Benchmark-Studie der TU Berlin

Zu viele Projekte sind tödlich

29.02.2008 von Andreas Schmitz
Boni und Incentives besonders für Projekt-Manager verhelfen Top-Unternehmen zu besseren Erfolgen im Projekt-Management. Doch sehen die Befragten der dritten Benchmark-Studie der TU Berlin noch großen Handlungsbedarf bei der Einbindung des mittleren Managements und beim Portfolio.

Projekte richtig auf die Spur und zu Ende zu bringen ist nicht die Stärke hiesiger Unternehmen: Nur zwölf Prozent von 374 Befragten aus 132 Unternehmen meinen, die richtige Anzahl an Projekten abzuwickeln, so das Ergebnis der dritten Multiprojekt-Management-Studie der TU Berlin. Nur knapp jedes fünfte Unternehmen bricht Projekte, die sich als unnötig herausstellen, konsequent ab. Und beim Alignment ist einiges im Argen: Nur knapp jeder dritte Befragte hält die für Projekt-Management verteilten Ressourcen für strategiekonform.

Dabei sehen 45 Prozent der Befragten einen starken Einfluss des Portfolio-Managements auf den Geschäftserfolg. "Die Unternehmen gehen das Thema zu operativ an, für die Top-Performer ist es hingegen von strategischer Bedeutung", konstatiert Henning Dammer, der die dritte Benchmark-Studie der TU Berlin geleitet hat. Ein Missverhältnis, das seine Gründe hat.

Denn offenbar nutzen die Verantwortlichen die Methoden, die ihnen für die Abwicklung von Projekten zur Verfügung stehen, viel zu wenig. Auf einer Skala von eins (keine Zustimmung) bis sieben (volle Zustimmung) kam der Einsatz von Bubble-Diagrammen zur Visualisierung der Bedeutung und Klassifizierung von Projekten gerade einmal auf einen Wert von etwas mehr als zwei. Abhängigkeitsmatrizen, die die Zusammenhänge zwischen Projekten verdeutlichen, nutzen (bei einem Umfragewert von knapp über drei) fast ebenso wenige Unternehmen wie ein Scoring-Verfahren. Der Einsatz von Roadmaps landete mit einem Wert von etwa 4,5 genau im Mittelfeld. "Hier gab es den größten Handlungsbedarf", kommentiert Projekt-Management-Kenner Dammer, der den Soll-Wert für die Unternehmen bei 6,0 ansetzt - ein weiter Weg.

"2-" für die Chefetage

Etwas besser steht es um den Portfolioprozess. Immerhin zwischen vier und fünf landeten die wichtigsten von der TU Berlin definierten Kriterien von der "strategischen Integration", die der TU-Wissenschaftler Dammer als erfolgskritisch einstuft, über das "Portfolio-Controlling" und die "Prozessformalisierung" bis hin zum "Projektportfolio-Management als Führungsinstrument". In der Benotung für die Chefetage fiel immerhin ein ums andere Mal die Marke 5,0, was in etwa der Schulnote "gut minus" entspricht.

Es stellte sich heraus, dass das Top-Management nach Ansicht der Befragten - einem paritätischen Mix aus Entscheidern und Koordinatoren - eine zentrale Rolle bei der Auswahl von Projekten spielt und fähig ist, bei Problemfällen und Eskalationen relativ schnelle und unkomplizierte Entscheidungen zu treffen.

Definierte Regeln oft ausgehebelt

"Der Soll-Wert von 6,0 ist allerdings noch lange nicht erreicht", kommentiert Dammer. Hinzu kommt, dass sich die Top-Entscheider offensichtlich viel zu wenig um die Einhaltung von Regeln kümmern, die für das Projekt-Management definiert wurden - obwohl die Wissenschaftler der TU Berlin gerade in diesem Punkt eine besonders hohe Bedeutung für den Erfolg von Projekten ausmachen. "Entscheidungen werden im Vorbeigehen getroffen und vorher definierte Prozesse schlicht missachtet", so TU-Mann Dammer. "Dabei ist es wichtig, die Projekte gesamtheitlich zu sehen. Das ist oft total ausgehebelt."

Eines ist auf jeden Fall deutlich geworden: Sofern das Unternehmen seinen Managern Incentives und Boni für erfolgreiche Projekte in Aussicht stellt, ist der Erfolg quasi schon eingetütet. Mehr als die Hälfte aller Top-Performer unter den 132 Unternehmen vertrauen auf Portfolioprämien, während dies nur 17 Prozent der "low performer" tun.