Hessen-CIO Burghardt

Auf dem Weg zur digitalen Behörde

26.10.2020 von Wolfgang Herrmann
Patrick Burghardt digitalisiert in Hessen Verwaltungs­prozesse und stellt Behörden eine Datenplattform für Online-Bürgerdienste zur Verfügung. Das Land sieht sich damit bundesweit als Vorreiter.
Hessen CIO Patrick Burghardt: "Die IT in Hessen hat heute einen ganz anderen Status."
Foto: Hessische Staatskanzlei

"Die IT wird erst zum Thema, wenn sie nicht mehr funktioniert", sagt Patrick Burghardt. Das war die Ausgangssituation, als er im Januar 2019 zum CIO und Digital-Staatssekretär des Landes Hessen ernannt wurde. Seitdem hat sich viel getan in dem Bundesland. Mit Kristina Sinemus berief die Landesregierung erstmals eine Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. Ihr zugeordnet ist der CIO, der in der konzeptionellen Steuerung von IT- und Digitalaktivitäten eine Schlüsselrolle spielt.

Die derzeit größte Herausforderung beschert Burghardt das Onlinezugangsgesetz (OZG). Bund, Länder und Kommunen werden darin verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen bis 2022 online verfügbar zu machen. Hessen arbeite derzeit an rund 630 digitalen Services auf Landesebene, berichtet der IT-Chef. Hinzu kommen weitere 530 Dienste auf kommunaler Ebene. Dabei handele es sich in der Regel um klassische "Bürgerprozesse" wie den digitalen Führerschein, der gerade pilotiert wird. Der CIO ist mit seinem Team auch dafür zuständig, dass die Kommunen im Land das OZG umsetzen.

Der hessische Weg

Burghardt, gelernter Speditionskaufmann, der 2009 in den Hessischen Landtag gewählt wurde, spricht gern vom "hessischen Weg", den das Land in Sachen OZG gehe: "Wir haben uns überlegt, wie wir die Kommunen in die Lage versetzen, den Bürgern so schnell wie möglich digitale Dienstleistungen anzubieten." Als ehemaliger Oberbürgermeister von Rüsselsheim wisse er, dass die Kommunen mit vielen Anforderungen konfrontiert seien und das Thema Digitalisierung nicht immer höchste Priorität habe: "Es musste also so einfach wie möglich für die Kommunen sein."

Vor diesem Hintergrund entstand die IT-Plattform "Civento", die allen Kommunen zur Verfügung steht. Sie ermöglicht Bürgern nicht nur, digitale Anträge zu stellen, sondern wickelt auch komplette Prozesse elek­tronisch ab. Burghardt: "Im Grunde ist Civento eine erweiterbare Prozessplattform mit vollständigem Dokumentenmanagementsystem und Zahlungssystemintegration für die Bearbeitung individueller Prozesse."

Verantwortlich für die technische Umsetzung ist der kommunale IT-Dienstleister ekom21. Er entstand bereits in den 1970er-Jahren aus dem Zusammenschluss mehrerer Kommunen, die gemeinsam ein Rechenzen­trum betreiben wollten. Heute agiert ekom21 als breit aufgestellter IT-Dienstleister, der beispielsweise Software anbietet und einen gemeinsamen Einkaufs-Pool für Hardware in den Kommunen betreibt.

Prozessplattform für Kommunen

Zentrale Komponente von Civento ist eine Service-Bibliothek, aus der sich alle Kommunen bedienen können. "Die digitalen Module lassen sich von Mitarbeitern in den Kommunen individuell anpassen", erläutert der CIO. Als Beispiel nennt er den digitalen Hundesteuerantrag, der in einzelnen Kommunen durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein könne. Entscheidend sei, dass Civento allen 422 Städten und Gemeinden sowie sämtlichen Landkreisen kostenlos zur Verfügung stehe. Diesen Service lasse sich das Land Hessen jedes Jahr vier Millionen Euro kosten. Die Akzeptanz sei besonders hoch. Seit dem Rollout der Plattform im Mai 2020 hätten bereits 90 Prozent der Kommunen eine Lizenz beantragt, um die Plattform nutzen zu können.

Technisch basiert Civento auf SQL-Datenbanken und Open-Source-Produkten. Zu der mandantenfähigen Lösung gehören neben einer Antrags- auch eine Abwicklungskomponente für die Sachbearbeitung sowie ein Modul mit Modellierungswerkzeugen für das Design von Prozessen. Civento ist mit dem hessischen Bürgerkonto verbunden, das es seit Mitte 2019 hessenweit gibt. Es dient als Authentifizierungskonto für alle digitalen Dienste und greift dabei auf die eID im Personalausweis zurück.

Die IT-Chefs der Bundesländer
Markus Richter, Bundes-CIO
BAMF-Vizepräsident Markus Richter ist Bundes-CIO. Er löste Klaus Vitt ab, der Ende April 2020 in den Ruhestand ging.
Christian Pfromm, CDO von Hamburg
Christian Pfromm ist seit Januar 2018 neuer CDO der Stadt Hamburg Sein genauer Titel lautet: "Chief Digital Officer / Leiter des Amtes für IT und Digitalisierung". Der CDO berichtet an den 1. Bürgermeister der Stadt Hamburg und an den Chef der Senatskanzlei. Zuvor war Pfromm von Juni 2011 bis Dezember 2017 Group CIO der BHF-Bank AG. CIO Jörn Riedel berichtet an ihn.
Andreas Meyer-Falcke, Beauftragter der Landesregierung NRW für Informationstechnik (CIO)
Der langjährige nordrhein-westfälische Landes-CIO Hartmut Beuß verabschiedet sich zum 31. August 2020 in den Ruhestand. Seine Nachfolge im Wirtschafts- und Digitalministerium als Beauftragter für Informationstechnik tritt Andreas Meyer-Falcke an. Meyer-Falcke kommt von der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo er seit August 2012 als Beigeordneter für die Bereiche Personal, Organisation, IT, Gesundheit und Bürgerservice tätig ist. In der Rolle trägt er unter anderem die Verantwortung für die Digitalisierung der Kommunalverwaltung.
Bernd Schlömer, Landes-CIO von Sachsen-Anhalt
Bernd Schlömer ist seit Oktober 2021 CIO des Landes Sachsen-Anhalt. Er folgte auf Rüdiger Malter, der das Amt seit April 2020 innehatte.
Fedor Ruhose, Landes-CIO von Rheinland-Pfalz
Staatssekretär Fedor Ruhose (SPD) verantwortet als CIO und CDO die IT und digitale Transformation des Landes Rheinland-Pfalz.
Hartmut Schubert, CIO in Thüringen
Hartmut Schubert ist seit Dezember 2014 Staatssekretär im Thüringer Finanzministerium. Der Titel CIO kommt in der „Richtlinie für die Organisation des E-Government und des IT-Einsatzes in der Landesverwaltung des Freistaats Thüringen“ nicht vor. Dennoch erfüllt Schubert, der Beauftragte des Freistaats Thüringen für E-Government und IT, genau die Aufgaben und die Funktion des CIO. Mit dem Kabinettbeschluss der Richtlinie vom 7. Juli 2015 erhält Thüringen deshalb als letztes Bundesland einen Landes-CIO.
Thomas Popp, Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Sächsischen Staatsregierung (CIO)
Im Januar 2020 ernannte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) CIO Thomas Popp zum Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Staatsregierung (CIO). Popp war bisher Landes-CIO in Sachsen.
Ina-Maria Ulbrich, Staatsekretärin, Mecklenburg-Vorpommern
Ina-Maria Ulbrich ist seit November 2016 Staatsekretärin im neu geschaffenen Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Aus "Landesentwicklung" wurde nun "Digitalisierung". Die Juristin wurde 2002 Regierungsrätin und Referentin im Umweltministerium, beim Landkreis Ostvorpommern und im Wirtschaftsministerium. Von 2006 bis 2008 leitete sie das Büros des Ministers für Verkehr, Bau und Landesentwicklung, von 2008 bis 2011 war Ulbrich Leiterin des Büros des Ministerpräsidenten. Ulbrich vertritt das Land auch im IT-Planungsrat.
Ralf Stettner, CIO in Hessen
Ralf Stettner ist Chief Information Officer und Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie (CIO) und folgt damit Patrick Burghardt, der im Januar 2024 das Amt des Oberbürgermeisters von Rüsselsheim übernahm. Stettner hatte von Ende 2018 bis Anfang 2024 die Position des Chief Information Security Officers (CISO) in der hessischen Landesverwaltung inne und war Leiter der Abteilung Cyber- und IT-Sicherheit und Verwaltungsdigitalisierung im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport.
Stefan Krebs, CIO in Baden-Württemberg
Seit dem 1. Juli 2015 leitet Stefan Krebs die IT-Geschicke des Landes Baden-Württemberg als Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO/CDO). Der Diplom-Verwaltungswirt kennt sich mit Banken und IT-Sicherheit aus. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Feinplanung für die schrittweise Bündelung der bisher dezentralen IT-Einheiten der Landesverwaltung.
Sven Thomsen, CIO von Schleswig-Holstein
Seit Mitte Juli 2013 lenkt Sven Thomsen als CIO des Landes Schleswig-Holstein die Geschicke des Zentralen IT-Management Schleswig-Holstein (ZIT-SH). Im ZIT-SH sind die Aufgaben der ressortübergreifenden IT- und Finanzensteuerung für alle Fragen der Informations- und Kommunikationstechnologie zentralisiert. Wie auch in Hamburg ist Sven Thomsen nicht Staatssekretär und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Im IT-Planungsrat wird Schleswig-Holstein durch Knud Büchmann, Beauftragter der Landesregierung Schleswig-Holstein für Zentrale IT-, Organisations- und Personalentwicklung vertreten. Seit Mitte 2017 ist Thomsen an das neue Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) angedockt.
Elena Yorgova-Ramanauskas, CIO im Saarland
Elena Yorgova-Ramanauskas, ist seit Juni 2022 Chief Digital Officer (CIO) im Saarland. Seit 2022 ist sie Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie.
Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern
Die Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin Judith Gerlach (CSU) ist seit November 2018 Staatsministerin für Digitales in Bayern. Das Ministerium wurde neu geschaffen. Das neue Staatsministerium übernimmt die Grundsatzangelegenheiten und die Koordinierung der Digitalisierung Bayerns, die bisher bei der Staatskanzlei angesiedelt waren. Das Ministerium soll sich außerdem um die strategischen Fragen der digitalen Verwaltung kümmern.
Jörn Riedel, CIO von Hamburg
Seit 2008 hat Hamburg einen CIO. Den Posten hat seitdem Jörn Riedel inne. Angesiedelt ist er bei der Finanzbehörde der Hansestadt. Beim dortigen Amt für Organisation und Zentrale Dienste ist Riedel Abteilungsleiter für E-Government und IT-Steuerung. Anders als in anderen Bundesländern ist CIO Riedel nicht Staatssekretär - und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Hamburg vertritt in dem Bund-Länder-Gremium der Staatsrat der Finanzbehörde, Jens Lattmann. CIO Jörn Riedel verantwortet derzeit gleich mehrere übergreifende IT-Projekte in Hamburg.
Cornelius Everding, CPIO von Brandenburg
In Brandenburg fließen die Fäden in IT-Angelegenheiten nicht bei einem CIO zusammen sondern beim CPIO - dem Chief Process Innovation Officer. Mit dieser Bezeichnung soll die Orientierung an Prozessen betont werden, sagte gegenüber CIO.de Cornelius Everding, der das Amt seit seiner Schaffung im August 2008 innehat. Everding sieht sich nicht als alleine für IT zuständig an, sondern setzt auf einen Dreiklang: Mit dem CPIO kümmern sich um IT-Themen der zentrale IT-Dienstleister von Brandenburg und der sogenannte RIO-Ausschuss, die Runde der Ressort Information Officers. Aktuelles Thema ist das Forschungsprojekt "Stein-Hardenberg 2.0". Der Bund, Hamburg und Berlin, der öffentlich-rechtliche IT-Dienstleister Dataport und das Potsdamer Institut für E-Government bearbeiten die Frage, wie sich das Gemeinwesen mit modernen Werkzeugen organisieren lässt. Den CPIO hat Brandenburg beim Innenministerium angesiedelt. Amtsinhaber Everding ist nicht Staatssekretär, weshalb er - wie Kollegen aus anderen Ländern - nicht im IT-Planungsrat sitzt. Dort spricht Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb für das Bundesland.
Hans-Henning Lühr, Staatsrat im Bremer Finanzressort
In Bremen ist die CIO-Funktion beim Staatsrat des Finanzressorts angesiedelt, Hans-Henning Lühr. Ihm direkt zugeordnet ist die Stabsstelle "Zentrales IT-Management und E-Government", die von Martin Hagen geleitet wird. Ein aktuelles Projekt der Bremer IT ist der einheitliche "Verwaltungs-PC": Ziel ist eine Standardisierung und die Professionalisierung des IT-Supports über alle Dienststellen hinweg. Im IT-Planungsrat vertritt Lühr Bremen.
Horst Baier, CIO von Niedersachsen
Das Land Niedersachsen hat am 20. März 2020 Horst Baier zum IT-Bevollmächtigten ernannt. Formal agiert der 57-Jährige als IT-Bevollmächtigter und leitet die Stabsstelle "Informationstechnik der Landesverwaltung".
Stefan Latuski, CIO der Bundesagentur für Arbeit
Stefan Latuski leitet ab 1. August 2023 als CIO die IT-Geschicke der Bundesagentur für Arbeit - zunächst kommissarisch.
Mit Kristina Sinemus berief das Land Hessen erstmals eine Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung.
Foto: Hessische Staatskanzlei

Neben dem Onlinezugangsgesetz beschäftigt den CIO auch die Digitalisierung der internen Verwaltungsprozesse. Für die Landesebene wurde eine "digitale Modellbehörde" konzipiert, in der alle digitalen Abläufe pilotiert werden. Das Digitalministerium übernimmt dabei die strategische Steuerung. Zuständig für die operative Umsetzung ist das hessische Innenministerium, so Burghardt: "Das haben wir ganz bewusst getrennt." Die IT-Spezialisten im Digitalressort sehen sich eher als Berater und Unterstützer. Das Wissen um Workflows und Prozesse ist in den Fachministerien in der Regel stärker ausgeprägt.

Hessen PC für 70.000 Nutzer

Eine landesweite Initiative in diesem Kontext war die Einführung des "Hessen PC" für rund 70.000 Mitarbeitende. Laut Burghardt handelte es sich um eines der größten IT-Projekte des Landes, das sich über sage und schreibe neun Jahre gezogen hat. Erst im Januar 2020 wurde der Rollout abgeschlossen. Für alle Arbeitsplätze gibt es seitdem einheitliche Hardware- und Software-standards, Updates werden zentral gesteuert. "Wir können alle 70.000 Rechner zentral verwalten", betont der IT-Chef. Die von der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) bereitgestellte IT-Infrastruktur habe den Behörden gerade in der Corona-Pandemie sehr geholfen.

IT bewährt sich in der Krise

Wie wichtig effiziente IT-Systeme in Krisensituationen sind, zeigte auch der Einsatz der neuen Prozessplattform. Mithilfe von Civento wickelte Hessen unter anderem die Corona-Soforthilfe ab. Mehr als 135.000 Anträge wurden über die Plattform eingereicht. Basierend auf Civento konnte das Bundesland weitere Online-Dienste zur Verfügung stellen, darunter einen Service zum digitalen Melden von Corona-Verdachtsfällen.

Ein weiteres wichtiges Thema für den CIO ist die Mitarbeiterentwicklung beziehungsweise der Aufbau digitaler Kompetenzen. Als Pate unterstützt er etwa das Projekt "KommunalCampus". Ziel der Initiative ist eine Aus- und Fortbildungsplattform für die kommunale Ebene der öffentlichen Verwaltung. Ein Pilotprojekt läuft bereits in der Metropolregion Rhein-Neckar. Burghardt: "Mit der CIO-Patenschaft übernimmt Hessen die Federführung und unterstützt zudem das Modellvorhaben 'Kooperatives E-Government in föderalen Strukturen' in der Metropolregion."

Mit verschiedenen Akteuren bringe sich Hessen auch in das Projekt "Qualifica Digitalis" ein, das der IT-Planungsrat vorantreibt. Experten wollen in diesem Rahmen die veränderten Kompetenzanforderungen durch die Digitalisierung wissenschaftlich analysieren. Der IT-Planungsrat agiert als politisches Steuerungsgremium von Bund und Ländern, das die Zusammenarbeit im IT-Bereich koordinieren soll.

IT-Governance in Hessen

Die Doppelrolle als CIO und Digital-Staatssekretär hilft Burghardt, digitale Initiativen und Standards durchzusetzen. Als Teil der Staatskanzlei ist der Digitalbereich bei der hessischen Staatskanzlei angesiedelt und pflegt enge Verbindungen zu den angegliederten Ministerien. Noch wichtiger für das Standing im Behördengeflecht dürfte die Tatsache sein, dass der Bereich der hessischen Digitalministerin die kompletten Finanzmittel für die Digitalisierung steuert. Das Land Hessen führt eine Art "Digitalhaushalt", der mit 1,2 Milliarden Euro in der Legislaturperiode ausgestattet ist. Burghardt: "Die Ministerien müssen sich an uns wenden, um diese Mittel zu beantragen."

Dessen ungeachtet führt jedes Ressort ein Eigenleben. Die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen, ist auch für den CIO eine Herausforderung. Auch aus diesem Grund entschied das Land Hessen, in jedem Ministerium einen Digitalbeauftragten einzusetzen. Das ging per Kabinettsbeschluss, wie Burghardt berichtet. Die Digitalexperten seien in der Regel Mitarbeiter "auf Entscheidungsebene", die Beschlüsse auch durchsetzen könnten.

Bundesland Hessen: IT-Fakten und IT-Ausrichtung
Foto: cio.de

Im ebenfalls neu aufgestellten CIO-Rat treffen sich Digitalbeauftragte und Vertreter des IT-Dienstleisters HZD regelmäßig. "Hier werden die großen Themen besprochen und gemeinsam mit den Ministerien auch neue Initiativen entwickelt", so Burghardt, der dem Gremium vorsitzt.

Innovationen aus dem Think Tank

Um das Thema Innovationen voranzutreiben, hat der CIO einen dedizierten Bereich im Digitalressort geschaffen. Er spricht von einem "Think Tank", in dem Querdenken erwünscht sei. Im Mittelpunkt stehen neue Technologien und Zukunftsthemen. Neben Digitalisierungsexperten kommen dort auch Personalräte und ITler des Dienstleisters HZD zu Wort.

Aktuell beschäftigten sich die Kollegen insbesondere mit dem Thema digitale Souveränität, so Burghardt. Auch die Kooperation mit Microsoft werde in diesem Kontext diskutiert. Hessen pilotiert bereits den Einsatz von Microsoft-36-Apps for Enterprise und unterbindet dabei die Weiterleitung von Telemetriedaten. "Sensible Daten müssen in der Hoheit der öffentlichen Hand bleiben", beschreibt der CIO eine von vielen Anforderungen. Andere Informationen könnten womöglich auch in die Cloud wandern. An diesem Punkt ständen viele Entscheidungen noch aus.

Lessons Learned

Die größte Hürde nach seinem Amtsantritt war, "Akzeptanz für unsere Rolle zu schaffen", blickt der CIO zurück. So galt es, die Kooperation der verschiedenen Ministerien in Sachen IT zu verbessern, ohne dabei als Störenfried von außen wahrgenommen zu werden. Beim Umsetzen des OZG habe das gut funktioniert.

Einen Schub in Sachen Digitalisierung habe die Corona-Pandemie gebracht. Das Bewusstsein für Themen wie Home Office und Remote Work sei spürbar gestiegen. Burghardt: "Vor allem aber hat die IT der Krise standgehalten, das war für alle Betroffenen ersichtlich." So habe man beispielsweise in kürzester Zeit die Kapazitäten für VPN-Verbindungen vervielfacht. "Die IT in Hessen hat heute einen ganz anderen Status", bilanziert der ehemalige Oberbürgermeister. Genau das würde er sich auch für die Bundes-IT wünschen: "Wir brauchen auf allen Ebenen ein Digitalministerium, auch im Bund!"