Mentana-Claimsoft vor T-Systems

Wettrennen um De-Mail geht los

07.12.2011 von Johannes Klostermeier
Mentana-Claimsoft, Tochterunternehmen des Brief-Komplettdienstleisters Francotyp-Postalia, befindet sich derzeit im Akkreditierungsverfahren zum De-Mail-Provider. Und es sieht so aus, als ob das nur 30 Mann starke Unternehmen noch vor T-Systems und United Internet als erster De-Mail-Anbieter akkreditiert wird. Ein Gespräch mit Mentana-Claimsoft-Vorstand Axel Janhoff.

Mentana-Claimsoft, Tochterunternehmen des Brief-Komplettdienstleisters Francotyp-Postalia, befindet sich derzeit im Akkreditierungsverfahren zum De-Mail-Provider. Und es sieht so aus, als ob das nur 30 Mann starke Unternehmen noch vor T-Systems und United Internet als erster De-Mail-Anbieter akkreditiert wird. Ein Gespräch mit Mentana-Claimsoft-Vorstand Axel Janhoff.

CIO.de: Wie sind Sie zur De-Mail gekommen?

Mentana-Claimsoft-Vorstand Axel Janhoff: 2009 hat uns das Bundesinnenministerium eingeladen, an der De-Mail-Diskussion teilzunehmen, was wir gerne getan haben. Wir haben mit den Jahren gelernt, dass es zwar schön ist, wenn man verbindliche elektronische Kommunikation gut beherrscht, dass es aber immer noch genug Menschen und Institutionen gibt, die man nur per Briefpost erreicht.

Mentana-Claimsoft-Vorstand Axel Janhoff hilft auf Wunsch auch anderen Firmen bei der Akkreditierung.
Foto: Mentana-Claimsoft

Die Francotyp-Postalia ist ja seit 80 Jahren mit Papierpost sehr erfahren und versendet Hybridbriefe über ihre Schwesterfirma IAB in Berlin-Adlershof. So war es nur logisch zu sagen, dass das Portfolio super gut wäre, wenn man beides zusammenpackt. Deshalb sind wir im März dieses Jahres zusammengegangen. Wir können jetzt als Multi-Channel-Anbieter auf dem Markt agieren. Wir werden in der Lage sein, rechtsverbindlich und sicher elektronisch zuzustellen – das ist am elegantesten, was die Prozesse angeht.

CIO.de: Man hat bisher nicht viel gehört von Ihnen, T-Systems und United Internet standen im Vordergrund in Sachen De-Mail.

Janhoff: Diese Firmen haben ganz große PR-Abteilungen, wir nur eine ganz kleine. Wichtig ist, dass wir dann wahrgenommen werden, wenn wir am Markt sind. Man kann nicht ständig kommunizieren: Wir sind immer noch da. Wir sagen stattdessen: Wir sind bald fertig. Im Dezember, spätestens im Januar, werden wir die ersten sein, die mit De-Mail akkreditiert sind. Das ist sehr sicher. Die Cebit ist ein wunderbarer Termin, um unser Produkt vorzustellen.

Post-Pläne sind unklar

CIO.de: Die Deutsche Telekom nennt auch die Cebit als Starttermin. Bei der Deutschen Post ist es unklar, ob die sich überhaupt akkreditieren lassen.

Janhoff: Die Post sagte bei der letzten Sitzung im Innenministerium, dass sie De-Mail unter der Flagge E-Postbrief bedienen will. Ob sie das tun, kann ich nicht sagen. Ich glaube, sie haben noch keinen Antrag beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik eingereicht. Das wird zur Cebit dann nicht mehr reichen.

CIO.de: Was meinen Sie: Will die Deutsche Post nur den Markt besetzen, hofft aber insgeheim, dass De-Mail und auch ihr Produkt E-Postbrief in Wirklichkeit gar kein Erfolg wird?

Misserfolg von De-Mail und E-Brief wäre ein Gewinn für die Post

Janhoff: Diese These höre ich nicht zu ersten Mal. Es ist nicht abwegig zu sagen, dass das Thema digitale Kommunikation noch zu früh für den Markt kommt. Mit den Post-Strategen haben wir nicht gesprochen. Man kann aber sagen: Ein Misserfolg von De-Mail und des E-Postbriefs wäre ein Gewinn für die Post.

CIO.de: Wer ist Ihre Zielgruppe?

Mentana-Claimsoft wendet sich mit De-Mail vor allem an kleine und mittlere Unternehmen.
Foto: Mentana-Claimsoft

Janhoff: Wir haben andere Zielgruppen als United Internet, die jetzt schon jede Menge Endkunden haben, die sie digital bedienen. Die Deutsche Telekom mit T-Online wird die Privatkunden bedienen, T-Systems wird sich an die Wirtschaft wenden. Wir wollen uns nicht an die Endkunden wenden, wir werden es ihnen aber auch anbieten, weil es so im Gesetz steht. Wir interessieren uns aber mehr für die Öffentliche Hand und die kleinen und mittleren Unternehmen. Da können wir genug Kunden finden.

CIO.de: Was ist Ihr Preis für eine De-Mail?

Janhoff: Wir werden konkrete Preise erst zur Cebit haben. Das Produkt kann aber nur ein Erfolg werden, wenn wir etwa bei der Hälfte des Briefportos landen, damit es interessant wird für einen Versender. Die konkreten Preise kann man erst dann ermitteln, wenn die Provider Verträge abgeschlossen haben, zu welchen Gebühren sie die eigenen Kunden für den anderen erreichbar machen. Die Verhandlungen laufen derzeit.

CIO.de: Haben Sie schon Interessenten?

Janhoff: Wir haben ein Behörden-Pilotprojekt aufgesetzt, wo unter anderem auch die Städteregion Aachen dabei ist. Das überaus lange Gesetzgebungsverfahren hat aber nicht dabei geholfen, diese Pilotierungen zu fördern. Wir haben schon spannende Kunden und größere Versender als Interessenten akquirieren können. Da werden wir auch die Kontakte der Francotyp-Postalia-Gruppe nutzen.

CIO.de: Was können Sie, was die andern nicht so gut können?

Janhoff: Wir können das Angebot machen, dass wir die Justiz über EGVP, das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach, erreichen können. Wir sind technisch führend in diesem Bereich, haben die Software komplett selbst entwickelt und die Anbindung der Kunden in der eigenen Hand. Das Gateway als Frontend können wir den Kunden sehr flexibel und mit vielen Funktionen anbieten. Und wir können auf Wunsch auch digitale Signaturen in die Lösung einbauen.

Beliebige Domains für De-Mail sind nicht schön

CIO.de: Was sagen Sie zum Gesetz? Wäre eine einheitliche De-Mail-Domain nicht besser gewesen?

Janhoff: Wir sind froh, dass es das Gesetz gibt. Darauf haben wir jahrelang gewartet. Nicht so schön sind die kurzfristigen Änderungen, die der De-Mail nicht helfen, etwa dass man ganz kurzfristig beliebige Domains für den De-Mail-Betrieb freigegeben hat. Das ist ein großer technischer Aufwand, aber damit müssen wir jetzt leben. Das haben die Juristen und Verwaltungsleute nicht verstanden. Wer übernimmt die Verantwortung, dass eine Domain eine De-Mail-Domain ist? Gibt es eine zentrale Instanz, die das überwacht? Die jetzige beherrschbare und überschaubare Notlösung ist: Man kann nur im Rahmen seiner Akkreditierung eine eigene Domain anmelden. Wir propagieren die Domain De-Mail.de.

CIO.de: Wie schwierig ist der Akkreditierungsprozess?

Janhoff: Das ist vor allem viel Arbeit, und man muss alle Richtlinien verstanden haben. Man muss vorher das System fertigstellen. Die Spezifikationen haben sich bis Juli noch einmal geändert. Das ist Neuland für alle. Aber eine größere Firma mit mehr Rechenzentren etwa hat da wahrscheinlich mehr Mühe als wir.

10 Prozent der Briefe über De-Mail

CIO.de: Was sind Ihre Ziele?

Janhoff: Wir alle sind „Überzeugungstäter". Wir sind nicht so optimistisch wie einige andere Provider, was die Zahlen angeht. Wir gehen aber davon aus, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren zehn Prozent der Briefe über De-Mail laufen werden. Der Nutzen für den Versender von Briefen ist eminent, was die Prozesskosten und das Porto angeht. Die können bei gleicher Rechtswirkung ihre Papierprozesse auf digitale Prozesse umstellen.

Mentana-Claimsoft-Firmensitz bei Frankotyp-Postalia in Birkenwerder bei Berlin.
Foto: Mentana-Claimsoft

Die Banken und Versicherungen sind sehr an dem Thema interessiert. Wir gehen davon aus, dass der Markt in den nächsten drei Jahren besetzt wird. Wir haben ein Projekt mit Microsoft, dass man etwa bei Outlook sofort erkennt, was eine De-Mail ist. Das wird auch noch weiter gehen. Wir sind unserer Meinung nach die Ersten, die darüber nachgedacht haben, wie man die Usability erhöhen kann. Das Thema sichere Archivierung, der De-Safe, werden wir im nächsten Jahr in Angriff nehmen.