McKinsey: Projekte stoppen

9 Tipps für die ersten 100 Tage als CIO

14.01.2013 von Werner Kurzlechner
Erfolg oder Scheitern eines neuen CIOs entscheiden sich schon an seinen ersten Aktionen. McKinsey zählt dazu auch den Schlussstrich unter Renommierprojekte.
Die ersten 100 Tage als CIO sind oftmals entscheidend.

Gnadenfristen dauern in der Regel 100 Tage. In der Beurteilung von Regierungschefs ist das jedenfalls so. Extrem wichtig sind die ersten drei Monate nach Einschätzung der McKinsey-Berater Michael Bloch und Paul Willmott aber auch für einen neuen CIO. Allerdings weniger im Sinne einer Schonzeit mit nachsichtiger Bewertung, sondern vielmehr als Phase, in der die Basis für eine erfolgreiche Arbeit gelegt wird.

„Die frühen Monate der Tätigkeit eines CIOs sind eine extrem wichtige Zeit, um über Kultur und kritische Themen eines Unternehmens zu lernen, eine Change-Agenda zu gestalten, Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzten aufzubauen und Entscheidungen über Personal, Budget und andere Dinge zu treffen, die eine solide Grundlage für die Zukunft darstellen“, so die beiden McKinseyaner aus den Büros in Tel Aviv und London.

Schon im Einstellungsgespräch das Unternehmen analysieren

Aus ihrer Beratererfahrung haben Bloch und Willmott für McKinsey Quarterly neun Schritte zusammengestellt, die CIOs in einem neuen Job beachten sollten. Sicherlich habe die individuelle Situation Einfluss auf die Prioritäten von IT-Chefs. „Aber wir denken, dass jeder neue CIO davon profitieren wird, diese Elemente zu beachten und als Startpunkt für die Gestaltung eines eigenen Weges zu verwenden“, so die beiden Autoren.

1. Vor Beginn anfangen: Bloch und Willmott raten, schon das Einstellungsgespräch zu nutzen, um Dynamiken und Erwartungen im Unternehmen zu verstehen. Es sei auch wichtig, schon vor dem Einstieg alle einflussreichen Personen inklusive Direktoren kennenzulernen und auch die Meinungen von Dritten wie etwa Systemintegratoren einzuholen, um ein besseres Bild zu bekommen. In dieser Frühphase sollte man laut McKinsey auch schon damit beginnen, das Gerüst eines Planes zu entwickeln.

2. Das Aufgabengebiet klären und stärken:Es sollte verstanden werden, was von einem erwartet wird und woran man gemessen wird – zum Beispiel hinsichtlich neuer geschäftlicher Potenziale, Kostenzielen, Automatisierungsgraden und Projekten. Neue CIOs sollten laut McKinsey auch eine eigene „strategische Haltung“ einnehmen, beispielsweise dieRolle der IT als Treiber oder Enabler der Strategie betonen.

Zum Start gehört Symbolik

Mit dem CEO und anderen Akteuren sei zu definieren, über welche Felder man Kontrolle benötigt. Bloch und Willmott nennen in diesem Zusammenhang die Befugnis,Projekte zu stoppen, Berichtswege zu verändern, die IT-Leiter von Abteilungen zu ersetzen und Funktionen auszulagern. Man sollte laut McKinsey auch um die Unterstützung des CEOs für eine erste symbolische Aktion werben, etwa einen Personalwechsel oder das Aus für ein Renommierprojekt.

3. Aufbau von Beziehungen mit den Abteilungsleitern und Verständigung über Prioritäten: „Sie haben nur eine Chance, einen starken ersten Eindruck zu machen – also bereiten sie sich für diese Meetings gut vor“, schreiben die Berater den CIOs ins Stammbuch. Wichtig seien: das gegenseitige Kennenlernen, das Gewinnen von Input aus den Fachbereichen, das Durchdringen von Prioritäten und Sorgen, das Austesten von Wahrnehmungen.

Neue CIOs sollten demnach Allianzen schmieden und sich auf Business-Anforderungen wie Kanäle, Kundenbeziehungen und Produkte konzentrieren, die die IT ermöglichen oder transformieren kann. Beziehungen sollten auf Augenhöhe etabliert werden, Gespräche über die Bedenken gegenüber der IT von Vorstandsseite seien zu vermeiden. Veränderung von Prioritäten und Schulungen könnten manchmal opportun sein. „Viele Vorstände reagieren auf IT angespannt, weil sie davon schlichtweg nichts verstehen“, so McKinsey.

4. Umfassendes Verstehen: CIOs müssen laut Bloch und Willmott begreifen, wie die branchenspezifische Rolle der IT aussieht und wie IT einen Mehrwert schaffen kann. Der Blick auf profilierte Anwender aus der Branche lohne sich. Man müsse sich fragen: Was tun diese, was das eigene Unternehmen nicht macht?

Man sollte sich außerdem vergewissern, dass es eine von der IT ermöglichte Innovations-Pipeline gibt. Ist das nicht der Fall, sollte das geändert werden. Außerdem sollten die IT-getriebenen Risiken im Unternehmen verstanden werden, beispielsweise hinsichtlich Cyber-Sicherheit. „Sehen Sie zu, dass es regelmäßige Reviews und Minimierungskonzepte gibt“, so McKinsey.

Mauerblümchen befördern

5. Den Plan entwickeln: Hierzu geben die Berater drei Tipps. Erstens sei Transparenz über Performance (etwa Kostenniveau, Service Levels, Head Count und Schlüsselprojekte) und Zustand (etwa Architektur, Delivery und Kultur) zu schaffen. Zweitens sei der technologische Bestand zu umreißen und gegenüber den Best Practices zu benchmarken. McKinsey ordnet hier auch eine Bestandsaufnahme hinsichtlich Trend-Themen wie Cloud Computing, Mobility und Social Media ein.

Drittens seien selektiv Hebel für Veränderung auszuwählen. Im Sinne einer effektiven Transformation sei es sinnvoll, sich auf eine Handvoll zu konzentrieren. Um Lücken zu schließen, sei Outsourcing eine gute Lösung, so McKinsey. Allerdings müsse die Entwicklung der internen Ressourcen ebenfalls Teil des Planes sein.

6. Das Team aufbauen: Bloch und Willmott raten, mit dem organisatorischen Design anzufangen. Es könne notwendig sein, im Zuge von Umstrukturierung Rollen zu verändern, selbst wenn sie bislang wirksam ausgefüllt worden seien. Neue CIOs sollten laut McKinsey zudem hohe Ziele ausgeben und sich eher an optimalen Profilen als am Mitarbeiterbestand orientieren. Einige Risiken müsse man als Führungskraft eingehen – auch durch externe Rekrutierung.

„Befördern Sie nicht anerkannte Leistungsträger“, raten die Consultants. Man müsse sich auch dessen bewusst sein, dass man durch Personalentscheidungen starke Signale aussende. Deshalb müsse man überlegt und schlau handeln – und eventuell ein bisschen austesten.

7. Erholung für die IT-Organisation: Zur Gesundung der IT gehört es laut McKinsey, zunächst durch Ausrufen einer Vision Vertrauen zu schaffen. Man sollte gute Gründe dafür anführen können, warum diese mitgetragen werden sollte. Kommuniziert werden sollte sie so, dass jeder sie versteht. Überhaupt sollte man auf eine fortdauernde Kommunikation setzen und Meinungsführern Aufmerksamkeit schenken. McKinsey rät zudem, die Teilbereiche mit dem größten Verbesserungspotenzial herauszufiltern und dort anzugreifen.

Das Tempo mäßigen

8. Führungsstärke durch sichtbare Resultate und Aktionen demonstrieren: McKinsey empfiehlt durchaus, auf schnelle Gewinne zu gehen. Das könne durch das Schlachten heiliger Projekt-Kühe geschehen oder durch neue Outsourcing- und Offshoring-Deals. Das Portfolio an Projekten und ihr jeweiliger Business-Nutzen seien ohnehin genau unter die Lupe zu nehmen. Auf interne Widerstände und Blockierer sei überlegt zu reagieren – die erste Antwort hierauf könne prägen, wie man im Unternehmen wahrgenommen wird.

9. Die eigene Reise fortsetzen: Mit dem Antreten eines neuen Jobs sollte man tunlichst nicht aufhören, die eigene Karriere weiter im Auge zu behalten. Deshalb gilt: In sich selbst investieren – vor allem durch Entwicklung neuer Skills und Verhaltensweisen, aber auch durch konsequentes fachliches Weiterlernen. McKinsey rät, eine Agenda für die eigene Entwicklung aufzusetzen und aktiv bei der Suche nach Mentoren zu sein.

Ein letzter Ratschlag überrascht aus dem Munde dynamischer McKinsey-Berater vielleicht etwas: das Tempo mäßigen. „Die ersten 100 Tage sind nur der Beginn eines Marathons“, so Bloch und Willmott. „Achten Sie auf einen ausgewogenen Lebensstil, um die Geschwindigkeit halten zu können.“