Public Private Partnership

Alle Worst-Case-Szenarien berücksichtigen

04.10.2007 von Johannes Klostermeier
Matthias Kammer, Vorstandsvorsitzender von Dataport, im Gespräch mit cio.de über Public Private Partnership (PPP).
Matthias Kammer, Vorstandsvorsitzender dataport: "Beiden Partnern sollte an einem fairen Vertragswerk gelegen sein."

LKW-Maut und Herkules sind die spektakulärsten Fälle von PPP in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland. Wie beurteilen Sie diese Form der Zusammenarbeit zwischen Staat und privaten Unternehmen? Überwiegen hier Ihrer Meinung nach die Chancen oder die Risiken (PPP=„Pleiten, Pech und Pannen“)?

Public Privat Partnerships sind eine verhältnismäßig neue Form der Zusammenarbeit zur Bewältigung von Großprojekten. Für geeignete Aufgabenstellungen werden PPPs künftig zu einem Standard-Vorgehen werden. Die Herausforderung liegt darin, die Kriterien für wirklich geeignete Projekte zu entwickeln. Außerdem wird man wohl einige Zeit benötigen, bis sich die Partner öffentliche Hand und Privatwirtschaft auf solch eine Form der Zusammenarbeit eingestellt haben. Bis dahin wird es weiter Tops und Flops geben, wie bei allen anderen neuen Projektformen auch.

Vor welchen Fallstricken würden Sie die Beteiligten von Public Private Partnerships warnen?

Die Grundlage eines funktionierenden PPPs sind klare vertragliche Regelungen, die die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner eindeutig beschreiben. Dabei sollten möglichst alle Eventualitäten und Worst-Case-Scenarien berücksichtigt werden. Bei aller Konsequenz, mit der solche Verträge ausgehandelt werden, sollte beiden Partnern an einem fairen Vertragswerk gelegen sein; jedwedes "Tricksen" am Anfang wird im Projektverlauf zu teilweise massiven Störungen führen.

Gibt es Projekte in Ihrem Verantwortungsbereich, die sich für PPPs besonders anbieten?

Für PPPs sind Projekte mit einer hohen Anfangsinvestition und absehbaren Leistungen über die Vertragslaufzeit besonders geeignet; Hochbauprojekte sind ein typisches Beispiel dafür. In unserem Aufgabengebiet, der Unterstützung der Verwaltungen mit Informationstechnik, ist aufgrund der hohen Innovationsgeschwindigkeit eine verlässliche Leistungsprognose über die Projektlaufzeit kaum möglich. Das erschwert die Vertragsgestaltung.

Denkbar wären PPPs bei bestimmten, längerfristig angelegten Infrastrukturleistungen, wie zum Beispiel dem Ausbau und Betrieb von Datennetzen.

Siemens, beteiligt an Herkules, verweist auf eine viel größere Anzahl an PPPs in anderen Ländern wie etwa in Großbritannien und wünscht sich - wie andere Firmen auch -, eine schnelle Steigerung derartiger Projekte. Können Sie den Unternehmen Hoffnung machen?

Ich glaube, dass PPPs künftig zu einem normalen Bestandteil unseres Wirtschaftslebens werden. Wir werden damit sicher mehr derartiger Projekte haben als heute. Da die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Staaten aber unterschiedlich sind, dürfte ein reiner Volumenvergleich, zum Beispiel mit Großbritannien, aber immer nur einen Teil der Wahrheit erschließen. PPPs sind in vielen Bereichen sinnvoll; einen Wert an sich stellen sie nicht dar.

Was müsste sich in Deutschland ändern, damit es mehr öffentlich-private Partnerschaften geben würde?

Die Rahmenbedingungen unter denen sich die aktuelle Diskussion abspielt, sind das Ergebnis der historischen Entwicklung unseres Landes. Diese Entwicklung ist im Fluss; das Staatsverständnis ändert sich und viele ursprünglich öffentliche Aufgaben sind bereits an die Privatwirtschaft übertragen worden. Dabei ist es wichtig, dass sich die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche harmonisch entwickeln. PPPs werden in dem Maße zunehmen, wie das gegenseitige Vertrauen von Politik, Verwaltung und Wirtschaft sich entwickeln wird. Das braucht Zeit, Mut und Erfahrung, ist dann aber auch dauerhaft erfolgreich.

Eignen sich Ihrer Meinung nach IT-Projekte besonders gut für PPPs? Oder kann es gerade bei IT-Großprojekten - etwa wegen "kultureller Differenzen" - eher zu Problemen zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Partnern kommen?

Die "kulturellen Differenzen" sind im IT-Umfeld nicht größer, als anderswo. Die Probleme ergeben sich eher aus der hohen Innovationsgeschwindigkeit in diesem Sektor, der eine längerfristige Leistungsbeschreibung nicht möglich macht.

Im öffentlich-rechtlichen IT-Umfeld muss man zudem feststellen, dass die Leistungserbringung sehr kleinteilig organisiert ist. Viele kommunale Datenzentralen betreiben ihre Rechenzentren in einer unterkritischen Größenordnung. Diese Unternehmen sind als gleichberechtigte Partner für ein PPP kaum geeignet. Hier sind jetzt erst einmal PPPs in der Übersetzung Public Public Partnership angesagt. Das heißt zunächst einmal eine Konsolidierung der vorhandenen öffentlich-rechtlichen Anbieter, damit eine eventuelle Verhandlung mit privaten Partnern dann auf Augenhöhe stattfinden kann.