Potenziale, Ansätze, Erfolgsfaktoren

Wie sich Digitalisierung rechnet

11.03.2024 von Jan Rodig  IDG ExpertenNetzwerk
Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern soll letztendlich eine Wertsteigerung des Unternehmens bewirken. Eine Studie gibt Aufschluss über Potenziale, Ansätze und Erfolgsfaktoren.
Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss sich auszahlen.
Foto: William Potter - shutterstock.com

Einst eine rein technische Entwicklung, hat sich Digitalisierung längst zu einem entscheidenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung von Unternehmen entwickelt. Digitalisierung um der Digitalisierung willen ist allerdings nicht zielführend. Deshalb steht die digitale Wertsteigerung immer häufiger im Fokus. Doch wie genau lässt sich diese erreichen und welche Voraussetzungen braucht es dafür?

Mit dieser Frage beschäftigt sich eine aktuelle Studie, die Struktur Management Partner in Zusammenarbeit mit SAP, Exxeta sowie der WHU - Otto Beisheim School of Management durchgeführt hat. In deren Rahmen konnte bislang ein differenziertes Bild über mehr als 1.000 Unternehmen gewonnen werden, die im Besitz von Family Offices als auch Private Equity-Investoren sind. Folgender Beitrag wirft einen Blick auf die ersten Erkenntnisse.

Wertsteigerung durch Digitalisierung

Der Begriff der digitalen Wertsteigerung ist grundsätzlich viel weiter gefasst als der Begriff der Digitalisierung, der sich lediglich auf den Prozess der Umwandlung von analogen Informationen in ein digitales Format, beziehungsweise die Nutzung digitaler Daten zur Vereinfachung und Verbesserung von Geschäftsprozessen bezieht.

Digitale Wertsteigerung unterscheidet sich auch grundlegend vom Begriff der digitalen Transformation. Im Fokus steht die Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahmen, das heißt die tatsächliche Steigerung der finanziellen Leistung, beziehungsweise des Wertes eines Unternehmens durch die Verwendung digitaler Technologien und Ansätze.

Dies kann grundsätzlich auf zwei Wegen geschehen, nämlich:

Bei der Frage nach den Erwartungen an den Einsatz digitaler Möglichkeiten liegt Option Eins vorne: 84 Prozent der Befragten erwarten hier durch den Einsatz digitaler Technologien vor allem eine signifikante Steigerung der Effizienz. Gleichzeitig sehen es aber auch 76 Prozent als bedeutend an, mit digitalen Technologien die Prozesse innerhalb des Unternehmens zu beschleunigen und 72 Prozent finden es entscheidend, mit der digitalen Weiterentwicklung auch neue Einnahmequellen erschließen zu können.

Letztlich geht es bei allen Maßnahmen um das finanzielle Ergebnis von Digitalisierung beziehungsweise digitaler Transformation. Am Ende muss es sich rechnen – und laut Studienteilnehmer tut es das auch:

Grundlagen für digitale Wertsteigerung

Bevor Unternehmen Wertsteigerung durch digitale Maßnahmen generieren können, sollten sie den Blick auf die zentralen „Enabler“ richten, die dafür der Schlüssel sind: IT-Architektur & IT-Systeme, Cybersicherheit, grundlegende Fachkompetenzen, Organisationsdesign, kulturelle Aspekte bzw. die entsprechende Mentalität, das digitale Ökosystem, die richtigen Partner, und, da solche Initiativen oft mit großen Umstellungen und Veränderungen verbunden sind, gelungenes Change-Management.

Diese Einflussfaktoren müssen sehr sorgfältig bedacht werden, da digitale Wertschöpfungsinitiativen in der Regel erhebliche Veränderungen in mindestens einem dieser Bereiche erfordern, um erfolgreich zu sein. Bezüglich der Bedeutung dieser verschiedenen Bereiche ergab die Studie folgendes Ergebnis:

Entwicklung einer "digitalen DNA"

Der wichtigste Enabler, der kulturelle und organisatorische Wandel, beinhaltet vor allem die Entwicklung einer „digitalen DNA" – für 67 Prozent der Befragten eine Top-Priorität. Nach unserer Definition besteht sie aus drei Elementen, nämlich:

  1. Kundenzentrierung: Die konsequente Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen mit Fokus auf den Kunden. Das Ziel dabei ist, den Kunden durch einen klaren Nutzen und eine hohe Benutzerfreundlichkeit ein hervorragendes Erlebnis zu bieten. Was trivial klingen mag, ist in der Praxis oft schwer zu erreichen. Traditionelle Produktentwicklungsprozesse müssen oft völlig neu gedacht und gestaltet werden, um die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Das stellt einen Paradigmenwechsel dar, den erfahrungsgemäß viele Manager unterschätzen.

  2. Datengetriebene Entscheidungen: Entscheidungen im Unternehmen werden auf Basis aussagekräftiger Daten getroffen und basieren nicht auf Bauchgefühlen, persönlichen Vorlieben oder hierarchischen Strukturen.

  3. Agilität: Arbeit muss iterativer werden. Anstatt neue Produkte zu perfektionieren, bevor sie auf den Markt kommen, werden Funktionalitäten schrittweise nach den wichtigsten Kundenanforderungen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit entwickelt, beginnend mit einem Minimum Viable Product (MVP). Dies erfordert interdisziplinäre, abteilungsübergreifende und sich selbst organisierende Teams.

Alle drei Elemente der digitalen DNA entfalten erst in Kombination ihre volle Kraft: Auf dem Weg zu mehr Kundenorientierung muss das Unternehmen eine große Menge an verlässlichen Daten sammeln und diese Erkenntnisse anschließend in agilen Entwicklungsprozessen nutzen.

Digitale Werthebel nutzen

Wenn es um die Umsetzung geht, stehen Unternehmen folgende drei digitale Werthebel zur Verfügung, um mit digitalen Technologien und Ansätzen einen finanziellen Mehrwert zu schaffen:

Was die eigene Expertise in diesen Bereichen betrifft, ergibt die Befragung ein interessantes Ergebnis: Während sich 44 Prozent der befragten Unternehmen im Bereich Digitale Services und Geschäftsmodelle die höchsten Kompetenzen zuschreiben, liegt dieser Wert hinsichtlich der Prozessdigitalisierung bei nur 33 Prozent.

Oder anders ausgedrückt: Je höher das wahrgenommene Potenzial, desto geringer die wahrgenommene eigene Kompetenz.

Gleichzeitig schätzen die Befragten ihre eigenen Fähigkeiten in diesem Bereich systematisch höher ein als die Fähigkeit ihrer Branche, die Chancen der digitalen Wertschöpfung zu nutzen – sie sehen sich also in der Regel besser aufgestellt als ihre Marktbegleiter.

KI: Zukunftsmusik im Bereich digitale Wertsteigerung

Beim Blick auf eines der wichtigsten aktuellen Themen, die Künstliche Intelligenz, beziehungsweise deren Relevanz, sind die Antworten relativ klar: Während nur 26 Prozent der Befragten zustimmen, dass sie KI bereits nutzen, planen 80 Prozent der Befragten, KI in Zukunft verstärkt einzusetzen.

Da sich die Nutzung von KI sich also aktuell noch in engen Grenzen bewegt, sehen die Investoren darin enormes Potenzial für die digitale Wertschöpfung in der Zukunft. In Bezug auf die verschiedenen digitalen Werthebel schreiben die Befragten das größte KI-Potenzial dem Bereich der Prozessdigitalisierung zu. Aber auch digitales Marketing und Vertrieb sowie digitale Dienstleistungen werden als Bereiche gesehen, die vom Einsatz von KI-Technologien profitieren.

Noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden

Die Bedeutung digitaler Wertsteigerung wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen – dies bestätigt auch eine große Mehrheit (90 Prozent) der Studienteilnehmer. Entscheidend wird nun sein, die entsprechenden Kompetenzen innerhalb der Unternehmen aufzubauen und konsequent am Kulturwandel zu arbeiten.

Doch obwohl die Potenziale erkannt werden, zeigt die Studie auch, dass derzeit nur gut 40 Prozent der Befragten mit der digitalen Wertsteigerung in den Unternehmen zufrieden sind. Positiv formuliert lässt sich festhalten: Es gibt noch signifikante ungenutzte digitale Wertsteigerungspotenziale in den Tausenden von Finanzinvestoren gehaltenen deutschen mittelständischen Unternehmen. (mb)

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