Analysten-Kolumne

Business Intelligence braucht eine Organisation

05.11.2008 von Thomas Goldfuß und Steffen Vierkorn
Erst wenn Unternehmen BI in die Organisationsstruktur einbetten, können sie dauerhafte Erfolge erzielen. Eine empirische Studie zeigt, dass ein Business Intelligence Competence Centers (BICC) als "single point of contact" den Nutzen von BI-Lösungen erheblich verbessert. Im Kern geht es um den Aufbau einer geeigneten Organisationsform und die Etablierung von geeigneten Prozessen im Unternehmen.
BARC-Analyst Steffen Vierkorn: "Erst durch die Einbettung von BI in die Organisationsstruktur des Unternehmens können dauerhafte, übergreifende Erfolge erzielt werden."

Business Intelligence (BI) unterstützt Unternehmen bei Entscheidungs- und Steuerungsprozessen und liefert wertvolle Führungsinformationen. Um BI erfolgreich zu implementieren, müssen Unternehmen unterschiedlichste technische Aspekte und fachliche Anforderungen berücksichtigen.

Für den dauerhaften Erfolg muss neben der Berücksichtigung der technischen und fachlichen Facetten eine unterstützende Organisationsform im Unternehmen etabliert werden. BI-Initiativen werden jedoch häufig in Form von unabhängigen Projekten angegangen. So kommen die gesteckten, übergreifenden Ziele meist zu kurz.

Erst durch die Einbettung von BI in die Organisationsstruktur des Unternehmens können dauerhafte, übergreifende Erfolge erzielt werden. In der Praxis hat sich die Einrichtung eines Business Intelligence Competence Centers (BICC) als erfolgversprechend herausgestellt. Hierbei geht es im Kern um den Aufbau einer geeigneten Organisationsform und die Etablierung von geeigneten Prozessen im Unternehmen.

Um zu erkunden, was ein BICC in der Praxis erfolgreich macht, führte das Business Application Research Center (BARC) im Frühjahr 2008 eine empirische Studie mit über 350 teilnehmenden Unternehmen durch. Die Studien-Teilnehmer sind in unterschiedlichen Ländern angesiedelt, agieren teilweise weltweit und stammen aus unterschiedlichen Branchen.

BICC im Unternehmen.

74 Prozent der an der Umfrage-Teilnehmer haben bereits ein BICC eingerichtet. Hierbei wurden unterschiedlichste Organisationsformen für das BICC gewählt. Die Einbettung des BICCs erfolgt in den meisten Fällen als unabhängige Abteilung oder als virtuelles Team, das sich aus Mitgliedern verschiedener Abteilungen zusammensetzt. Größere Unternehmen tendieren eher dazu, eine eigenständige Abteilung für ein BICC einzurichten (siehe Grafik 1). Am seltensten wird bei den an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen ein BICC als Stabsstelle organisiert.

BI-Lösungen werden besser genutzt

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass durch die Bündelung von Aufgaben in einem BICC die Nutzung von BI-Lösungen erheblich verbessert wird. Das BICC ist der "single point of contact" für BI im Unternehmen und erleichtert so u.a. die Organisation einer Data Governance, die Auswahl eines geeigneten Werkzeugportfolios, sowie die Koordination der Schulungsmaßnahmen und des Wissensaustausches zwischen Fachbereichen. Dies sind nur einige Aufgaben die im Rahmen eines BICC zur Optimierung von Unternehmensprozessen beitragen können. Projekte, die nicht durch eine entsprechende Organisationsform unterstützt werden, neigen im Gegensatz eher dazu, sich auf die Bedürfnisse einzelner Anforderungsgeber zu fokussieren und übergreifende Aspekte außer Acht zu lassen.

Optimierung der Daten-Management-Strukturen

Die Umfrage-Ergebnisse zeigten eine eindeutige Tendenz, dass Firmen mit BICC ihr Datenmanagement strukturierter und nachhaltiger betreiben: So verfolgen Unternehmen, die über ein BICC verfügen, häufiger ein strukturiertes Datenmanagement als diejenigen ohne BICC. 66 Prozent der Unternehmen mit einem BICC verfolgen einen zentralen Ansatz mit einem oder mehreren Data Warehouses (ohne BICC nur 52 Prozent). Nur zwölf Prozent der Unternehmen mit BICC haben eine unkoordinierte Datenmanagement-Strategie, während dies in 23 Prozent der Unternehmen ohne BICC der Fall ist.

Unternehmen mit einem BICC integrieren mehr relevante Datenquellen in ein zentrales, übergreifendes Reporting- und Analyse-System. So gaben 65 Prozent der Unternehmen mit einem BICC in der Umfrage an, mehr als vier Datenquellen in ihr Data Warehouse zu integrieren - im Gegensatz zu nur 47 Prozent ohne diese Organisationsstruktur.

Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich hakt noch

Die Umfrageergebnisse ergaben auch eine hohe Diskrepanz bei der Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich. So ist die Kooperation zwischen IT und Fachbereich bei Unternehmen mit einem BICC wesentlich stärker ausgeprägt (48 Prozent mit BICC versus 31 Prozent ohne BICC). Eine gute Kooperation ist häufig entscheidend für den Erfolg von BI-Initiativen. Unternehmen, die kein abgestimmtes Vorgehen zwischen IT und Fachbereich wählen, kämpfen oft damit, dass die ausschließlich von der IT gewählten Systeme die fachlichen Anforderungen nicht erfüllen können. Oder im Gegensatz dazu, dass die durch den Fachbereich gewählten Systeme erhebliche Herausforderungen bei der Implementierung und dem Betrieb darstellen. Im Idealfall findet bei der Konzeption, der Implementierung und dem Betrieb der BI-Systeme eine rege Zusammenarbeit zwischen den beiden Lagern statt.

BICC sind immer eine an die jeweiligen Unternehmensstrukturen angepasste Einheit

Die Aufgaben eines BICCs unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Bei den an der Umfrage teilnehmenden Firmen liegt der Schwerpunkt meist auf der Planung, Koordination und Kontrolle von BI-Initiativen. Die Aufgabenbewältigung wird aber mit unterschiedlich zugewiesenen Kompetenzen und Rechten innerhalb der Unternehmen angegangen.

Die BI-Anwenderwerkzeuge.

Eine Aufgabe des BICC kann die Kontrolle der eingesetzten Werkzeuge sein. Dies führt zu einer Standardisierung auf ein oder zwei Software-Lösungen. Insgesamt haben 72 Prozent der Unternehmen mit BICC einen oder zwei Standards etabliert, im Gegensatz zu 59 Prozent der Unternehmen ohne BICC, die insgesamt eine höhere Anzahl unterschiedlicher Werkzeuge aufweisen (siehe Grafik 2).

BICCs verbessern die Qualität von BI-Initiativen

Die Umfrageteilnehmer wurden gebeten, die Business-Intelligence-Initiative ihres Unternehmens qualitativ zu bewerten. Dabei übertrafen Unternehmen mit BICC diejenigen ohne BICC in jeder einzelnen Kategorie. Die Einrichtung eines BICCs erhöht sowohl die Qualität von BI-Aktivitäten als auch die Anwenderzufriedenheit. Die Informationsqualität, die oft auf scharfe Kritik trifft, ist im Allgemeinen besser in Unternehmen mit BICC als in Unternehmen ohne einen zentralen Ansatz. Ebenso ist die Zufriedenheit mit der internen Koordination von BI-Initiativen bei Unternehmen mit BICC höher.

Insgesamt lässt sich in den Ergebnissen der Umfrage klar die Bedeutung einer adäquaten Organisationsform von BI in Unternehmen erkennen. In fast jeder komparativen Analyse auf Basis der Umfrageergebnisse hatten Unternehmen mit einem BICC einen Vorteil gegenüber Unternehmen ohne eine entsprechende Organisation. Viele Unternehmen haben die Vorteile von BICC bereits erkannt und etablieren diese erfolgreich.

BARC-Studie: Organisation von Business Intelligence

Bei Interesse kann die BARC Studie "Organisation von Business Intelligence" mit weiteren Ergebnissen und Analysen unter www.barc.de/marktforschung kostenlos heruntergeladen werden.

Steffen Vierkorn ist Senior Analyst und Head of Research Business Intelligence bei BARC

Thomas Goldfuß ist Leiter der Marktforschung bei BARC