Rollen von CEO, CIO und CDO

10 Trends in der Digitalisierung

11.01.2016 von Werner Kurzlechner
PwC in hat mit seinem Global Digital IQ Survey nachgeschaut, wie weit die Digitalisierung in Unternehmen angekommen ist. Der CEO wird dabei immer wichtiger.
  • Zwischen CIO und CMO harmoniert es nicht
  • CEOs treiben digitale Investitionen voran – mitunter kompromisslos
  • Top-Performer wollen auch externe Daten nutzen
  • Cybersecurity benötigt proaktives Handeln
Worum genau geht es bei der Digitalisierung? Die Grafik zeigt, dass CMOs hierzu anders ticken als CIOs.
Foto: PwC

Intelligenz-Tests kann man mittlerweile bequem und zur Zerstreuung im Internet erledigen. Das Schema der abgefragten Kombinationsbausteine hat man zwar in der Regel bald durchschaut, aber dennoch: Offenbar prüfen viele User gerne immer mal wieder die Höhe ihres Intelligenz-Quotienten (IQ). Beliebig in die Höhe schrauben lässt der sich leider nicht. Und genau das ist beim "digitalen IQ" sicherlich anders.

Die Analysten von PricewaterhouseCoopers (PwC) haben herausgefunden, dass er lediglich aus zehn Elementen besteht - den "zehn Attributen, die den digitalen Wachstumsmotor befeuern". Diese können Unternehmen selbstverständlich ausbauen, sofern sie lernfähige Organisationen sind. Nach Einschätzung von PwC werden viele Firmen genau das auch müssen. Es sind noch einige Stellschrauben zu drehen, um den digitalen Wachstumsmotor nachhaltig leistungsstark zu machen.

Aus Investitionen müssen jetzt Gewinne werden

Das geht hervor aus der aktuellen Umfrage Global Digital IQ Survey - einer Studie, die PwC seit 2007 durchführt. Der Titel lautet in diesem Jahr "Lessons from digital leaders. 10 attributes driving stronger performance". Knapp 2000 Business- und IT-Verantwortliche aus aller Welt haben die Berater dafür befragt.

Angesichts der Hochkonjunktur des Themas Digitalisierung überrascht es nicht, dass immer mehr Unternehmen mit wachsendem Eifer in dieser Richtung aktiv sind und werden. Offenbar geschieht das aber allzu oft recht kopflos. "Unsere Digital IQ-Untersuchungsergebnisse waren noch nie relevanter als jetzt", meinen die Studienautoren. "Während die Unternehmen weiterhin stark in digitale Technologie investieren und Kunden, Mitarbeiter, Shareholder und Vorstandsetagen ihre Erwartungen steigern, sind die Management-Teams unter Druck geraten, aus den erklecklichen Investitionen echte Gewinne zu machen." Man darf das als einen Hinweis der Autoren verstehen, sich nicht blind ins Abenteuer Digitalisierung zu stürzen. Als allererstes müsse klar das vorherrschende digitale Klima verstanden werden.

Bitkom über die Digitalisierung der Arbeitswelt
Arbeiten von zu Hause aus
Im Arbeitsalltag wollen deutsche Entscheider ihre Mitarbeiter lieber im Büro sitzen sehen, als sie ins Home Office zu schicken. Das zeigt eine Studie des Branchenverbandes Bitkom mit dem Titel „Digitalisierung der Arbeitswelt“. Rund 1.500 Geschäftsführer und Personalentscheider verschiedenster Branchen haben daran teilgenommen.
Anwesenheit ist oft Pflicht
In drei Vierteln der Unternehmen (75 Prozent) besteht nach wie vor Anwesenheitspflicht für alle Mitarbeiter.
Bedeutung des Büroarbeitsplatzes
Sieben von zehn Befragten sind denn auch davon überzeugt, dass der klassische Büroarbeitsplatz in seiner Bedeutung konstant bleiben wird.
Home Office nicht vorgesehen
Hier haben die Autoren der Umfrage nach den Gründen geforscht. Fazit: Knapp zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) erklären, die Arbeit vom Home Office aus sei "generell nicht vorgesehen".
Künftig mehr Freie
Ohne eine Flexibilisierung der Arbeitsplatzstrukturen wird es aber nicht gehen. Denn 31 Prozent der Befragten wollen künftig stärker als bisher mit freien Mitarbeitern kooperieren.
Vorteile externer Spezialisten
In solche Kooperationen setzen die Befragten große Erwartungen. 73 Prozent erwarten, dass das Innovationstempo steigt. 67 Prozent freuen sich auf einen interessanteren Arbeitsalltag.
Chancen der Digitalisierung
Grundsätzlich schreiben die Befragten der Digitalisierung große Vorteile zu.

3 Bremsen der Digitalisierung

Firmen, die hinsichtlich ihres digitalen IQ vorne sind, erreichen laut Studie im Vergleich mit Nachzüglern mit doppelter Wahrscheinlichkeit ein schnelleres Umsatz- und Gewinnwachstum. Und es sind nach Ansicht von PwC derzeit drei Faktoren, die weithin einen Erfolg verhindern:

1. Digitalisierung ohne Blick in die Zukunft: Die Investitionen der Firmen erfolgen laut PwC nicht, um die eigene oder andere Branche in erschütternder Weise umzugestalten. Der tendenziell konservative Blick richtet sich nicht auf die Möglichkeiten der Zukunft, sondern verharrt in der Gegenwart. "Die Unternehmen sind fast in Gänze darauf fokussiert, die Digitalisierung als Mittel zum Wachstum ihrer bestehenden Geschäftsmodelle anzuwenden - und diese kurzsichtige Sichtweise stimmt nachdenklich", kommentiert PwC.

2. Zerrissenheit innerhalb der Firmen: Inhaltlich gibt es also eine ausgeprägte Scheu vor tiefgreifenden Veränderungen. Im organisatorischen Innenleben finden diese dafür längst statt und gehen mit einem Gefühl der Zerrissenheit einher. Der Wunsch der Unternehmensspitzen, aus der Digitalisierung Kapital zu schlagen, sei so stark, dass das Betriebsmodell in den Firmen aus den Fugen gerate, konstatiert PwC. Das zeige sich an umgeschichteten Ausgaben, neuen digitalen Rollen und unbestimmten Arbeitsbeziehungen.

3. Bremsfaktor Slow-Tech: Die Rückständigkeit gegenüber Markt- und Organisationsentwicklung erfordert nach Ansicht der Berater ein Umdenken und ein verändertes Agieren. Orientieren müsse man sich an flinken Start-ups. Nötig sei eine Beschleunigung bei produktiven Beziehungen über Funktionsgrenzen hinweg, beim Lernen, beim Schließen von Partnerschaften und bei der Entwicklung von Skills.

CIO hat künftiger seltener den Hut auf

Den CIO tangiert die Entwicklung - auch wenn sie noch nicht überall in die richtige Richtung geht - in wachsendem Maße. So fallen laut Studie in diesem Jahr 68 Prozent der IT-Ausgaben nicht in das Budget der IT. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein immenser Sprung, seinerzeit waren es nur 47 Prozent. Die Verantwortung für die digitalen Ausgaben liegt zu 34 Prozent beim CEO, zu 27 Prozent beim CIO, zu 14 Prozent beim Chief Digital Officer (CDO) und zu 12 Prozent beim CFO. Der Trend zum CDO ist laut PwC aber vor allem im Mittleren Osten stark. In Westeuropa und Nordamerika habe zumeist der CIO den Hut bei digitalen Investitionen auf.

Dass einerseits seit einiger Zeit mancherorts die neue Position eines CDO eingerichtet wird, andererseits der CEO - von PwC im Übrigen durchaus begrüßt - die Digitalisierung immer häufiger zur Chefsache macht, bleibt natürlich nicht folgenlos für den CIO. Derzeit sagen zwei Fünftel der Befragten, dass der IT-Chef primär alle momentanen digitalen Aktivitäten führt. Dieser Anteil soll in den kommenden drei Jahren auf 35 Prozent fallen.

Rolle des CIOs wird gestärkt

Nun könnte man an dieser Stelle die alte Litanei vom bevorstehenden Bedeutungsverlust des CIOs anstimmen. Oder daran denken, dass das Abendland immer noch nicht untergegangen ist. Offenbar ist damit zu rechnen, dass die Digitalisierung keine alleinige Baustelle des CIOs bleiben wird. Negativ muss diese Entwicklung aber nicht zwingend sein. Wenn sämtliche Abteilungen und die Unternehmensführung die Bedeutung der IT erkennen, kann das die Rolle ihres Chefs auch stärken. Die Befragten rechnen zu 36 Prozent damit, dass der CIO in drei Jahren sowohl IT-Aktivitäten als auch das wichtige Feld der Innovation leiten wird - ein Anstieg, denn aktuell liegt der Anteil nur bei 32 Prozent.

Festzuhalten ist außerdem, dass der CIO im CDO inhaltlich einen Bruder im Geiste gewinnt. Denn die Frage, was Digitalisierung denn konkret bedeutet, ist keineswegs trivial, sondern letztlich eine der Deutungshoheit. CIOs sortieren den Begriff so: Für die Hälfte der IT-Chefs geht es dabei um technologische Innovation, für jeweils 41 Prozent um die IT an sich und um technologische Investitionen in den Fachbereichen. Ein Drittel verbindet mit dem Begriff kundenorientierte Technologien, 14 Prozent Daten- und Analysearbeit.

CIO und CDO denken sehr ähnlich

Warum also sind diese Studienergebnisse eine Frage von Geistesverwandtschaft? Nun, weil es noch andere Player gibt, denen man egozentrischere Wahrnehmung unterstellen darf - CMOs zum Beispiel. Für sie geht es bei der Digitalisierung zu 49 Prozent um kundenorientierte Dinge. Dass alle Fachbereiche vor oder in einem IT-technologischen Wandel stehen, ist nur jedem vierten Marketingchef bewusst. Die Sichtweise von CDOs unterscheidet sich demgegenüber kaum von jener der IT-Chefs. Insofern sind CIOs wie CDOs prädestiniert dafür, einer allzu verengten Perspektive auf das Thema entgegenzuwirken. Und das dürfte eine Voraussetzung für den Erfolg der begonnenen Aktivitäten in Sinne des Erfolgs für das Gesamtunternehmen sein.

Telefonica-CIO Andreas Pfisterer und andere über den Chief Digital Officer
Diskussion um den CDO
Braucht ein Unternehmen einen dezidierten Chief Digital Officer (CDO) oder ist Digitalisierung Aufgabe des CIO - dazu gibt es unterschiedliche Positionen.
Andreas Pfisterer, vormals CIO bei Telefonica
Andreas Pfisterer ist (mittlerweile ehemaliger) CIO der Telefónica Germany GmbH & Co. Er nahm die Digitalisierung seines Unternehmens selbst in die Hand. Pfisterer verstand sich dabei als Enabler und aktiver Gestalter. In dieser Rolle beriet er sowohl den CEO als auch jeden, der das operative Geschäft verantwortet. Seine These: Der klassische CIO, der sich in erster Linie um Rechenzentrum, Server, Netze und Anwendungs-Entwicklung kümmert, ist ein Auslaufmodell.
Frank Ridder, Gartner
Frank Ridder ist Analyst beim Marktforscher Gartner. Seine These: Der CIO kann die Digitalisierung nur dann selbst managen, wenn er sein klassisches Tagesgeschäft abgibt.
Alexander Wink, Korn Ferry
Alexander Wink ist Senior Client Partner und Member of the Global Technology & Industrial Practice beim Headhunter Korn Ferry. Viele seiner Kunden, die einen CDO suchen, haben nur ungenaue Vorstellungen vom Anforderungsprofil. Die Rolle eines CDO ist einfach noch nicht ausgereift.
Harald Linné, Atreus
Harald Linne ist Geschäftsführer beim Interim-Management-Anbieter Atreus. Er beobachtet ein steigendes Interesse der Unternehmen an Interim Managern, die Digitalisierungsprojekte stemmen sollen. Im Gegensatz zu Beratern, die Erkenntnisprobleme lösen sollen, werden Interim Manager wegen Umsetzungsproblemen geholt und typischerweise in der Linie eingesetzt.
Wilfried Lyhs, Interim Manager
Wilfried Lyhs von Hilderts & Partner ist Interim Manager. Seine Erfahrung: "Digitalisierung des Unternehmens ist derzeit ziemlich hype. Ich glaube allerdings, dass viele Unternehmen, vornehmlich mittelständische, Entwicklungsbedarf in ihren Prozessen und ihrer IT haben. Diese sind noch als Vorstufe zur 'Digitalisierung' zu betrachten."

Entscheidend ist der CEO

Das gilt umso mehr für die zehn Kriterien, die nach PwC-Erkenntnis entscheidend für einen hohen digitalen IQ sind. Diese sind:

1. Der CEO als Champion: PwC betont, dass bereits in der ersten Ausgabe der Studie 2007 die entscheidende Korrelation festgestellt wurde. Wenn der CEO die Digitalisierung zur Chefsache macht, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer stärkeren finanziellen Performance. Ein wichtiger Grund dafür: CEOs verfolgen ambitionierte Ziele, bei denen digitale Aktivitäten helfen sollen, und sie priorisieren Umbrüche höher als andere Vorstandsmitglieder. Eine aktuelle Entwicklung ist das wachsende Engagement der gesamten Vorstandsetage für eine digitale Strategie. Immer häufiger werden in der Folge CIOs zu formellen Sitzungen eingeladen.

2. Digitale Leader bestimmen die Strategie: In Firmen mit hohem digitalen IQ gibt der CEO die Vision vor. Operativ umgesetzt wird sie im Rahmen einer Geschäftsstrategie dann zumeist von CIOs oder CDOs. Manchmal sind aber die Strukturen zu kompliziert, um diesen Königsweg ad hoc zu gehen. PwC empfiehlt für diese Fälle digitale Gremien, in den etwa CIOs und CMOs zusammenarbeiten.

3. Engagement allenthalben: CEOs und CIOs/CDOs sind zwar die idealen Visionäre und Macher. Aber auch die übrigen C-Level-Manager bringen sich in führenden Firmen ein - zum Beispiel durch Maximierung ihrer IT-Investitionen oder das Aufzeigen von zu behebenden Sollbruchstellen. Die Zusammenarbeit im Vorstand ist also ein wichtiger Faktor. Die Achillesferse dabei ist laut PwC häufig das Verhältnis von CIO und CMO, das nur in 54 Prozent der Unternehmen fruchtbar ist.

4. Die Strategie wird unternehmensweit geteilt: Hier gibt es Fortschritte zu vermelden. Geschäftliche und digitale Strategien sind laut Studie inzwischen in 69 Prozent der Firmen unternehmensweit als Richtschnur etabliert; im vergangenen Jahr war das lediglich in 55 Prozent der Unternehmen der Fall.

5. Der Outside-in-Ansatz: Die Top-Performer heben besser als andere das Innovationspotenzial an ihren Rändern. Sie sind offen für technologische Einsatzpotenziale, die ihnen Kunden oder IT-Partner aufzeigen.

6. Triebfeder komparativer Vorteil: Potenziale gilt es dahingehend zu filtern, wo sie am vielversprechendsten in geschäftlicher Hinsicht sind. Die größte strategische Bedeutung in den kommenden Jahren haben laut Studie diese Technologien: Cybersecurity, Data Mining & Analyse, Datenvisualisierung, Private Cloud und Digital Delivery. Zum Teil werde auch auf ausgefallenere Dinge gesetzt wie NoSQL-Datenbanken oder Enterprise Wearables.

7. Effektive Nutzung von Firmendaten: Wert generieren Daten meist dann, wenn man sie als Grundlage für strategische Entscheidungen nutzt. Die Umsetzung scheitert nach den Erfahrungen der Befragten nicht an der Sammlung von Daten, sondern an den Hürden eingeschliffene Verhaltensweisen und Skills. Zum Beispiel wird nicht verstanden, welche Daten genutzt werden könnten und wofür. Top-Performer haben dazu offenbar klarere Vorstellungen. 78 Prozent halten Daten von Dritten für potenziell attraktiv, 70 Prozent Cloud Application-Daten, 69 Prozent Social Media-Daten und 64 Prozent Lokalisierungsdaten.

8. Proaktive Cybersecurity: Sicherheit und Datenschutz sind wichtig, darum muss sich ein Unternehmen kümmern. Das weiß jeder. Digitalen IQ beweist man auf diesem Feld deshalb durch Proaktivität. Das heißt laut PwC: Stets darüber nachdenken, wie die eigenen Cybersecurity-Strategien der Markenbildung, dem Wettbewerbsvorteil und dem Shareholder Value dienen könnten. Ein Beispiel: Risikomanager und Security-Chefs, die man regelmäßig und öffentlich über Produktentwicklungen zu Wort kommen lässt - Security als Werbeträger sozusagen.

9. Eine digitale Roadmap: PwC geht davon aus, dass inzwischen mehr Unternehmen denn je begriffen haben, dass man sich bei der Digitalisierung nicht kurzfristig treiben lassen darf. Das Problem ist offenbar ein Mangel an Skills: Nur 55 Prozent fühlen sich gut genug gerüstet, um tatsächlich eine Vision für das ganze Unternehmen liefern zu können.

10. Konsistentes Messen: 79 Prozent der digital erfolgreichen Unternehmen setzten auf akkurate Messungen. Entscheidend ist dabei, klassische Metriken wie den ROI mit neuen Instrumenten zu kombinieren - nämlich breit angelegten "Cybermetriken", die etwa ein Dutzend relevanter Indikatoren umfassen. Eine mögliche Messgröße: strategisch relevante Trends, die tatsächlich als Resultat von Datenverfolgung identifiziert werden konnten.

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