Heimwerker setzen lieber auf ERP-Eigenbau

Außergerichtliche Einigung im Fall Hornbach vs. SAP

20.03.2008 von Nicolas Zeitler
"Ran ans Projekt!" Gemäß ihrem Slogan startete die Baumarktkette Hornbach die SAP-Einführung. Doch dieses 2002 angelaufene Projekt sollte unter keinem guten Stern stehen. Der Fall landete vor Gericht, wegen angeblicher Mängel bei der Umsetzung. Jetzt haben sich die Streithähne dem Vernehmen nach geeinigt.
"Es gibt immer was zu tun", wirbt die Baumarktkette mit Sitz im pfälzischen Neustadt. Bei der SAP-Einführung bekamen es Hornbach und die Walldorfer Software-Hersteller auch im negativen Sinne miteinander zu tun.
Foto: Hornbach

Hornbach und SAP wollen auch künftig weiter zusammenarbeiten. Einzelheiten waren bei beiden Unternehmen nicht zu erfahren. Über die Inhalte der Einigung sei Stillschweigen vereinbart worden, sagten übereinstimmend Sprecherinnen der Baumarktkette und des Walldorfer Software-Anbieters. Auch wie es zu der Übereinkunft kam, ist offen. Am 27. April 2007 hatte Hornbach beim Landgericht Düsseldorf eine Feststellungsklage mit einem Streitwert von 708.000 Euro eingereicht. Darin wollte die Heimwerkerkette SAP das Recht streitig machen, einen Rechnungsbetrag in dieser Höhe einzufordern.

Im August vergangenen Jahres hatten beide Parteien beim Gericht beantragt, das Verfahren vorerst ruhen zu lassen, und einen für September anberaumten Termin abgesagt. Im Januar hatte es dann geheißen, eine gütliche Einigung sei bislang nicht möglich gewesen, liege aber weiter im Interesse von SAP. Auch die Baumarktkette strebte zu dieser Zeit eine außergerichtliche Beilegung des Konflikts bis Mitte Februar an. Die kam nun offenbar zustande. Allerdings: Vom Landgericht Düsseldorf war zu erfahren, dass die Klage nicht formell zurückgenommen wurde. Die Akte ist laut einer Gerichtssprecherin nur "weggelegt", weil weder Hornbach noch SAP seit August weitere Schritte in dem Verfahren unternommen haben (Az. 10 O 191/07).

Zu der offenbar erzielten Einigung erklärte Hornbach-Sprecherin Ursula Dauth nur: "Wir arbeiten weiter mit der Software, mit der wir bisher gearbeitet haben." Wie genau das zu verstehen sei, ließ sie auch auf Nachfrage von CIO-Online offen. Bereits im Oktober 2005 hatte Hornbach das laufende Projekt gestoppt. Bisher sind nach SAP-Angaben 46 von 120 Baumärkten auf die ERP-Software umgestellt. Im Januar hatte es geheißen, die bereits installierte SAP-Software werde dort weiterhin genutzt. Unklar ist, ob die weitere Umsetzung des Projekts eingefroren bleibt.

Lynn-Kristin Thorenz vom Beratungshaus Pierre-Audoin-Consultants geht indes davon aus, dass Hornbach auf lange Sicht zu einer einheitlichen Lösung übergehen wird. Möglicherweise würde in den noch nicht auf SAP umgestellten Baumärkten vorübergehend weiterhin mit älterer Software gearbeitet. "Ich nehme aber an, dass auch diese Filialen auf SAP umstellen werden, wenn die von Hornbach beanstandeten Mängel behoben sind", sagt die Retail-Expertin. Nicht ausschließen will Thorenz allerdings auch die Möglichkeit, dass Hornbach sich für seine Filialen nach einer komplett anderen Lösung umschaut.

SAP hat stets betont, dass es weder bei den Funktionen des von Hornbach bestellten Systems "SAP for Retail" noch bei dessen Einführung durch die SAP-Tochter Systems Integration (SI) Mängel gegeben habe. "Das Projekt war aus Sicht von SAP erfolgreich", heißt es dazu aus Walldorf. Eine von SAP SI im März 2006 bei einem nicht näher genannten "unabhängigen Beratungshaus" in Auftrag gegebene Untersuchung habe ausdrücklich "keine (eklatanten) Mängel" aufgezeigt. Die Software-Firma betont: "Gerade das Projekt-Management und die Testplanung von SAP SI wurden ausdrücklich gelobt."

Umsatzrückgang wegen Software-Fehlern?

Während die Walldorfer betonen, die auf SAP umgestellten Hornbach-Märkte seien "bis heute produktiv", hatte die Baumarktkette Fehler bei der SAP-Software für Umsatzrückgänge mit verantwortlich gemacht. Gegenüber unserer Schwesterpublikation Computerwoche hatte der Vorstandsvorsitzende Steffen Hornbach geäußert, die Filialen mit SAP hätten gegenüber den anderen vier Prozent weniger Umsatz erzielt.

Das SAP-Projekt war bei Hornbach 2002 angelaufen. Gemeinsam mit SAP SI wurden die Prozesse im Finanzwesen, Controlling, Treasury und in der Konsolidierung komplett auf SAP R/3 umgestellt. Die neue Lösung wurde Mitte 2004 in Betrieb genommen, ältere Systeme eingestellt. Im Anschluss wurde die Warenwirtschaft in Angriff genommen. Hornbach stellte das Lagerverwaltungssystem in seinen Logistikzentren auf SAP um.

Bedienoberfläche selbst entwickelt

Geplant war, im Anschluss die Warenwirtschaft weiter auszubauen und die Systeme der einzelnen Baumärkte zu integrieren. Es ging dabei vor allem um die Bedienoberflächen der Programme in den Hornbach-Filialen. Doch schon im Oktober 2005 stoppte Hornbach nach SAP-Angaben das Projekt und begann, den "Retail Store" durch eine selbst entwickelte Benutzeroberfläche abzulösen.

Hornbach betreibt mehr als 120 Filialen in neun europäischen Ländern. Das SAP-Projekt soll Hornbach zufolge rund 33 Millionen Euro gekostet haben.