Enterprise Mobility

Wie B-to-E-Apps das Potenzial von Mitarbeitern steigern

13.06.2016 von Manfred Bremmer
Geht es um die Entwicklung von Business-Apps in Unternehmen, kommen Apps für Mitarbeiter häufig zu kurz. Zu Unrecht, denn gerade Business-to-Employee-Apps (B-to-E, B2E) bieten die Möglichkeit, die Produktivität der Mitarbeiter zu steigern.

Es ist unstrittig, dass Mobility einer der Kernkomponenten der digitalen Transformation darstellt. Dennoch tun sich viele Unternehmen nach wie vor schwer mit der Umsetzung. Die Ausstattung der Mitarbeiter mit Smartphones und Tablets sowie deren Absicherung sind das geringere Problem. Schwierigkeiten gibt es eher bei der Entwicklung von Spezial-Apps - für Geschäfts- sowie Endkunden und insbesondere für Mitarbeiter.

B-to-E-Apps bringen Unternehmen indirekte Vorteile wie eine höhere Produktivität und mehr Engagement der Mitarbeiter.
Foto: Slashmobility

"B-to-E-Apps sind am schwersten zu rechtfertigen, weil kein direkter Return on Invest zu ermitteln ist", erklärt Blake P. Sallé President Field Operations bei Kony, im CW-Gespräch. Deswegen kämen sie in den meisten Unternehmen erst nach drei oder vier "normalen" Apps an die Reihe. Hätten die Firmen aber erstmal die Möglichkeiten erkannt, nehme die Produktion von B-to-E-Apps Fahrt auf.

Privater Kundenservice dank BBQ-App

Dank der "BBQ-App" müssen sich Telstra-Mitarbeiter in ihrer Freizeit nicht mehr verstecken, sondern können bei geschilderten Problemen sogar helfen.
Foto: Shutterstock.com - Monkey Business Images

Als Beispiel dafür, wie eine B-to-E-App unerwartete Vorteile für das Unternehmen gebracht habe, nennt Sallé die App "Snapp" vom australischen TK-Riesen Telstra, die inzwischen von über der Hälfte der 35.000 Mitarbeiter heruntergeladen wurde. Snapp, besser bekannt als "BBQ-App", ermöglicht es Telstra-Mitarbeitern, die etwa auf Grillfeiern von Familienmitglieder, Freunde und Bekannte auf Probleme mit ihrem Telstra-Service angesprochen werden, direkt in der Sache zu intervenieren. So können sie den Fall direkt über die App an ein spezielles Premium-Servicecenter weiterleiten, mit dem Effekt, dass der Kunde gleich am Tag darauf einen Anruf vom Kundendienst erhält. Der Mitarbeiter selbst bleibt per E-Mail darüber auf dem Laufenden, was mit dem Kunden besprochen wurde und welche weiteren Schritte vereinbart wurden.

Die App hilft so nicht nur dabei, die Zufriedenheit der Telstra-Kunden deutlich zu verbessern. Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter in ihrer Freizeit nicht fürchten, enttarnt zu werden, wenn jemand über Schwierigkeiten mit dem Internet-Zugang, Fehlern in seiner Handy-Rechnung oder die lange Wartezeit bei der Telstra-Hotline klagt.

Alior Bank: Portfolio-Beratung via iPad-App

Schwerpunkt aller MobileFirst-Apps ist es, Mitarbeitern die richtigen Informationen zur richtigen Zeit bereitzustellen.
Foto: IBM

Doch nicht nur die mit Konys MADP entwickelte Telstra-Anwendung, auch die zahlreichen B-to-E-Apps aus der Kooperation von IBM und Apple zeigen auf, welches Potenzial darin stecken kann, den Mitarbeitern zur richtigen Zeit die richtigen Informationen bereitzustellen. So nutzt etwa die Alior Bank als erste Bank in Polen eine eigens entwickelte App aus dem Programm MobileFirst for iOS, um ihren Beratern auf dem iPad einen sicheren Zugriff auf das Portfolio ihrer Investment-Kunden zu ermöglichen.

"Trusted Advice" bietet dazu dank einer integrierten Predictive-Analytics-Komponente auch umfangreiche Einblicke, was den finanziellen Spielraum der Klienten betrifft, sowie Empfehlungen - und dies unabhängig davon, ob sich die Berater in ihrem Büro, in der Küche des Kunden oder der Cafeteria vor Ort befinden. Laut Tomasz Motyl, Chief Innovation Officer von Alior Bank, wurde bei der App nicht nur die Frage beantwortet, was man für den Kunden tun könne, sondern auch an den Bankmitarbeiter gedacht. Für Motyl ist auch die oft komplizierte Frage nach dem RoI der Lösung einfach beantwortet: Bislang hätten die Berater inklusive Vorbereitungszeit maximal zwei bis drei Kunden-Meetings pro Tag geschafft, jetzt seien vier bis fünf Termine machbar.

Find & Fix
Mit der iPhone-App Find & Fix können Techniker im Außendienst Aufgaben nach Nähe und Wichtigkeit auswählen. Dabei wird ihnen nicht nur automatisch das benötigte Werkzeug, sondern auch die beste Route angezeigt.
Express Pay
Mit der App für iPhone oder iPad können Ladenmitarbeiter auch jenseits der Kasse elektronische Zahlungen abwickeln. Die Anwendung unterstützt dabei Kundenkarten und Zahlungsoptionen wie Apple Pay. Außerdem gibt das Programm auf den Kunden zugeschnittene Kaufempfehlungen.
Hospital RN
Mit der iPhone-App Hospital RN sollen sich nicht nur Pager durch iPhones ersetzen lassen. Krankenschwester und Pfleger haben damit außerdem überall im Krankenhaus Zugang zu den Patientendaten. Das System nutzt zudem Apples iBeacon-Technologie – ein First für MobileFirst – um automatisch die zu einem Raum passenden Patientendaten bereitzustellen.
Rapid Handover
Die iPad-App Rapid Handover erleichtert dem Management die Übergabe bei Schichtwechsel. Indem Produktionsziele, Wartungs-Updates und Schichtpläne elektronisch übermittelt werden, gibt es keine Medienbrüche und die Fehlerwahrscheinlichkeit geht zurück.
Home RN
Die iPhone-App Home RN soll Pflegekräften die Betreuung von Patienten außerhalb des Krankenhauses erleichtern. So können sie Fotos, Videos, Text- und Audio-Notizen zu den Patientenakten hinzufügen und verbessern so die Kommunikation über die Fortschritte des Patienten.
Ancillary Sale
Die App Ancillary Sale assistiert Flugbegleiter via iPhone beim Vornehmen von Sitz-Ugrades oder dem Verkauf von Speisen und Getränken. Unterstützt werden Apple Pay und Kreditkartenzahlung, daneben informiert eine Datenbank über vorherige Onboard-Einkäufe der Fluggäste.
Order Commit
Die iPad-App Order Commit stellt Händlern auf dem Tablet geschäftskritische Daten zur Verfügung, etwa Finanzziele und Absatzzahlen. Analyse-Tools erleichtern die Entscheidungsfindung.
Risk Inspect
Mit der iPad-App Risk Inspect können Versicherungsmitarbeiter im Außendienst Foto- und Videomaterial mit einer Analysefunktion für Risikobewertungen kombinieren. Vielfältiges Datenmaterial (Umweltdaten, Kriminalstatistik etc.) unterstützt den Entscheidungsprozess.
Passenger+
Die iPad-App Passenger+ soll dem Bordpersonal zu besserem Kundenservice verhelfen. So sehen Flugbegleiter etwa auf einen Blick, welche Sonderwünsche bestimmte Passagiere angemeldet haben, wo die VIP-Gäste sitzen, ob alle Gepäckstücke an Bord sind - oder welche Passagiere ihren Anschlussflug verpassen werden.
Passenger Care
Die App "Passenger Care" soll es Servicemitarbeitern einer Fluglinie ermöglichen, Passagieren bei Problemen mit dem iPad proaktiv am Gate Hilfestellung zu bieten, anstatt zu warten, bis sich diese bei ihnen am Schalter einfinden. Unterstützt wird dabei das komplette Repertoire wie am Service-Sesk, also etwa Upgrades oder Umbuchungen bis hin zum drahtlosen Bezahlen von Tickets.
Hospital Lead
Die iPad-App Hospital Lead soll Krankenhäusern bei der Verwaltung des Pflegepersonals unterstützen. So lassen sich über die App Aufgaben bestimmten Mitarbeitern zuordnen und priorisieren. Das System unterstützt dazu mehrere interne Datenbanken, die sich kombinieren lassen.
Hospital Tech
Die Todo-App Hospital Tech for iPhone soll Pflegekräften und Technikern mit Tools ausstatten, um ihre Aufgaben besser zu organisieren und so mehr Zeit für die Patienten zu haben.
Train Tickets
Die iPhone-App Train Tickets erleichtert es Schaffnern, im Zug Fahrkarten zu kontrollieren oder zu verkaufen. Indem sie einen Überblick über Reservierungen und den Zeitplan des Zuges haben, vergrößern sich die Verkaufsmöglichkeiten und die Kundenzufriedenheit steigt.
Case Advice
Die Behörden-App Case Advice soll Sachbearbeiter entlasten, die kontinuierlich kritische Entscheidungen in Bezug auf Familien oder Situationen treffen müssen. Mit Hilfe von Datenanalysen unterstützt die Lösung die Priorisierung der Fälle; Predictive-Analytics-Funktionen helfen bei der Risikobewertung.
Fast Fix
Mit der iPad-App Fast Fix können Servicetechniker Informationen über Störungen abfragen, Anleitungsvideos eingespielt bekommen und schlichtweg Kontakt zur Zentrale aufnehmen.
Parts & Tools
Parts & Tools bietet auf dem iPad eine intuitive Übersicht über Ersatzteile, Werkzeuge und Zubehör im Lager sowie in Servicefahrzeugen.
Rapid Board
Die iPhone-App soll Mitarbeitern von Fluggesellschaften beim Boarding-Prozess unterstützen, indem sie jede Art von Boarding-Pass von jedem Gate scannen können. Damit soll Fluggesellschaften ein schnellere und flexiblere Abwicklung ermöglicht werden. Aus Sicht der Fluggäste sorgt die App für ein bequemeres Boarden und mehr Kundenzufriedenheit.
Expert Tech
Die Fieldservice-App Expert Tech liefert dem Servicetechniker wichtige Echtzeitinformationen - etwa über die Fahrtzeit bis zum nächsten Kunden.
Incident Aware
Die iPhone-App soll Polizisten bei der Verbrechensprävention unterstützen. So erhalten sie in Echtzeit Zugriff auf Karten und Videoquellen von Einsatzorten. Zusätzlich bekommen sie Auskunft über den Zustand der Involvierten, das Eskalationsrisiko und das Strafregister. Auch Verstärkung kann leichter und schneller angefordert werden.
Adviser Alerts for iPhone
Die App "Advisor Alerts" soll Finanzberatern von Banken und Finanzdienstleistern dabei helfen, unterwegs kundenbezogene Aufgaben zu erledigen...
Adviser Alerts for iPad
Die auch für das iPad erhältliche App stellt dabei dank Verknüpfungen mit dem Backend eine Datenbasis für Entscheidungen bereit, gibt Empfehlungen für die nächsten Schritte und erleichtert es, Aufgaben an das Team im Office weiter zu delegieren.
Advise & Grow
Mit der App „Advise & Grow“ für das iPad erhalten Bankmitarbeiter bei der Beratung von Kleinunternehmen Einblick in relevante Kundeninformationen (Kundenprofil, Finanz- und Kreditdaten) und Wettbewerbsanalysen.
Field Connect
Die iPhone-App „Field Connect“ ermöglicht Wartungstechnikern von Energie- und Versorungsunternehmen den direkten Zugriff auf aussagekräftige datengesteuerte Informationen. So liefern Push-Benachrichtigungen aktuelle Unwetterwarnungen, außerdem können jederzeit Angaben zu Netzausfällen, Gefahrensituationen und zum Personaleinsatz sowie bei Bedarf personalisierte Schulungen und Sicherheitstipps abgerufen werden.
Retention App
Die für iPhone und iPad erhältliche App soll Versicherungsvertretern die erforderlichen Informationen und Analyse-Tools bereitstellen, um Kundenanfragen auch auf dem Sprung zu bearbeiten.
Pick & Pack
Die iPhone-App Pick & Pack hilft Einzelhändler bei der Auftragsabwicklung. So können Verkäufer bei der Beratung überall im Geschäft auf Produktinformationen zugreifen. Außerdem unterstützt die Anwendung Apples iBeacon-Technologie, um die Position einzelner Artikel in einer Filiale aufzufinden.
Sales Assist
Die iPad-App Sales Assist soll aus Verkäufern kompetente Modeberater machen. So haben sie die Möglichkeit, Lagerbestände abzurufen, auf der Basis von früheren Einkäufen Kleidungsstücke zu empfehlen sowie passende Accessoires anzubieten.
Dynamic Buy
Die Idee bei "Dynamic Buy" wiederum ist, Einzelhändlern beim Einkauf einen Echtzeit-Einblick über den Warenbestand zu geben und mit datenbasierten Empfehlungen bezüglich der zu erwartenden Nachfrage zu unterstützen.
Plan Flight
Mit der iPad-App Plan Flight können Piloten Flugpläne einsehen, die Besatzung überprüfen, während des Fluges Meldungen an die Bodenkontrolle absetzen sowie fundiertere Entscheidungen über den verfügbaren Treibstoff machen.

RWE Generation: Andy's App erleichtert Wartung

Beim Entwurf der App flog nicht der Projektleiter zum Apple-Workshop nach Cupertino, sondern der "betroffene" Servicetechniker Andy.
Foto: IBM

Das Besondere bei der Entwicklung der MobileFirst-Apps sei, dass der Endanwender in den Prozess involviert ist, betont Urs Schollenberger, Business Leader Mobile Enterprise for IBM Germany, Austria & Switzerland. Damit sei er für das Ergebnis mit verantwortlich und es werde ihm nicht aufgedrängt.

Das Ziel, den Nutzer in den Mittelpunkt der Entwicklung zu bringen, habe sich bereits im Entstehungsprozess gezeigt, erläutert Mark Eberlein, Projektleiter Digitalisierung, Instandhaltung und Tagebau, bei RWE Generation, am Beispiel der in Kooperation mit IBM und Apple entstandenen App "Asset Care". So sei die iPad-Anwendung nicht nur aus dem Wunsch der Anwender heraus entstanden, Medienbrüche bei der Wartung der riesigen Maschinen im Braunkohle-Tagebau zu entfernen. Als es dann an den Entwurf der App gegangen sei, flog nicht er nach Cupertino zum Apple-Workshop, sondern der "betroffene" Servicetechniker Andreas oder kurz Andy.

Verbesserungsvorschläge der Anwender aufgreifen

Teilweise braucht es jedoch nicht gleich eine komplett neue App - oft genügten auch schon kleine Impulse aus der Belegschaft, um eine deutliche Verbesserung der Geschäftsprozesse zu erreichen, wie Manuel Sosa, Vertriebsleiter bei ISEC7, ausführt. Als Beispiel verweist er auf eine Versicherungsgesellschaft, die vor zwei Jahren im Vertrieb eine CRM-Lösung für das iPhone eingeführt habe. Vor einem Jahr sei dann ein Vorschlag von den Mitarbeitern gekommen, der prompt aufgegriffen wurde: Fällt kurzfristig ein Termin mit einem Klienten aus, bekommt der Berater via GPS in der App angezeigt, welche anderen Kunden als Ersatz in der Nähe erreichbar sind. Dies bietet ihm die Möglichkeit, die Wartezeit bis zum nächsten Termin sinnvoll zu überbrücken.