Planung und Budgetierung von IT-Projekten

Zeit und Geld wird verschwendet

14.12.2009 von Werner Kurzlechner
Viele Unternehmen vergeuden unnötig Zeit und Geld mit der Planung und Budgetierung von IT-Projekten. Zwei aktuelle Studien lassen auf ein dramatisches Ausmaß schließen.

Die letzten Planungen für 2010 laufen, ein für die meisten Unternehmen schwieriges Jahr geht zu Ende. CIOs und CFOs mussten sich häufig zusammenraufen und unvermeidliche Maßnahmen zur Verschlankung und Effizienzsteigerung umsetzen. Einfacher und reibungsfreier dürfte das kommende Jahr trotzdem nicht werden. Es gilt, unterhalb der Oberfläche effizienter zu werden. Denn die Krise hat zweifelsfrei aufgezeigt, dass viele Prozesse in den Unternehmen besser ablaufen könnten. Aus dieser Lehre gilt es schlau zu werden, bis der Aufschwung kommt - und darüber hinaus.

Wie also geht es im neuen Jahr weiter? Die Analysten von Capgemini vermelden, dass die IT-Budgets 2010 wieder leicht ansteigen. Das eröffnet Spielräume, um strukturelle Veränderungen auch wirklich in Angriff nehmen zu können.

CIOs froh über eingeleitete Maßnahmen

Eine aktuelle Studie des Beratungshauses BearingPoint legt nahe, dass die CIOs dazu zu einem guten Teil gewillt sind. BearingPoint befragte deutsche CIOs, von denen fast die Hälfte ein für CFOs womöglich überraschendes Selbstverständnis offenbart: Sie klagen nicht über gestrichene Gelder, sondern zeigen sich im Gegenteil froh über eingeleitete Veränderungen. Seit langem schon hätten sie auf Fehlentwicklung hingewiesen, ohne Gehör zu finden, sagen sie.

Erst der äußere Zwang der Krise hat demnach die Vorstände zum Zuhören bewegt; auch die CFOs. Wie immer sich das im Einzelfall abgespielt haben mag: Eine Kernbotschaft des zu Ende gehenden Jahres lautet sicher, dass man sich gegenseitig besser zuhören sollte. Und immerhin können CFOs, auch wenn sie der Einschätzung ihrer IT-Chefs nicht zustimmen wollen, deren Entschlossenheit zu notwendigem Wandel auf der Habenseite verbuchen.

Erst werden Projekte gesammelt, dann wieder gestrichen

Für CFOs und CIOs, die weiter nach Möglichkeiten der Verschlankung und Effizienzsteigerung suchen, ist eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung Diamond’s Digital unter 450 Business- und IT-Managern interessant. Sie legt eine erhebliche Zeit- und damit auch Geldverschwendung in den Planungs- und Budgetierungsprozessen der Unternehmen offen.

Plastisch wird das am Beispiel eines Finanzdienstleisters, der zu den Kunden von Diamond’s Digital zählt. In diesem Unternehmen verläuft laut Analyse der Berater die Hälfte der für die IT-Planung veranschlagten Arbeitszeit im Sand: wegen Mängeln in der Organisation. Konkret läuft es in diesem Hause so: Die IT-Verantwortlichen erarbeiten mit den jeweiligen Fachabteilungen eine Liste mit Projekten, die für das kommende Jahr sinnvoll wäre. Auf dieser Grundlage erstellen sie eine Master List. Diese übersteigt das Budget um das Drei- bis Fünffache und es nimmt dann noch einmal genau so viel Zeit in Anspruch, die Liste an die Vorgaben des CFOs und seiner Mitarbeiter anzupassen. Ein zeitraubendes, kostenintensives Verfahren, dass auch subjektiv für die Beteiligten unerfreulich ist.

240 Arbeitswochen für Planung und Budgetierung von IT-Projekten

So wie bei diesem Finanzdienstleister sollten Prozesse nicht ablaufen - allerdings ist diese Unternehmen leider kein Einzelfall. Im Durchschnitt benötigen die von Diamond’s Digital befragten Unternehmen für ihre jährliche Planung und Budgetierung auf einen einzelnen Mitarbeiter umgerechnet 240 Arbeitswochen: ein einzelner Manager wäre also fünf Jahre nur mit diesen Prozessen beschäftigt. Ein Viertel der Zeit entfällt auf das Sammeln von Projektideen, die nur zum Bruchteil verwirklicht werden; ein weiteres Viertel auf die Vorbereitung von Business Cases. Nur 15 Prozent werden hingegen dafür verwendet, die Initiativen mit der strategischen Roadmap zu verzahnen. Überhaupt hätten nur 37 Prozent der Unternehmen eine derartige Richtschnur für die Steuerung ihrer IT-Projekte, so Diamond’s Digital.

IT-Lösungen wie im Reisebüro anbieten

Nicht nur dieses Beratungshaus zeigt, dass in diesem Bereich etwas im Argen liegt. Wie www.computerworld.de berichtet, kritisiert aktuell auch das Research-Team CIO Executive Board die ausgeprägte Ineffizienz des jährlichen Budgetierungsprozesses. Demnach gehen 6 bis 11 Prozent des IT-Budgets für vergeudete Arbeitszeit, abgebrochene Projekte und Überarbeitung wegen überzogener Budgetrahmen drauf.

Andrew Howe, Forschungsdirektor des CIO Executive Boards, empfiehlt als einen Weg aus der Misere "Lean Planning": einen schlanken Top-Down-Prozess, der nur einen Bruchteil der Einzelheiten üblicher Budgetpläne enthält und angesichts der ökonomischen Unsicherheit die nötige Flexibilität verspricht.

Business Alignment in Reinkultur

Chris Curran, CTO von Diamond’s Digital, rät ebenfalls zur klaren Steuerung von oben statt aufwändigem Sammeln an der Basis. Am Anfang sollten klar definierte Anforderungen der Business-Seite an die IT stehen. Der CIO ist zur Umsetzung verpflichtet, entwickelt aber aus den Vorgaben selbständig den Projektfahrplan für mehrere Jahre - letztlich Business Alignment in Reinkultur.

Was CIOs selbst dafür tun können, dass die Zusammenarbeitern etwa mit CFOs künftig besser klappt, hat vor einiger Zeit ein User im Forum von www.cio.de schön beschrieben. Statt alleine selig machende IT-Projekte anzupreisen und durchboxen zu wollen, sollte der IT-Chef wie ein Reiseanbieter auftreten. An den Urlaubsort kann man mit dem Fahrrad, dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug kommen - alles hat seine Vor- und Nachteile und einen unterschiedlichen Preis. Genauso sei es zwischen IT und Business. Die IT müsse eine Transportleistung anbieten, kein Fahrzeug, so der User: "Wir müssen unsere Lösungen in ähnlicher Weise anbieten wie das Reisebüro."