Kennzahlen und Toleranzschwellen

Wie sich der Erfolg von Service Management messen lässt

10.10.2017 von Florian Hennhöfer
Haben Unternehmen ein Service Management Tool ausgewählt und erfolgreich implementiert, hoffen sie meist auf Verbesserungen in puncto Effizienz und Servicequalität sowie eine höhere Zufriedenheit auf Nutzerseite. Doch wie lässt sich der Erfolg von Service Management tatsächlich messen?

Ganz gleich, ob Organisationen ein neues Tool einführen, ITIL-Prozesse (IT Infrastructure Library) implementieren, Workflows erstellen, ein Self-Service-Portal aufsetzen oder komplett neu mit IT-Service-Management (ITSM) starten: IT-Abteilungen werden meist als Treiber für Service-Management gesehen. Sie kennen alle vorhandenen Dienste und können sehr genau sagen, wie der IT-Delivery-Prozess funktioniert und technisch aufgesetzt werden kann.

Vielen Organisationen fällt es schwer, den Nutzen von Service-Management zu messen.
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Dennoch fällt es vielen Organisationen schwer, die Ziele von Digitalisierungsprojekten zu definieren, den Nutzen von Service-Management-Tools zu messen. Ein CIO oder ITSM-Verantwortlicher könnte hier als Sponsor agieren und sollte gemeinsam mit IT- und Fachabteilungen zunächst Ziele und Akzeptanzkriterien definieren – und zwar noch bevor der erste Tool-Anbieter am Verhandlungstisch Platz genommen hat.

Fragen- und Anforderungskatalog erstellen

Damit Organisationen den Erfolg später sinnvoll bewerten können, sollten sie mit Sponsor, Management und Fachabteilungen zunächst einen Fragenkatalog formulieren. Für die meisten sind im Grunde acht Kernfragen wichtig:

  1. Wo steht das Unternehmen heute und wo soll es hingehen?

  2. Welche Ziele werden mit Einführung eines ITSM-Tools verfolgt?

  3. Welche Ergebnisse werden nach der Einführung erwartet?

  4. Was genau soll mit jedem einzelnen Projekt / Meilenstein erreicht werden?

  5. Welche Key Performance Indikatoren gilt es zu erreichen?

  6. Welches Budget ist notwendig, um welchen Nutzen zu erreichen?

  7. Was passiert, wenn der gewünschte Business-Nutzen nicht eintritt?

  8. Wie lässt sich Nutzerakzeptanz definieren – was ist gut und was schlecht?

KPIs und Toleranzschwellen definieren

Ohne Referenzpunkte keine Erfolgsmessung. In der Praxis haben sich dazu Key Performance Indikatoren (KPI) und Toleranzschwellen bewährt – die je nach Organisation sehr unterschiedlich ausfallen können. Diese lassen sich anschließend mit tatsächlichen erzielten Ergebnissen vergleichen. Beispiele für KPIs sind folgende:

KPIs und Toleranzschwellen erleichtern bereits die Vorauswahl geeigneter Lösungen erheblich – und sind mit den favorisierten Tool-Anbietern zu besprechen. Unternehmen können nun entscheiden, ob die gesteckten Ziele mit der angebotenen Softwarelösung überhaupt erreichbar sind. Positiver Nebeneffekt: Falsche Erwartungen lassen sich so von vornherein verhindern. Darüber hinaus helfen die Antworten, entsprechende Projekte gemeinsam zu.

Daten zur richtigen Zeit erfassen – und gezielt auswerten

Wie jedes IT-Projekt durchlaufen auch ITSM-Projekte typische Phasen: Nach der Implementierung ist mit dem Go-Live ein wesentlicher Meilenstein erreicht, auf den eine Phase der Stabilisierung folgt. Erste Messungen sind zwar sinnvoll, jedoch lassen sich noch keine aussagekräftigen Analysen erstellen.

ITSM, ITIL und Co. in Bildern
ITSM
ITSM steht als Kürzel für IT-Service-Management. Wikipedia definiert ITSM als „Gesamtheit von Maßnahmen und Methoden, die nötig sind, um die bestmögliche Unterstützung von Geschäftsprozessen (GP) durch die IT-Organisation zu erreichen“. ITSM beschreibe insofern den Wandel der Informationstechnik zur Kunden- und Serviceorientierung. Das ist soweit eine nachvollziehbare und gängige Definition, aber keineswegs die einzige. Eine andere findet sich im Glossar der aktuellen Version ITIL 2011. Demnach meint ITSM die Implementierung und das Management von qualitativen IT-Services, die den Anforderungen des Business genügen.
ITIL
ITIL – Kürzel für IT Infrastructure Library – wurde ursprünglich seit den 1980er-Jahren von einer britischen Regierungsbehörde entwickelt. Die bis 1998 vorliegenden Dokumente der Sammlung von vordefinierten und standardisierten Prozessen, Funktionen und Rollen wurden nachträglich zur Version 1 erkoren. Bis 2003 lag Version 2 vor. 2007 folgte eine dritte Version, die als ITIL V3 bekannt wurde. Diese wurde bis 2011 aktualisiert und unter dem Namen „ITIL 2011 Edition“ veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die bisher aktuellste Version der Best Practice-Sammlung, die jeweils an die individuellen Voraussetzungen des Anwender-Unternehmens angepasst werden muss.
Change Management
Durch eine Reduzierung von Vorfällen und Problemen bei Veränderungen ergeben sich im Ideal direkte positive finanzielle Effekte. Zu den Vorteilen zählen außerdem ein bessere Steuerung von Veränderungen und eine verbesserte Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg, was mit einer verbesserten Risiko- und Folgenbewertung von Veränderungen einhergeht.
Incident Management
Das Incident Management umfasst Ereignisse, die ein ordentliches Erbringen des Services gefährden, stören oder unmöglich machen. Das Ziel ist es, die gewünschte Servicequalität so schnell wie möglich wiederherzustellen. Die geschäftlichen Auswirkungen von Vorfällen sollen minimiert werden.
Service Desk
"Der einzige Kontaktpunkt zwischen dem Service Provider und den Usern“, definiert ITIL 2011. "Ein typisches Service Desk managt Incidents und Service-Anfragen und übernimmt außerdem die Kommunikation mit den Nutzern." Ein Service Desk soll dabei helfen, immer Sinne einer maximalen Business-Produktivität Probleme schneller zu beheben und die IT-Ressourcen optimal einzusetzen.

Mit dem Start des Regelbetriebs sollte die Erfassung der Kennzahlen starten und in regelmäßigen Abständen ausgewertet werden. Moderne ITSM-Tools bieten sogar Benutzeroberflächen und Dashboards, mit denen sich eine Abweichung von Sollwerten im laufenden Betrieb erkennen lässt.

Die Bewertung des Service Management sollte idealerweise durch dieselben Teams durchgeführt werden, die für die Definition der Anforderungen und KPIs verantwortlich waren. Im Anschluss lassen sich die im Alltagsgeschäft eingetretenen Veränderungen auch monetär bewerten: Durch eine Verringerung des Ticketaufkommens für Business-Anwendungen sinken beispielsweise die Kosten für den notwendigen Anwendungssupport. Gleiches gilt für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder das Onboarding von Lieferanten über spezielle Self-Service-Portale.

Durch strategisch angelegtes Service Management werden inzwischen sogar Prozesse außerhalb der IT optimiert – beispielsweise durch eine automatisierte Erstverarbeitung eingehender Bewerbungsunterlagen.

Fazit: Erfolgsmessung ist Chefsache

Eine zuverlässige Erfolgsmessung von Service-Management ist eng mit einer guten Vorbereitung verbunden – eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ist dabei wichtiger denn je. Verantwortliche Führungskräfte sind dreifach gefordert: Sie müssen einerseits Service-Management-Projekte zunächst an die Leitungsebene „verkaufen“ und später aktiv vorantreiben.

Gleichzeitig werden sie eng in die Umsetzung involviert, müssen passende Teams zusammenstellen und deren Zusammenarbeit moderieren. Nach Projektabschluss sind sie zudem für die Erfolgsmessung verantwortlich. Diese Position sollten also nur starke Persönlichkeiten übernehmen, die vom Nutzen eines strategischen Service-Managements überzeugt sind.