Hohe Migrationskosten

Auf Firmen-Desktops fristet Linux ein Nischendasein

25.08.2005 von Ingo Butters
Nachdem Unternehmen gute Erfahrungen mit Linux-Servern gemacht haben, spielen einige Betriebe mit dem Gedanken, Open-Source-Systeme auch auf ihren Desktops einzusetzen. Wie eine Gartner-Studie zeigt, wagt aber nur eine Handvoll tatsächlich den Wechsel zur Windows-Konkurrenz. Die Gründe: zum Teil hohe Migrationskosten und Probleme mit der Kompabilität.

Der Marktanteil von Linux auf Firmen-Desktops ist derzeit verschwindend gering. Bei einer Umfrage gab nur ein mageres Prozent der Gartner-Kunden an, dass auf ihren Arbeitsplatzrechnern das alternative Betriebsystem läuft. Auch für die Zukunft wird Linux im hoch gesättigten Markt der Unternehmens-Desktops nur eine Randerscheinung bleiben: Bis 2008, so die Prognose von Gartner, legt der Marktanteil nur auf 3,2 Prozent zu.

Die größte Hürde sind für viele Unternehmen die hohen Migrationskosten von Windows auf Linux. Außerdem ist eine Vielzahl von Anwendungen immer noch nicht mit dem Open-Source-Betriebsystem kompatibel. Linux kann deshalb oft nur für einen eingeschränkten Nutzerkreis eingesetzt werden.

Vielfalt als Risiko für Unternehmen

Ein weiterer Nachteil von Linux ist die von der Open-Source-Gemeinde hoch geschätzte Vielfalt der Lösungen. Aus Unternehmenssicht bedeutet Vielfalt nämlich Risiko, sagen die Gartner-Analysten. So gibt es mit Gnome oder KDE zwar ausgereifte grafische Oberflächen, mit denen Nutzer gut zurechtkommen. Allerdings ist derzeit nicht abzusehen, welche Lösung sich durchsetzen wird.

Prinzipiell lohnt sich der Umstieg nach Gartner-Erkenntissen am ehesten für Betriebe, die mit einer fragmentierten, älteren Windows-Landschaft arbeiten und nur wenige Applikationen migrieren müssen. Weil durch die Umstellung auf eine homogene Linux-Landschaft die Unterhaltskosten sinken, erreichen die Betriebe so relativ rasch den Return on Investment (ROI).

Bei einer anderen Ausgangslage sieht das anders aus. Die Gartner-Analysten haben errechnet, dass sich die Total Cost of Ownership (TCO) von Linux-Systemen nicht gravierend von denen eines Windows-Systems unterscheiden. Für den Fall, dass Windows-Betriebsysteme bereits auf Rechnern vorinstalliert sind, sind die TCO für Linux samt Support sogar höher.

Anders sieht es bei Office-Paketen aus. Windows-Produkte sind in der Anschaffung deutlich teurer als Open-Source-Alternativen wie Star Office von Sun Microsystems, das gerade einmal mit einem Zehntel der kosten zu Buche schlägt.

IT-Landschaften mit beiden Systemen

In manchen Fällen, so die Gartner-Analysten, sei es am besten, sich vom "Entweder-oder-Ansatz" bei der Wahl des Betriebssystems zu verabschieden. So könnten Unternehmen auch eine gemischte Windows- und Linux-Umgebung aufbauen und die Betriebssysteme dort einsetzen, wo ihr Potenzial am besten ausgeschöpft werden kann.

Vorbild für die Gartner-Analysten ist das Linux-Projekt der Stadt Wien. Während beispielsweise München enorme Mittel für eine Komplett-Migration der Desktops auf Linux aufwenden muss, wählten die Österreicher einen konservativeren Ansatz. Die Stadt arbeitet mittlerweile mit beiden Systemen. Die Wahl, welches System tatsächlich eingesetzt wird, ist den einzelnen Abteilungen überlassen. So können die Nutzer eruieren, welches Betriebssystem in welcher Situation den größten Nutzen bringt.

Gartner hat für diese Übersichtsanalyse verschiedene eigene Studien über die Wahl zwischen Windows- und Open-Office-Lösungen ausgewertet.