Herbst-Fachkonferenz "Die Zukunft der digitalen Signatur im Krankenhaus"

2,5 Milliarden Euro für Papierdokumente im Krankenhaus

30.01.2007 von Michael Reiter
Im deutschen Gesundheitswesen werden fünf Milliarden patientenbezogene Dokumente pro Jahr erzeugt. Für die konventionelle Archivierung dieses Dokumentenvolumens entstehen jährliche Kosten von bis zu 2,5 Mrd. €. Der überwiegende Teil davon entfällt auf den Bereich der Krankenhäuser. Das bedeutet pro Bett per anno ungefähr 1 m laufendes Papier für die Dokumentation.

Mit diesen beeindruckenden Zahlen läutete Dr. Carl Dujat von der GMDS-Arbeitsgruppe „Archivierung von Krankenunterlagen“ in Köln die Herbstfachkonferenz mit dem Titel "Die Zukunft der digitalen Signatur im Krankenhaus" ein. Welche Rolle die qualifizierte elektronische Signatur in diesem Szenario spielt, diskutierten Experten mit ca. 50 IT-Entscheidern aus Krankenhäusern, Unikliniken und Klinikverbünden im Verlauf der Veranstaltung, die vom Anbieter secrypt organisiert und vom Gesundheitsexperten und IT-Berater Theodor Ohmstede moderiert wurde.

Standardisierte Lösungen: Vom Kreiskrankenhaus bis zur Uniklinik

Anhand einiger Beispiele aus der Praxis erläuterte Oliver Paul, Geschäftsführer HYDMedia, mit welchen Lösungsansätzen der Papierflut im Gesundheitswesen begegnet werden kann. Die Funktionsweise eines "digitalen Signaturkreises", der die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Datensysteme in einem Krankenhaus berücksichtigt, demonstrierte Paul anhand des hauseigenen Archivsystems HYDMedia, das auf digiSeal-Signaturkomponenten aus dem Hause secrypt zurückgreift. Gefragt seien standardisierte Lösungen, die eine Integration in nahezu jedes KIS ermöglichen. Archivsysteme müssten die problemlose Übernahme von Altakten garantieren und einen umfassenden Service rund um die Patientenakte bieten.

Erfolgreiche elektronische Archivierung im Klinikum Braunschweig

Seit neuestem ist im Klinikum Braunschweig das HYDMedia-Archivsystem im Einsatz. Dr. Christoph Seidel, CIO des Klinikums mit fünf Standorten in Braunschweig, 1.478 Betten und 3.754 Beschäftigten, präsentierte, wie das Archivsystem in die komplexe Struktur des Klinikums integriert wurde und welches enorme Einsparpotential sich durch die elektronische Archivierung und die Integration einer Signaturkomponente ergeben hat.

"Jedes Dokument, das für ein Klinikum so wertvoll ist, dass es signiert werden muss, muss auch archiviert werden", erklärt Dr. Seidel. "Deshalb haben wir uns für eine Lösung mit einer einheitlichen Signaturkomponente entschieden, die dem Archivierungsvorgang voran gestellt ist und damit unabhängig von den verschiedenen Arbeitsprozessen und Systemen in den einzelnen Abteilungen eingesetzt werden kann", so Dr. Seidel weiter.

Absolute Rechtssicherheit durch qualifizierte digitale Signatur

Patrick Lieberkühn, secrypt-Geschäftsführer, und Andreas Ziska, Leiter Consulting von D-Trust, erläuterten juristische Aspekte und technische Details von Signaturlösungen im Krankenhaus. Die Zuhörer konnten sich ein Bild davon machen, in welchen Bereichen des Gesundheitswesens der Einsatz einer Signaturkomponente sinnvoll ist. Hierbei wurde insbesondere die Problematik der Massensignatur diskutiert - aber auch Lösungen präsentiert, die eine Signierung von Dokumenten am Einzelarbeitsplatz ermöglichen. Gerade im Umgang mit den höchst sensiblen Daten im Gesundheitswesen sei eine effektive Kontrolle der Autorisierungsmechanismen dringend erforderlich. "Auch wenn eine Einigung über den Einsatz von Heilberufeausweis (HBA) und elektronischer Gesundheitskarte (eGK) noch auf sich warten lässt - Signaturlösungen im Gesundheitswesen können völlig unabhängig davon ab sofort eingesetzt werden", verkündete Lieberkühn.

Hausinterne Lösungen oder webbasierte Krankenhausinformationssysteme

Michael Heinlein, Geschäftsführer Mednovo, zeigte anhand des medizinischen Dokumentationssystems Medicolor die hohen Anforderungen, die bei der Digitalisierung der Prozess- und Archivsysteme an Krankenhäuser gestellt würden: Medizinische Dokumentationssysteme müssten nicht nur die Möglichkeit bieten, heterogene Dokumententypen, die aus verschiedenen Datenquellen stammen (EKG, EEG, EP, Bilddokumente, Word-Dokumente etc.) zu synchronisieren und zusammen zu führen. Da rund 50 Prozent der Dokumente in nahezu allen Fachbereichen unterschriftenrelevant seien, sollte die Integration der qualifizierten Signatur in die elektronische Dokumentation außerdem zur Routine werden, schloss Heinlein seine Präsentation.

Dieses Prinzip gilt natürlich auch für webbasierte KIS: Anhand von Clinixx erörterte AMC-Geschäftsführer Jörg Reichhardt beispielhaft die Möglichkeiten internetbasierter Lösungen: Neben der permanenten und standortunabhängigen Verfügbarkeit der Patientendaten über das Internet sei auch hier die Integration einer Signaturkomponente vor der elektronischen Archivierung jederzeit möglich, so Reichardt.

Medienbrüche und Fehlerquellen reduzieren

Datenerfassung in Krankenhäusern erfolgt - nicht nur auf Station - in den meisten Fällen mit Stift und Papier. Die so aufgenommenen Daten werden dann in der Regel nachträglich und manuell in das KIS eingegeben. Alternativ ist ein Laptop auf dem Stationswagen oder ein PDA in der Kitteltasche denkbar - wenn auch mit erheblichem technischen und finanziellen Aufwand. Eine andere, visionäre Möglichkeit der Datenerfassung stellte Ronald Boldt von Allpen vor: Der digitale Stift und das entsprechende Papier ermögliche die direkte Übertragung ins KIS bei herkömmlicher Erfassung der Daten.

Eigeninitiative der Krankenhäuser gefragt

Um Projekte zur Digitalisierung von Prozess- und Archivsystemen im Gesundheitswesen in Gang zu setzen, sei neben einem effektiv geplanten Projektmanagement die Eigeninitiative der Häuser ein entscheidender Faktor, betonte der IT-Berater Hubert Brenner zum Ende der Veranstaltung.
Das Interesse der IT-Entscheider in den Krankenhäusern sei groß, Pilotprojekte liefen erfolgreich. Lösungen zur effektiven Umstellung der KIS in Richtung digitale Prozessabwicklung und Archivierung liegen vor und sind einsatzbereit. Zur systematischen und vor allem standardisierten Umstellung des Gesundheitswesens sei es aber noch ein weiter Weg, fasste Dr. Dujat die Ergebnisse in der abschließenden Diskussionsrunde zusammen.