Die Zukunft der Consumer Electronic

Apps auf dem Fernseher

13.10.2011 von Kolja Kröger
In jedem vierten Haushalt steht 2012 ein internetfähiges TV. Dadurch steigen aber auch die Angriffsmöglichkeiten für Kriminelle, warnen Sicherheitsexperten.
Ab ins Netz - mit mobile TV und interaktivem Fernsehen.
Foto: Vodafone D2 GmbH

Ohne Netzanschluss geht es nicht mehr: Fernseher, Hifi-Anlagen und Spielekonsolen überleben nur dann, wenn die Kunden mit ihnen ins Internet kommen und sie zudem untereinander vernetzen können. Zu diesem Schluss kommt die Studie zur "Zukunft der Consumer Electronics", die der Verband Bitkom zusammen mit Deloitte erstellt hat. Während Security-Anbieter vor neuen Gefahren warnen, malen sich die Herausgeber der Untersuchung ganz neue Wertschöpfungsketten aus: Mit Apps auf verschiedenen immer mobileren Geräten als Lieferanten individualisierten Contents und Social Media als viralem Werbekanal.

In jedem vierten Haushalt steht Ende kommenden Jahres ein internetfähiger Flachbild-Fernseher, schreiben die Autoren um Michael Schidlack - und langfristig hängen 85 Prozent der verkauften Consumer-Geräte am Netz. Zur großen Freude der Cyberkriminellen, meint allerdings der Virenanalyst Christian Funk von Kaspersky Lab.

Cyberkriminelle wollen ans Geld der Endkunden

"Die Angriffsmöglichkeiten für Kriminelle werden im Heimanwenderbereich breiter", sagt Funk. Dabei können Betrüger die im PC-Bereich erfolgreichen Betrugsmethoden und -Technologien auf neue Geräteklassen ummünzen." Die üblichen Verdächtigen: Phishing, Spam und Erpressungs-Software. Wenn die neuen Geräte zum Vertriebskanals werden, mit Sofort-Kaufen-Buttons beim Teleshopping und E-Paper-Abo, fließt auch Geld über die Kanäle - etwa in Form von Kreditkarten-Daten. Das weckt Begehrlichkeiten.

Das Thema Sicherheit streift die Bitkom-Untersuchung nur am Rande, stellt stattdessen die Marktreiber der Medienbranche von morgen vor: Mobilität, Apps und Social Media: Wenn das Tablet dank Spracherkennung erkennt, welche Serie über das Smart-TV streamt, ruft es Hintergrund-Infos auf oder schickt seinen Besitzer in eine virtuelle Diskussionsrunde mit anderen Fans der Serie. Und mit Nutzerkommentaren und -bewertungen heizt der Stream-Anbieter wiederum die Nachfrage an.

Ähnliche Programme gibt es bereits, etwa "IntoNow" von Yahoo! in den USA. Für die Content-Anbieter bietet Social Media die Möglichkeiten von Referential und Targeted Marketing - also Weiterempfehlungen ("gefällt mir") und zielgruppenspezifische Werbung. Die Kombination aus beidem "wird die Vermarktung von digitalen Inhalten nachhaltig prägen und hier eine Art Vorreiterrolle für andere Märkte übernehmen", heißt es in der Studie.

Apps sind überall

Fürs Auto bieten viele Hersteller bereits Smart-Phone-Apps an.

Ob Apps sich auch auf dem Küchenherd durchsetzen, ist fraglich - doch auf die Fernsehgeräte haben sie es schon geschafft. Die kleinen Programme, mit denen Apple sein iPhone ausstaffiert hatte, bestechen durch ihre Einfachheit und perfekte Abstimmung auf die Hardware. Jeder große TV-Hersteller hat laut Bitkom schon App-Angebote für seine Geräte herausgebracht. Zum Erfolgsmodell würden Apps aber nur, wenn sie dem Konsumenten einen tatsächlichen Mehrwert bringen.

Fernsehsender bekämen Kanäle für sendungsbegleitende Inhalte auf der Mattscheibe, ebenso aber auch auf Smartphone und Tablet. Als große Chance sehen die Autoren HTML5, um Cloud-basierte Apps ohne Plattform-Zwang wie Android oder iOS unter die Leute zu bringen. Sky hat im Frühjahr bereits seinen Dienst SkyGo gestartet, über den die Kunden ihre abonnierten Inhalte auch über Zweit-Fernseher nutzen können. Dazu gibt’s eigens produziertes Material etwa zu Sportveranstaltungen aufs Smartphone.

Zudem könnten sich Geräte-Hersteller mit einer Online-Videothek zusammentun und deren App fest installieren, erklärt die Studie. Auf diesem Weg würden beide profitieren. Durch die Konvergenz brechen alte Wertschöpfungsketten auf und zwingen Anbieter zu Kooperationen. Denkbar wären auch Verlage, die ihren E-Paper-Abos mit Tablet inklusive verkaufen. Die Kooperationen könnten bis zur Entwicklung von reinen Social-Media-Handsets reichen. Schon jetzt nutzen Jugendliche in den USA ihre Netzwerke meist von unterwegs.

Auf den eigenen Verstand hören

Kaspersky-Virenanalyst Funk will diese Entwicklung nicht bremsen, rät aber zu Wachsamkeit. Es ist kein Wunder, dass er den Einsatz von IT-Sicherheitslösungen empfiehlt - denn damit verdient Kaspersky Geld. Gleichzeitig aber betont Funk: "Bei sensiblen Aktionen im Heimunterhaltungsnetzwerk sollten Nutzer immer die Updates von Betriebssystemen, Apps oder Plug-ins beziehen und den gesunden Menschenverstand walten lassen." Allerdings zeigt die Erfahrung, dass User besonders daheim gerne leichtsinnig werden, auf Backups, Sicherheits-Software verzichten und sogar Spam-Mails anklicken.