Zukunft Beratermarkt

Berater gefrustet wegen Digitalisierung

21.03.2016 von Christoph Lixenfeld
Forrester glaubt, dass Beratungsunternehmen schlecht auf die rasante Digitalisierung vorbereitet sind. Eine deutsche Studie bestätigt die These eindrucksvoll.
  • Beratung wird in den kommenden Jahren viel immer komplexer, vor allem durch Digitalisierung.
  • Consultingfirmen halten sich für unzureichend darauf vorbereitet.
  • Vor allem personell sehen sie Nachholbedarf.
  • Forrester prognostiziert sechs Themen, die bis 2020 "die Zukunft des Consultings definieren."

Wenn zwei empirische Untersuchungen zum selben Thema sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen und dennoch im Kern fast identische Ergebnisse liefern, dann sollte man diese Ergebnisse genau unter die Lupe nehmen.

"Die Zukunft des Consulting bis 2020", so der (übersetzte) Titel eines Forrester-Reports. Für ihre Prognose haben die Analysten 30 Führungskräfte von internationalen Beratungshäusern wie KPMG oder CSC danach gefragt, wie sie die eigene Zukunftsfähigkeit einschätzen.

Der Optimismus - so eine Erkenntnis daraus - hält sich in Grenzen: Die Großen der Szene stellen zunehmend fest, dass sich Märkte und ihre Anforderungen schneller verändern, als sie selbst dazu in der Lage sind. Vor allem die Digitalisierung aller Lebensbereiche zwingt Berater dazu, sich bei jeder Leistung stärker am Endkunden zu orientieren, schneller zu liefern und agil zu bleiben, das heißt Anpassungen an Konzept und Umsetzung bis zur letzten Minute möglich zu machen.

Eine hübsche Inneneinrichtung - wie hier bei der Boston Consulting Group - wird in Zukunft nicht mehr genügen, um auf dem Beratermarkt Erfolg zu haben.
Foto: BCG The Boston Consulting Group

Für all das braucht es veränderte Skills: Rein technische Umsetzungsberatung verliert an Bedeutung, weil Technologie zur Commodity beziehungsweise technische Anpassung zum Endkunden verlagert wird.

Die Wenigsten schaffen den Wandel

Ein Teil der Beratung großer Kunden wird stattdessen - so Forrester - in Form von "trusted advicement" für Führungskräfte ablaufen, was bedeutet, dass Consultants von Umsetzern zu Strategen werden.

Aber abgesehen davon, dass sich dieser Ansatz nicht für jeden Job eignet, wird auch nicht jeder Berater zukünftig zu solcher Meta-Beratung in der Lage sein, glaubt Forrester. Zitat: "Die Umwälzungen durch die Digitalisierung, die wir in sämtlichen Märkten beobachten, haben mittlerweile ein Tempo erreicht, das nur noch die besten Consultants mitgehen können."

BDU-Studie: Beratergehälter 2015
Was Unternehmensberater verdienen ...
... hat der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) in einer aktuellen Studie ermittelt.
Mitarbeiter in IT-Support,
... HR oder Verwaltung stehen in Unternehmensberatungen am unteren Ende der Einkommensskala. Sie verdienen durchschnittlich ...
... brutto im Jahr.
Allerdings sind im Bereich "Support Staff" die Gehälter breit gestreut: Sie bewegen sich zwischen 21.500 und 41.500 Euro im Jahr.
Wer nach dem Bachelor-Abschluss ...
... als Analyst in einer Unternehmensberatung einsteigt, kann mit durchschnittlich ...
... für Analysten im Jahr rechnen.
Damit verdient er im Jahr etwa 7.000 Euro mehr als ein Mitarbeiter aus dem Support Staff, der nicht beratend tätig ist.
Jung-Berater mit Masterabschluss ...
... können von einem Bruttojahresgehalt von durchschnittlich ...
... für Berater ausgehen.
Damit gehören Berater zu den Hochschulabsolventen, die überdurchschnittlich bezahlt werden.
Senior Cosultants mit einigen Jahren Berufserfahrung ...
... erhalten nur geringfügig mehr als Consultants: Das Jahreseinkommen steigt um nur 1.500 Euro und beläuft sich auf ...
... für Senior Consultants.
In der Hierarchiestufe "Manager" ...
... in der Unternehmensberatung kann man mit einem Jahresverdienst von ...
... für Manager rechnen.
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Manager-Gehälter in der Beratung nur um zwei Prozent gestiegen.
Senior-Manager in der Beratung ...
... sind in der Regel am Umsatz ihrer eigenen Projekte beteiligt. Das Jahresgehalt beträgt im Schnitt ...
... für Senior Manager.
... erhält im Vergleich zum Manager 15.500 Euro mehr jährlich.
Partner sind die oberste Hierarchieebene in der Unternehmensberatung.
Sie verantworten einen Geschäftsbereich des Unternehmens und sind in der Regel Anteilseigner der Firma.
... erhalten Partner einer Unternehmensberatung im Jahr.
Damit verdienen sie mehr als drei mal so viel wie der Bachelor-Absolvent, der als Analst beginnt.

Außerdem bräuchten Beratungsunternehmen deutlich mehr unterschiedliche Skills als noch vor wenigen Jahren, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können. Schlaue Industrieexperten zu haben sei längst nicht mehr genug, sagt Forrester, sondern gesucht seien Leute, die wissen, wie sich aus Industrie-Expertise Produkte und Dienstleistungen generieren ließen, die schnell marktfähig sind.

Zitat: "Unternehmen wollen und müssen ihre Kunden heute detailliert verstehen. Deshalb brauchen sie Berater, die ihnen dabei helfen." Renee Borkowski von Razorfish zum Beispiel sagte Forrester, seine Branche müsse heute geradezu eine Obsession entwickeln für die Bedürfnisse der Kunden ihrer Kunden.

Viele Berater sehen sich schlecht vorbereitet

Beratungsprojekte werden in den kommenden Jahren rapide komplexer werden, was vor allem an der Digitalisierung liegt.
Foto: everythingpossible - Fotolia.com

Fast Deckungsgleich sind interessanterweise jene Herausforderungen, die LAB & Company für Berater auf dem deutschen Markt sieht. Das Unternehmen gehört zu den Top 20-Personalberatungen hierzulande und befragte in seinem "2. LAB Consulting-Barometer" 8000 Unternehmensberater aller Segmente in Deutschland.

79 Prozent von ihnen prognostizieren starke Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung. Und mehr als ein Drittel sieht das eigene Unternehmen schlecht darauf vorbereitet.

Die Vorteile seien zwar unübersehbar, aber die meisten Consultants nicht in der Lage, davon zu profizieren: Digitalisierung, sagte die Mehrheit der Befragten, brächte durchaus Effizienzsteigerungen und eine besser Kommunikation mit Kunden und Kollegen, aber lediglich 44 Prozent der Berater versprechen sich davon auch mehr Umsatz. Mit höherer Mitarbeiterzufriedenheit durch Digitalisierung rechnen sogar nur 17 Prozent.

Bemerkenswert ist die hohe Bedeutung, die der Digitalisierung beigemessen wird und das gleichzeitige Eingeständnis der mangelnden eigenen Fitness auf diesem Gebiet. Dabei hapert es in der Regel nicht an der technischen oder finanziellen Ausstattung, sondern vor allem an geeigneten Prozessen und kompetenten Mitarbeitern beziehungsweise Führungskräften.

Was zählt, ist der Faktor Mensch

Auch umgekehrt wird ein Schuh draus: Consultingunternehmen, die sich gut vorbereitet sehen auf die Digitalisierung, machen dies vor allem am Personal fest und an der Veränderungsbereitschaft ihrer Organisation. Tobias Klein von LAB, Co-Autor der Studie: "Bei aller Standardisierung, Digitalisierung und Industrialisierung der Consultingbranche kommt es am Ende doch vor allem auf den Faktor Mensch an."

So wenig überraschend eine solche Erkenntnis von Seiten des Personalberaters ist: Die Quintessenz der eingangs beschriebenen Forrester-Studie läuft auf dasselbe hinaus.

Einsam im Datendschungel: Nicht nur Lieschen Müller, sondern auch hochbezahlte Berater fühlen sich durch die Digitalisierung immer häufiger überfordert.
Foto: Michelangelus - shutterstock.com

Change Management wird extrem komplex

Forrester beschreibt in seiner Berater-Prognose bis 2020 am Ende sechs Themen, "die die Zukunft des Consultings definieren."

1. Umsatzstarke rein technische Projekte werden deutlich weniger.

2. Projekte mit flexibler, ergebnisabhängiger Vergütung werden jene mit fixem Salär verdrängen.

3. Zudem wird es in Verträgen immer öfter um Umsatzbeteiligungen beziehungsweise um die Verteilung von Lizenzen an gemeinsam entwickelter Software gehen.

4. Projekte werden kleiner, globaler und immer häufiger von virtuellen Teams erledigt.

5. Strategische Projekte ohne agile, also im Laufe des Prozesses veränderbare Elemente gehen stark zurück.

6. Change Management für Organisationen wird extrem komplex, vor allem weil es dabei immer um den Umgang mit Daten geht.

Auch Nicht-Personalberatern leuchtet in Anbetracht dieses Anforderungskatalogs ein, dass die für erfolgreiches Beraten notwendigen Skills bis 2020 deutlich vielfältiger und komplexer werden.