,. Entsprechend hat sich auch das Augenmerk der Hacker auf diese eher unauffälligen Programme gerichtet und 2015 sind vermehrt Attacken in diesem Bereich zu erwarten.
5. Gesetzliche Neuregelungen bringen mehr Verantwortung bei der Offenlegung von Daten und Haftung mit sich – vor allem in Europa.
Die Mühlen der Gesetze mahlen im Vergleich zur Technologieentwicklung sehr langsam, aber dennoch treten 2015 einige gesetzliche Neuerungen in Kraft, die lange auf sich warten ließen. Es ist wahrscheinlich, dass diese Änderungen auch in anderen Bereichen mit einer progressiveren Datenschutzregulierung einhergehen.
6. Kriminelle schießen sich auf mobile Zahlungssysteme ein, halten aber gleichzeitig noch eine Weile an traditionellen Finanzbetrügereien fest.
Nach der Ankündigung von Apple Pay waren mobile Zahlungssysteme eines der Topthemen der vergangenen Monate. Wie immer, wenn neue Systeme an den Start gehen, werden die Cyberkriminellen nach Lücken Ausschau halten. Da das aber aufgrund einiger sehr positiver Absicherungen nicht ganz einfach sein wird, dürfen wir davon ausgehen, dass die klassischen Onlinegaunereien mit Kreditkarten noch eine Weile weitergehen. Sie sind das bei weitem einfacherer für Betrug zu nutzen.
7. Die Lücke zwischen Sicherheitsaufgaben und geschultem Personal klafft immer weiter auseinander.
Im gleichen Rahmen, wie Technologie immer mehr in unser tägliches Leben Einzug hält und einer der Stützpfeiler für die globale Wirtschaft wird, kommt das fehlende Know-how in Sachen Cybersicherheit zum Vorschein. Diese bedenkliche Entwicklung wird sowohl von Regierungen, als auch der Industrie konstatiert. Das Besetzen der nötigen Stellen kann Jahre dauern und ist somit ein echter Sicherheitsfaktor.
8. Breite “Serviceoffensive” für Attacken und Exploit-Kits, um mobile Plattformen anzugreifen.
In den letzten Jahren hat sich ein neuer Trend bei den Cyberkriminellen durchgesetzt: das zur Verfügung stellen von Malwarepaketen, die keinerlei technisches Wissen voraussetzen und per Klick aktiviert werden können. Der rasante Anstieg bei mobilen Plattformen und der damit verbundene Austausch sensitiver Daten werden dazu führen, dass wir 2015 viele dieser Kits für Smartphone-Angriffe sehen werden. Gleiches gilt für Plattformen, die sich mit dem Internet of Things beschäftigen.
9. Die Lücke zwischen ICS/SCADA und Sicherheit in der realen Welt wächst weiter.
Systeme wie Industrial Control Systems (ICS) und Supervisory Control and Data Acquisition (SCADA) hinken in Sachen Sicherheit üblicherweise zehn oder mehr Jahre hinter dem Mainstream her. Wir gehen davon aus, dass innerhalb der nächsten Jahre einige besorgniserregende Lücken aufgedeckt werden, die von Hackern auf breiter Front ausgenutzt werden.
10. Flexiblere Rootkit- und Bot-Fähigkeiten eröffnen neue Angriffsvektoren.
Die Technologiesparte befindet sich zurzeit in einem grundlegenden Veränderungsprozess, in dessen Rahmen nun Plattformen und Protokolle abgeändert werden, die jahrelang als Standard dienten. Allein die Menge solcher Veränderungen der althergebrachten Technologiestandards wird viele alte Wunden aufreißen und neue Sicherheitslücken schaffen.

Ein Beispiel. Ein gutaussehende junge Dame mit schwerem Gepäck, die auf die Eingangspforte zuläuft und deren Mitarbeiterausweis halb verdeckt unter der luftigen Bluse steckt, hat große Chancen, dass ihr die Tür aufgehalten wird - ohne Kontrolle versteht sich. Auf dem Gelände verliert die Dame dann mit Trojanern präparierte USB-Sticks oder legt Zeitungen aus, denen CDs beigelegt sind. Auch die enthalten bösartige Codes.

Dass Schutz vor Social Engineering notwendig ist, belegt eine Studie des Hightech-Verbands Bitkom. Danach ist die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren Opfer digitaler Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl geworden. "Social-Engineering-Angriffe sind meist so professionell, dass ein Angreifer sehr gute Chancen hat, erfolgreich zu sein. Daran ändert bislang auch nichts, dass die Mitarbeiter nach negativen Erfahrungen der Unternehmen immer mehr für das Thema sensibilisiert sind", sagt Marc Fliehe, IT-Sicherheitsexperte bei Bitkom. Etwa 20 Prozent der Befragten registrierten Fälle von Social Engineering.

Die Anatomie eines Hacker-Angriffs
Schutz ist möglich
Unternehmen können ihre Industrie-Anlagen durchaus schützen. Falls möglichen, sollten sie die Systeme vom Internet trennen, rät Wilhoit. Pflicht sei der Einsatz einer Firewall. Zudem sollten innerhalb der Industrie-Anlage strenge Sicherheitsmaßnahmen eingeführt werden.
Fazit: Angriffe kaum zu vermeiden
Das Fazit von Trend-Micro-Forscher Kyle Wilhoit ist alarmierend: Es sei eine "überraschende Anzahl" von Angriffen zu beobachten gewesen. "Alles was mit dem Internet verbunden ist, wird wahrscheinlich angegriffen", bilanziert er daher nach dem Experiment.
Genaue Motive unbekannt
Wo die Rechner der Angreifer vermutlich standen, konnten die Forscher zwar nachvollziehen, über deren Motive wissen sie dagegen wenig. Ihr Eindruck: Einige Attacken hatten das Ziel, Informationen zu sammeln, andere wollten die Anlage tatsächlich lahmlegen.
Angreifer aus aller Welt
Die Angriffe gingen von 14 verschiedenen Ländern aus. Gut ein Drittel der Attacken (35 Prozent) war auf China zurückzuführen, ein Fünftel (19 Prozent) auf die USA, immerhin 12 Prozent auf den südostasiatischen Staat Laos.
Erster gezielter Angriff nach 18 Stunden
Eine Attacke stellten die Forscher bereits nach 18 Stunden fest. Im Testzeitraum von 28 Tagen verzeichneten sie insgesamt 39 Angriffe. Einige Angreifer versuchten es offenbar mehrfach und überarbeiteten dabei ihre Strategie.
Optimiert für Suchmaschinen
Damit die Angreifer die Systeme finden konnten, gestalteten die Forscher sie außerdem so, dass Google sie finden konnte, aber auch die Suchmaschine Shodan, die mit dem Internet verbundene Geräte aufspürt.
Schwachstellen als Einfallstor
Die Systeme enthielten typische Schwachstellen – damit sei die Testumgebung nah an der Realität gewesen, betonen die Forscher: Denn viele Industrie-Anlagen, die mit dem Internet verbunden sind, sind nicht ausreichend geschützt.
Zwei Honigtöpfe als Köder
Die Sicherheitsexperten stellten zwei sogenannte Honeypots auf. Dabei handelt es sich um Computersysteme, die Angreifer anlocken sollen – so wie Honigtöpfe, die eine große Anziehung auf Bären ausüben. Die Testumgebung war einer Pumpstation samt Steuerung und technischer Dokumentation nachgebildet. Eine Pumpe gab es allerdings nicht.
Erfahrungen sammeln
Bislang ist wenig über Attacken auf industrielle Steuerungssysteme bekannt. Um mehr darüber zu lernen, hat das IT-Sicherheitsunternehmen Trend Micro ein Experiment gemacht, über das es in einem Forschungspapier ausführlich berichtet.

Sensibilisierung gegen Social Engineering

Die Dunkelziffer ist sehr viel höher, denn "die meisten Angriffe werden nicht bemerkt", sagt Dirk Fox. Er ist Geschäftsführer bei Secorvo in Karlsruhe. Auch dieses Unternehmen ist spezialisiert auf IT-Sicherheit. Es führt allerdings keine Social-Engineering-Tests durch. "Ich halte es für gefährlich, das Vertrauen der Mitarbeiter auszunutzen, Misstrauen gegenüber Mitarbeitern aufzubauen und ihnen dann noch den Spiegel vorzuhalten. Andererseits erwartet man freundliches Auftreten gegenüber Kunden." Das passt seiner Meinung nach nicht zusammen. Awareness-Kampagnen aber bietet Secorvo auch an.

Social-Engineering-Angriffe sind nach Kenntnissen von Fox sehr erfolgreich. "Ein gut gemachter Angriff führt zu 100 Prozent zum Ziel." Das würden Tests belegen, die im Auftrag von Unternehmen durchgeführt wurden. Oder die einzelnen Fälle, in denen Mitarbeiter von Secorvo Social Engineering festgestellt haben. Zum Beispiel, als ein scheinbarer Lieferant mit dessen E-Mail-Adresse an die Buchhaltung schrieb, die Kontonummer habe sich geändert. Rechnungen sollen bitte künftig auf folgendes Konto überwiesen werden. Die aktuelle Rechnung war der Mail angeheftet.