Digitalwährung mit mieser Öko-Bilanz

Bitcoin steht schon wieder vor der Ablösung

13.12.2017
Ob sich ein Bitcoin-Investment lohnt, muss die Zeit zeigen. Dass der Boom der Digitalwährung der Umwelt schadet, bezweifeln selbst Bitcoin-Fans nicht. Eine Verbesserung der Öko-Bilanz des Bitcoin ist nicht absehbar - ganz im Gegenteil.
Der Bitcoin-Hype lockt auch konservative Sparer aus der Deckung.
Foto: Adrian Today - shutterstock.com

Beim traditionellen Festgeldsparen schrecken niedrige Zinssätze von unter zwei Prozent die Anleger ab, während die frühen Investoren in die umstrittene Digitalwährung Bitcoin über eine Serie von erstaunlichen Kurssprüngen jubeln. Heftige Kursschwankungen strapazieren zwar die Nerven der Bitcoin-Fans, doch bislang ist der große Crash ausgeblieben.

Blockchain als Bitcoin-Rückgrat

Die Bitcoin-Gewinner blenden dabei aber oft aus, unter welchen ökologischen Umständen die Digitalwährung "geschürft" wird. Die "Miner" stellen ein gigantisches Computernetzwerk zur Verfügung, mit dem die Integrität der Währung gewährleistet wird. Sie verifizieren sämtliche Bitcoin-Transaktionen und speichern das unendliche Logbuch ("Blockchain") in Datenbanken. Sie bilden quasi das technische Rückgrat des Zahlungssystems Bitcoin und werden dafür mit Einheiten der Digitalwährung belohnt.

Die Funktionsweise von Blockchain
Blockchain
Blockchain wird in den kommenden Jahren zur Schlüsseltechnologie in der IT werden.
(1) Transaktion
Die Transaktion ist die elementare Grundeinheit der Blockchain. Zwei Parteien tauschen Informationen miteinander aus. Dies kann der Transfer von Geld oder Vermögenswerten, der Abschluss eines Vertrags, eine Krankenakte oder eine Urkunde sein, die digital gespeichert wurde. Transaktionen funktionieren im Prinzip wie das Versenden von E-Mails.
(2) Verifizierung
Die Verifizierung prüft, ob eine Partei die entsprechenden Rechte für die Transaktion hat. Die Prüfung erfolgt augenblicklich oder es wird in eine Warteschlange geschrieben, die die Prüfung später durchführt. An dieser Stelle werden Knoten, also Computer oder Server im Netzwerk, eingebunden und die Transaktion verifiziert.
(3) Struktur
Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, wobei diese mit einer Hash-Funktion als Bit-Nummer verschlüsselt werden. Die Blöcke können durch die Zuweisung des Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden. Ein Block enthält einen Header, eine Referenz auf den vorhergehenden Block und eine Gruppe von Transaktionen. Die Abfolge der verlinkten Hashes erzeugt eine sichere und unabhängige Kette.
(4) Validierung
Bevor die Blöcke erzeugt werden, müssen die Informationen validiert werden. Das am meisten verbreitete Konzept für die Validierung von Open-Source-Blockchains ist das „Proof of Work“-Prinzip. Dieses Verfahren stellt in der Regel die Lösung einer schweren mathematischen Aufgabe durch den Nutzer beziehungsweise dessen Computer dar.
(5) Blockchain Mining
Der Begriff Mining stammt aus der Bergbau und meint das „Schürfen“. Bei diesem Vorgang wird der Block erzeugt und gehasht. Um zum Zug zu kommen, müssen die Miner ein mathematisches Rätsel lösen. Wer als Erstes die Lösung hat, wird als Miner akzeptiert. Der Miner erhält für seine Arbeit ein Honorar in Form von Kryptowährung (Bitcoin).
(6) Die Kette
Nachdem die Blöcke validiert wurden und der Miner seine Arbeit verrichtet hat, werden die Kopien der Blöcke im Netzwerk an die Knoten verteilt. Jeder Knoten fügt den Block an der Kette in unveränderlicher und unmanipulierbarer Weise an.
(7) Verteidigung
Wenn ein unehrlicher Miner versucht, einen Block in der Kette zu ändern, so werden auch die Hash-Werte des Blockes und der nachfolgenden Blöcke geändert. Die anderen Knoten werden diese Manipulation erkennen und den Block von der Hauptkette ausschließen.

Den gesamten Strombedarf der in aller Welt verteilten "Miner" kann man nicht exakt bestimmen, sondern nur schätzen. Alex de Vries, einer der weltweit führenden Kryptowährungsexperten, hat in seinem Blog Digiconomist berechnet, dass durch das Bitcoin-System derzeit 32,5 Terawattstunden im Jahr verbraucht würden. Das entspreche immerhin dem Strombedarf von Serbien. Pro Bitcoin-Transaktion würden 237 Kilowattstunden verbraucht, das entspricht in etwa dem monatlichen Durchschnittsverbrauch in einem kleineren Einfamilienhaus in Deutschland.

Die Zahlen von de Vries sind allerdings nicht unumstritten. So bezweifelt der französische Bitcoin-Experte Marc Bevard die Berechnungsgrundlage, wonach 60 Prozent der Bitcoin-Erlöse beim Schürfen für den Strombedarf draufgehen. Doch selbst, wenn die Stromrechnung nur 20 oder 30 Prozent der geschürften Bitcoin-Erträge frisst, bleiben die grundsätzlichen Zweifel an der ökologischen Nachhaltigkeit des Bitcoin.

Kampf um Bitcoin-Einheiten

Das hat auch mit einem Grundprinzip der Digitalwährung zu tun: Es werden im gesamten Bitcoin-Netzwerk täglich nur rund 1800 Bitcoins an die "Miner" verteilt. Und je mehr "Miner" um die wenigen Bitcoin-Einheiten buhlen, desto komplizierter werden die Rechenaufgaben, die zu bewältigen sind. Dieses Prinzip schützt zum einen das System vor Angriffen von Betrügern. Es treibt aber auch die erforderliche Rechenleistung nach oben.

Die enorme Nachfrage nach Bitcoin lasse die Kosten der Transaktion steigen, sagte am Montag der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, im Deutschlandfunk. "Es ist nicht ganz einfach, diese Eigentumsübertragungen zu verifizieren. Dazu braucht es erhebliche Rechnerleistung. Und der eigentliche Vorteil dieser Technik, nämlich schnell, günstig Eigentumsübertragungen zu erfassen, löst sich jetzt langsam auf, denn es dauert immer länger oder kostet immer mehr, um diese Eigentumsübertragung zu verifizieren."

Stromkosten drücken Stimmung in der Bitcoin-Szene

Damit sich das Schürfen der Digitalwährung noch lohnt, weichen die großen Player in der Bitcoin-Szene auf Länder aus, in denen Strom nicht viel kostet. Dazu gehört auch Island, wo Ökostrom vergleichsweise billig zu haben ist. Das Gros der Bitcoin-Einheiten wird aber inzwischen in China geschürft, wo Mining-Farmen im Zweifelsfall mit Kohlestrom gespeist werden. Rund zwei Drittel des chinesischen Stroms werden aus fossilen Brennstoffen erzeugt.

Bitcoin steht vor der Ablösung

Vor diesem Hintergrund hat Bram Cohen, der Erfinder des Filesharing-Systems BitTorrent, angekündigt, eine eigene Digitalwährung herauszubringen. Sein "Chia Network" setzt zwar wie Bitcoin auch auf die Blockchain-Technologie, soll aber bei den Transaktionen mit deutlich weniger Energie auskommen. Bei der Verifizierung soll nicht mehr die Prozessorleistung eine Rolle spielen, sondern der Speicherplatz. "Die Idee ist, einen besseren Bitcoin zu schaffen", sagte Cohen dem Portal "TechCrunch". Außerdem könne man mit dem Chia-System die Instabilität des Bitcoin beseitigen, die auf die Abhängigkeit von wenigen "Minern" zurückzuführen sei, die Zugang zu den billigsten Energiequellen haben.

Im "Chia Network" sollen auch keine "Miner" (Bergleute) arbeiten, sondern "Farmer". "Es ist technisch anspruchsvoll und es gibt einen großen Berg von Arbeit zu erledigen", sagte Cohen. Er habe aber bereits genügend Geld von Investoren eingesammelt und auch schon die notwendigen Mitarbeiter eingestellt. Im zweiten Quartal sollen erste Chia verkauft werden. (dpa/rs)