Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel (Folge 6)

Allianz: Die Gehaltsforderungen haben angezogen

18.11.2008 von Thomas Pelkmann
COO Kurt Servatius bei der IT-Tochter ASIC (Allianz Shared Infrastructure Services GmbH) der Allianz, berichtet über Auszeiten bei der Karriereplanung und das Allianz Management Institut, das die Führungs- und Fachkarriere des Versicherungskonzerns begleitet.
Kurt Servatius, COO bei der Allianz Shared Infrastructure Services GmbH (ASIC).

CIO: Wie viele offene Stellen sind bei Ihnen derzeit zu besetzen?

Servatius: Wir suchen laufend qualifizierte Mitarbeiter für verschiedene Positionen und auf allen Ebenen: Technik, Projekt-Management und Führungsfunktionen. Genau beziffern lässt sich der Bedarf derzeit schwer, weil wir noch nicht genau absehen können, welche Folgen die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank auch auf unser Unternehmen haben wird.

CIO: Womit locken Sie neue Kräfte, mit Geld?

Servatius: Auf einen sich verschlechternden Markt kann ich nicht mit Gehaltskürzungen reagieren. Deswegen sollte ich auch in einem sich entwickelnden Markt nicht einfach mit mehr Geld arbeiten. Aber wir stellen im Recruiting fest, dass die Gehaltswünsche insgesamt angezogen haben. Die Bewerber kommen mit anderen Forderungen an, als noch vor einiger Zeit.

CIO: Ist mehr Freiheit im Job ein Argument?

Servatius: Die Allianz Gruppe hat ein attraktives Paket für ihre Mitarbeiter geschnürt. Und da wir Teil der Gruppe sind, kommen auch unsere Mitarbeiter in den Genuss dieses Pakets. Das beginnt beispielsweise bei Festlegungen zu Elternzeiten und geht bis hin zu einer Arbeitsumgebung mit sehr guter Qualität und Konzern-Niveau. Bei uns ist selbstverständlich auch, je nach aktuellen Geschäftsanforderungen, mobiles und flexibles Arbeiten möglich. Natürlich ist es logisch, dass ein Mitarbeiter, der einen Jahresabschluss durchführt, nicht gerade in dieser Zeit in den Skiurlaub fahren kann. Also: Flexibilität ja, aber mit Grenzen, die auch durch das Geschäft unserer Kunden bedingt sind.

CIO: Welche Entwicklungsmöglichkeiten bieten Sie Ihren Bewerbern?

Servatius: Die ASIC bildet intensiv intern aus, und auch externe Zertifizierungen werden wahrgenommen. Zurzeit bauen wir unseren Ausbildungsbetrieb wieder Schritt für Schritt aus. So behalten wir unsere Fähigkeit, ein guter Ausbildungsbetrieb zu sein.

Wir sind ausgesprochen flexibel, wenn ein Mitarbeiter den nächsten Schritt in seiner Karriere machen möchte: Wer beispielsweise für seine Weiterbildung eine Auszeit benötigt, kann mit uns individuelle Vereinbarungen darüber abschließen. Intern existiert zudem das Allianz Management Institut, das unter anderem auch die strukturierte Führungs- und Fachkarriere begleitet. Es wird sehr genau darauf geachtet, dass unsere Führungskräfte die entsprechenden Ausbildungen ihrer Mitarbeiter einplanen, damit sie sich weiterentwickeln können.

CIO: Inwieweit bauen Sie beim Recruiting auf Internationalisierung?

Servatius: Bedingt durch die Internationalisierung unseres Unternehmens dehnen wir natürlich alle Recruitments bewusst auf ganz Europa aus. Wir haben mittlerweile auch eine Reihe von Kollegen aus dem Ausland an Bord - auch im Top-Management. Das kann manchmal eine Herausforderung sein - aufgrund der sehr unterschiedlichen Lebensumstände in den verschiedenen europäischen Ländern und aufgrund der unterschiedlichen Sozial- und Steuersysteme. Mancher Mitarbeiter überlegt es sich sorgfältig, ob er seinen Lebensmittelpunkt auf Dauer in eine Hochpreisregion verlegen soll, die so attraktiv, aber auch so teuer ist wie beispielsweise München. Da ist es oft leichter, mit Mitarbeitern aus anderen Ländern Expatriate-Verträge abzuschließen, weil diese Mitarbeiter dann auf Zeit zu den bestehenden Konditionen "abgeordnet" werden können.

CIO: Stichwort "Employer Branding": Wie präsentiert sich die Allianz-Gruppe ihren Kandidaten?

Servatius: Die Allianz ist einer der größten Versicherungskonzerne der Welt. Gerade für Bewerber, die gern bei einem der führenden Unternehmen Entwicklungen gestalten wollen, ist unser Unternehmen daher ein sehr attraktiver Arbeitgeber. Sicher, man kann sich immer weiter verbessern. Und wir wollen dauerhaft "Employer of choice" sein.

Davon abgesehen stellt sich für die ASIC die Herausforderung, dass sie als Captive-Unternehmen nicht im hell leuchtenden IT-Umfeld steht. Menschen, die gerne in kleinen, wendigen Firmen arbeiten, tun sich in Großunternehmen manchmal schwer. Arbeitnehmer, die dieses Umfeld bewusst suchen, schrecken wiederum zurück, weil sie sich Sorgen z.B. um Themen wie Outsourcing machen. Aber das ist ein Phänomen, mit dem alle Captive-IT-Unternehmen konfrontiert sind.

Auch wenn man also zwischen der Allianz und der ASIC einen feinen Unterschied machen muss, haben wir ein spannendes Gesamtpaket zu bieten: Angemessene Gehälter, eine exzellente Altersversorgung, gute Weiterbildungsmöglichkeiten - auch im internationalen und im Konzern-Rahmen - ein spürbar gutes Arbeitsklima und die Offenheit, sich immer wieder neuen Themen zu stellen. Ich denke, dieses Bild vermittelt sich in der Öffentlichkeit.

Bisher erschienen in der Serie "Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel":

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