Ratschläge von Accenture

Wie man lebenslanges Lernen organisiert

13.03.2017 von Christiane Pütter
Die Mehrheit der Mitarbeiter ist sich bewusst, dass sie sich künftig ständig weiterbilden muss. Accenture stellt Maßnahmen vor, wie Unternehmen das ermöglichen können.
  • 2020 werden Entscheider mehr als ein Drittel der Skills dringend benötigen, die heute als nebensächlich gelten (etwa soziale/emotionale Intelligenz)
  • Accenture rät zu MOOCs und Wearable Technologies
  • Collaboration-Plattformen bilden die technische Grundlage des Zusammenarbeitens
  • Acht Prozent der Firmen haben Programme dafür aufgesetzt, ihre Ruheständler als "Betreuer" junger Mitarbeiter ins Haus zu bitten

Wie begegnen Unternehmen dem Fachkräftemangel und wie bauen sie eine zukunftsfähige Belegschaft auf? Diese Fragen will Accenture in dem Papier "Harnessing revolution - creating the future workforce" beantworten. Tenor der Analyse: Ständiges Lernen ist eine Gesamtaufgabe, die sich durch alle Unternehmensbereiche zieht, vom Mann am Fließband bis zum CEO. Führungskräfte müssen das gestalten.

Die Automatisierung wirkt sich auf lange Sicht immer weniger auf Arbeitsplätze aus, erklärt Accenture.
Foto: Accenture

Accenture unterteilt dieses Phänomen in drei Bereiche:

Das kann ein CEO weder allein der Personalabteilung, noch den Fachbereichen überlassen. Zukünftige CEOs müssen sich als "Chief Learning Officer" verstehen. Der fiktive Titel stammt von Mara Swan, sie ist Executive Vice President Global Strategy and Talent bei der Manpower Group.

1. Bisherige Mitarbeiter neu oder weiterqualifizieren

Schon im Jahr 2020 werden Entscheider mehr als ein Drittel solcher Skills dringend benötigen, die heute als nebensächlich gelten (World Economic Forum, "The future of jobs", 2016). Accenture bezieht das vor allem auf die Fähigkeit, komplexe Analysen zu erstellen, und auf soziale/emotionale Intelligenz. Skills also, die smarte Maschinen dem Menschen nicht abnehmen können.

Im "Accenture Workforce Survey 2016" erklärten fast sechs von zehn Angestellten (58 Prozent), ihnen sei bewusst, ständig weiterlernen zu müssen. 69 Prozent sagen, das funktioniere am besten als "Training on the Job".

Damit können Entscheider arbeiten, appelliert Accenture. Als positives Beispiel nennen die Berater den Konzern AT&T und sein "Workforce 2020"-Programm. 140.000 Mitarbeiter können sich damit auf neue Rollen vorbereiten. Accenture rät zu Online-Kursen (MOOCs, massive open online courses), damit jeder dann und dort lernen kann, wann und wo er möchte. Außerdem spielen Wearable Technologies eine große Rolle. Sie ermöglichen beispielsweise Service-Technikern, direkt vor Ort zu lernen.

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Accenture weist auch auf die Einschränkungen von Automatisierung hin. Wer eine Produktionsstraße verändern muss, fährt mit qualifizierten Arbeitern, die sich sofort umstellen und Dinge anders ausführen können, eventuell besser als mit Maschinen, die umprogrammiert werden müssen.

2. Umgestaltung von Arbeit und Arbeitsplätzen

Mit der Veränderung der Skills geht einher, dass starre Berufsbilder nicht mehr funktionieren, ebenso wenig starre Arbeitsplätze. Konkret erwartet Accenture, dass Firmen zunehmend mit Freelancern zusammenarbeiten. Die Analysten unterstützen die These von der wachsenden Bedeutung global verteilter Netzwerke. Unternehmensgrenzen werden "offener" und CIOs müssen dies technologisch etwa über Collaboration-Plattformen ermöglichen. Anmerkung am Rande: Accenture gesteht lediglich jedem zehnten Board-Mitglied "professionelle technologische Erfahrung" zu.

3. Entwicklung von Talenten

Accenture rät Unternehmen nicht nur zur Kooperation mit Schulen und Ausbildungsstätten. Junge Leute sollten dort angesprochen werden, wo sie sich bewegen, auf Facebook zum Beispiel. Firmen können dort Videos oder Computerspiele einstellen, die potenziellen späteren Mitarbeitern Einblick in die Tätigkeit vermitteln.

Stichwort junge Leute: Sie bringen digital Skills mit, die sich Ältere erst erarbeiten müssen - wissen umgekehrt aber nichts über die Abläufe im Unternehmen und über die Firmengeschichte. Ein sehr guter Weg der Einarbeitung besteht darin, ältere Kollegen - gern auch Ruheständler - zeitweise ins Haus zu bitten, die die Jungen unter ihre Fittiche nehmen. Nach Studien der Society for Human Resource Management haben bisher erst acht Prozent der Unternehmen ein Programm für solche Begegnungen aufgesetzt. Es werden mehr, erwartet Accenture.

Accenture warnt: Entscheider sollten diese Themen nicht aufschieben, die Analysten bemühen hier das Symbol der tickenden Uhr. Sie betonen aber, dass sie bei ihrer Arbeit immer wieder viel Optimistisches hören, sowohl von Firmenlenkern als auch von Sachbearbeitern. Zwar gebe es Angst vor Veränderungen. Ebenso aber Neugier und guten Willen.