Nach dem Skype-Kauf

3 Komponenten für die Microsoft-Strategie

14.07.2011 von Moritz Jäger
8,5 Milliarden US-Dollar hat Microsoft für Skype bezahlt. Unklar ist allerdings noch, ob es wirklich ein guter Schachzug war.
Ws plant Microsoft mit Skype.
Foto: Microsoft/Skype

Skype ist wahrscheinlich eine der beliebtesten Programme für Telefonie und Videogespräche über das Internet. 2003 wurde die erste Version von Skype veröffentlicht, 2005 hat das Auktionsportal ebay den Dienst übernommen, allerdings nie wirklich langfristig Gewinn erwirtschaftet. Sechs Jahre später hat nun Microsoft zugeschlagen.

Doch was geschieht nun? Fest steht, dass Skype inzwischen einen relativ großen Marktanteil hat. Laut einer Studie liefen 2010 13 Prozent aller internationalen Telefonate über Skype - ein Anteil, den sich die meisten regulären Telefonanbieter nur wünschen können. Microsoft kann einer Integration von Skype durchaus profitieren - schließlich hat der Konzern bereits seit längerem mit dem Office Communication Server eine eigene Lösung für Instant Messaging, VoIP und Unified Communications im Angebot. Skype bietet für Microsoft zwei große Vorteile: ein robustes und stabiles Protokoll sowie eine gut etablierte Nutzerbasis.

1. Komponente: Der Login-Server

Das Skype-Protokoll setzt für die Verbindungen auf eine Peer-to-Peer-Technik, wie sie etwa auch bei Tauschbörsen zum Einsatz kommt. Skype besteht im Endeffekt aus drei Komponenten: Dem Login-Server, Nodes und sogenannten Supernodes. Der Login-Server dient dabei als Telefonbuch, er erledigt die Anmeldeverfahren und stellt Nutzerinformationen zur Verfügung. Jede Skype-Installation wird nach der Anmeldung zu einem Node, einem Knoten im Netz. Skype-Clients, die über eine gute Internetverbindung und unbeschränkten Zugriff ins Internet verfügen, werden automatisch zu Supernodes. Diese kümmern sich, vereinfacht gesagt, darum, dass zwei Skype-Clients miteinander Kontakt aufnehmen können. Fällt ein Supernode aus, kann Skype automatisch die Verbindung über einen anderen umleiten. Die Kommunikation selbst läuft komplett verschlüsselt ab, die Verschlüsselung kann nicht deaktiviert werden.

Dazu kommt, dass Skype vor allem bei der Übertragung von Video glänzen kann. Das System kann die Videoqualität abhängig von der zur Verfügung stehenden Bandbreite dynamisch anpassen - haben beide Nutzer eine genügend schnelle Verbindung ist sogar HD-Qualität möglich.

Das Skype-Protokoll ist proprietär und wird seit Jahren gut gehütet - mit der Grund, warum keiner der Mitbewerber bislang nachziehen konnte. Microsoft dagegen erhält mit dem Deal alle notwendigen Informationen, um die Technik in künftige Office-Produkte zu integrieren.

2. Komponente: 500 Millionen Skype-User für Outöook-Integration

Für eine mögliche Outlook-Integration ist der zweite große Pluspunkt von Skype interessant - der installierten Nutzerbasis, man spricht von mehr als 500 Millionen registrierten Nutzern. Bestandteil von Skype ist die SkypeOut: Damit kann man aus dem Windows Client heraus Festnetznummern auf der ganzen Welt anrufen, oft zu einem Bruchteil dessen, was traditionelle Telekom-Unternehmen verlangen. Das kommt gut an, in 2010 wurden insgesamt 12,8 Milliarden Minuten über SkypeOut telefoniert.

500 Millionen Skype-User

Kombiniert Microsoft diese breite Nutzerbasis mit Outlook - dem weltweit am häufigsten genutzten E-Mail-Client - könnte Microsoft quasi über Nacht zu einem der populärsten Anbieter für Telekommunikation werden. Besonders interessant ist das für Vielreisende oder Selbstständige: Egal wo man sich auf der Welt befindet, solange man eine Internetverbindung zum Login-Server von Skype hat, ist man unter der gleichen Rufnummer erreichbar - und hat selbst eine komplette Telefonanlage im E-Mail-Client integriert.

Unified Communications
Werkzeugen für Kommunikation und Kollaboration
Etwas weniger als die Hälfte der Firmen arbeitet laut der Studie von Frost & Sullivan mit Werkzeugen für Kommunikation und Kollaboration. Viele haben sie erst vor kurzem eingeführt.
Verfahren der Studie
Für die Studie wurden die Unternehmen in drei Gruppen eingeteilt, je nachdem, wie viele verschiedene Techniken aus dem Bereich Unified Communications sie nutzen.
Return on Collaboration
Für alle Betriebe errechneten die Autoren der Studie anschließend den von ihnen entwickelten Return on Collaboration. Heraus kam: Die Zusammenarbeit verbessert sich umso stärker, je mehr die Unternehmen auf Unified Communications und Kollaborationswerkzeuge setzen.
Verkauf profitiert am meisten
Der Verkauf erwies sich als der Funktionsbereich, der am meisten von modernen Kommunikationsmitteln profitiert.

3. Komponente: Skype ist offen für alle Systeme – Microsoft nicht

Doch was wird aus den Clients für Nicht-Windows-Systeme? Skype gibt es aktuell für nahezu jedes moderne System - egal ob Mac OS, Linux, Symbian, iOS, Android oder Fernseher, Skype stellt den passenden Client zur Verfügung.

Skype funktioniert unabhängig vom Betriebssystem

Gerade das war einer der großen Pluspunkte von Skype, kann man doch aktuell nahezu unabhängig vom Betriebssystem mit den jeweiligen Partnern chatten und telefonieren. Das hat auch Microsoft verstanden. So versprach Steve Ballmer "dass man auch weiterhin in die Entwicklung von Nicht-Microsoft-Plattformen investieren wolle".

Das schließt allerdings nicht den Skype für Asterisk ein. Damit war es möglich, Skype an die Open-Source-PBX Asterisk anzuschließen. Wie der Hersteller Digium mitteilt, wird die Lösung aber nach dem 26. Juli 2011 nicht mehr zur Verfügung stehen, das Skype den Zugriff auf das proprietäre Protokoll nicht länger zur Verfügung stellen will.

Bleibt zu hoffen, dass sich Microsoft bei den anderen Clients an die eigenen Versprechungen erinnert und Linux und Co. nicht ebenfalls der Hahn abgedreht wird.

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