CIOs mehr denn je im Fokus

CeBIT ohne Schnickschnack

04.03.2014 von Werner Kurzlechner
Das Konzept der Messe ändert sich in diesem Jahr gehörig. IT-Entscheider rücken in den Mittelpunkt, Consumer werden verbannt. Bei den prägenden Themen bleibt dagegen alles beim Alten: Cloud, Mobile IT, Big Data und Social Media.

Der rote Teppich wird nochmals durchmessen - zuerst in Los Angeles bei der Oscar-Verleihung, dann in Hannover.

Oliver Frese CeBIT-Chef, Deutsche Messe: "Wir verlagern die CeBIT Global Conferences in die Halle 8 und verknüpfen damit Ausstellung und Konferenz in idealtypischer Form."
Foto: Deutsche Messe

Am 2. März haben sich in aufsehenerregender Abendgarderobe unter anderem Sandra Bullock, Meryl Streep, Christian Bale und Leonardo DiCaprio im und ums Dolby Theatre in der kalifornischen Metropole ablichten lassen.

Von 10. bis 14. März ist dann die CeBIT, sonntags zuvor geht es für die IT-Entscheider ja schon zum CeBIT Executive Dialog in den Beethovensaal des Hannover Congress Centrums. Und es klingt vielversprechend, wie insbesondere die CIOs in diesem Jahr vom Veranstalter umgarnt werden. "Die CeBIT rollt Führungskräften von IT-Abteilungen und Fachbereichen den roten Teppich aus", umwirbt die Deutsche Messe die Entscheider.

CeBIT hofiert CIOs

Nun ja, ganz so schillernd wie in Hollywood wird es an der Leine vermutlich nicht werden. Unglaubwürdig klingen die Behauptungen der CeBIT aber nicht, die IT-Chefs stärker denn je in den Mittelpunkt der Messe rücken zu wollen. Schließlich überlässt man das Thema Consumer Electronics erstmals gänzlich Veranstaltungen wie der CES in Las Vegas. Diese Profilierung ist die wegweisende Neuerung des Jahres und macht zwangsläufig CIOs zu Schlüsseladressaten der Veranstaltung. Dass dies auch für Entscheider aus den Fachbereichen gilt - nun ja, daran dürfte man sich schon gewöhnt haben.

Netzwerken - CIO-Treffpunkte auf der CeBIT

CIOs finden in diesem Jahr ihre wichtigsten CeBIT-Anlaufstellen in den Hallen 8 und 4. Die CeBIT bündelt die zentralen Veranstaltungen für Entscheider mit den CeBIT Global Conferences in Halle 8. Dort ist für vertrauliche Gespräche die CeBIT Executive Lounge zu finden – ein Treffpunkt nur für geladene Gäste. Ebenfalls in Halle 8 wird als Neuerung eine fachbereichsspezifische Plattform eingerichtet: die CXO Community Days (siehe Hauptartikel). Zum Netzwerken und zum Austausch von Erfahrungen gibt es – abermals in Halle 8 – den CeBIT Executive Exchange. Neu am Konzept ist, dass sich die Treffpunkte und Veranstaltungen nicht mehr exklusiv an CIOs, sondern auch an Entscheider aus den Fachbereichen richten. In Halle 8 gibt es deshalb kein "House of CIOs" mehr, sondern einen CeBIT Executive Club. In Halle 4 zeigt der IT-Anwenderverband Voice an einem eigenen Stand seine Erkenntnisse.

Insbesondere die digitale Transformation mit ihren organisatorischen und technischen Herausforderungen zwingt Fachbereiche und IT noch enger zusammen. Auf der CeBIT manifestiert sich dieses neue Miteinander jetzt in den CXO Community Days. Für Führungskräfte jeglicher Couleur gibt es dieses Mal - Business Breakfast und Business Lunch inklusive - zielgruppenspezifische Tagesprogramme: am Montag für Personalverantwortliche, am Dienstag und am Mittwoch für den Mittelstand, am Donnerstag für Datenschützer und für Sicherheitsbeauftragte und am Freitag für Marketing und Vertrieb. Das Ganze ist auch örtlich eng an die CeBIT Global Conferences in Halle 8 angebunden.

Halle 8 ist dieses Mal also eine zentrale Anlaufstelle - eine von insgesamt fünf entscheidenden Neuerungen, die CeBIT-Chef Oliver Frese für dieses Jahr nennt. "Wir verzahnen die Konferenzprogramme stärker mit der Messe", sagt Frese. "Deshalb verlagern wir die CeBIT Global Conferences als internationale Know-how-Drehscheibe in eine eigene Messehalle - die Halle 8 - und verknüpfen damit Ausstellung und Konferenz in idealtypischer Form." 70 Stunden Programm mit 100 Sprechern wie Wikipedia-Gründer Jimmy Wales (14. März, 13 Uhr) oder Apple-Mitbegründer Steve Wozniak (13. März, 16 Uhr) gibt es dort.

Für junge innovative Firmen

Des Weiteren habe man die Angebote rund um junge und innovative Unternehmen weiter ausgebaut und mehr Orientierung auf dem Messegelände geschaffen. "Wir haben das Konzept der bisherigen vier Plattformen in die konkreten Themenc-Custer der Branche überführt - sei es beispielsweise Enterprise Resource Planning & Data Analysis, Web & Mobile Security oder Digital Business Solutions sowie Research & Innovation", erläutert Frese. "Die Plattformen schufen zwar Ordnung, boten aber kaum Orientierung in der facettenreichen IT-Branche."

Das alleine würde schon dafür sorgen, dass dieses Mal so einiges anders sein wird als in den Vorjahren. Hinzu kommen das Abstoßen der Consumer Electronics und die freundliche Umarmung der IT-Entscheider. "Wir setzen zu 100 Prozent auf Business", so Frese. "Das heißt, dass wir mit der Veranstaltung den professionellen Fachbesucher adressieren und der CeBIT einen Business-Tag mehr geben, indem wir schon am Montag mit der Messe starten." Gaming-Events für Privatbesucher wird es hingegen nicht mehr geben, jedenfalls nicht im offiziellen Messeprogramm. "Dafür intensivieren wir die Kooperationen mit unseren Partnern, beispielsweise dem IDG-Verlag oder dem IT-Anwender-Verband Voice", nennt Frese als Beispiele für den Programmausbau für Top-Entscheider.

Lob erntet die Messe für diese Maßnahmen vom Hightech-Branchenverband Bitkom. "Wir als Bitkom unterstützen den Kurs der CeBIT zu 100 Prozent", sagt Verbandspräsident Dieter Kempf. Die Veränderungen verknüpften auf intelligente Weise mehrere Maßnahmen. "Die Stärkung der Programme zu den drängenden Herausforderungen von Fachkräftemangel und Nachwuchsförderung setzt exakt an einem Punkt an, der von unseren Unternehmen seit Jahren als größtes Hemmnis für Wachstum genannt wird", so Kempf.

Anwender loben Konferenzen

Angela Merkel und David Cameron vom Gastland Großbritannien eröffnen die Messe
Foto: Deutsche Messe Hannover

Auch aus Anwendersicht ist die CeBIT richtige Schritte gegangen. "Die Verdichtung auf fünf Tage, die vollständige Orientierung Richtung Business und die weitere Stärkung des Konferenzteils sehen wir prinzipiell als richtige Schritte des Veranstalters", sagt Thomas Endres, Vorsitzender des Voice-Präsidiums. "Auch die acht Themenbereiche, die die CeBIT als Ordnungspunkte gesetzt hat, spiegeln unserer Ansicht nach die aktuellen Interessen der IT-Anwender wider." Sie seien weitgehend redundanzfrei und erlaubten eine schnelle Orientierung.

Cebit - Executive Dialog und Eröffnungsfeier

Bereits am Sonntag, 9. März, beginnt für rund 150 Entscheider die Messe mit dem CeBIT Executive Dialog ab 13.30 Uhr im Hannover Congress Centrum. Zugelassen sind nur geladene Gäste. Sprecher sind:

Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium

Markus Kerber, BDI-Hauptgeschäftsführer

Dieter Kempf, Bitkom-Präsident

Im Anschluss geht es gegen 17.00 Uhr gemeinsam zur CeBIT-Eröffnungszeremonie mit Kanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premierminister David Cameron. Infos zu allen genannten Veranstaltungen: www.cebit.de/de/exhibition/sonderformate/executive-club/cebit-executiv-club-uebersicht.xhtml.

Weniger einhellig fällt die Beurteilung der Entscheidung aus, nicht mehr auf Technologien für Endverbraucher zu setzen. "Durch die 100-prozentige Business-Orientierung muss sich die CeBIT nicht mehr am Erfolg oder Misserfolg endkundenorientierter Veranstaltungen wie der Consumer Electronic Show oder der Berliner Funkausstellung IFA messen lassen", so Endres. Allerdings bestimmten heute oft Endkundenprodukte und -services auch in den Unternehmen die Erwartungen der Nutzer. "Die Verknüpfung dieser Themenwelten überlässt die CeBIT nun anderen Kräften außerhalb der CeBIT", bemängelt das Voice-Präsidiumsmitglied, schiebt aber ein weiteres Kompliment nach: "Uneingeschränkt positiv bewerten wir, dass die Messe die Herausforderung angenommen hat, sich auch mit komplexeren, nicht immer leicht vermittelbaren Themen zu beschäftigen - anders als die Consumer-orientierten Wettbewerber."

"Es ging auf der CeBIT seit jeher ums Geschäft", meint einen Tick weniger kritisch Bitkom-Präsident Kempf. "Die Unternehmen unserer Branche kommen nach Hannover, weil es sich für sie rechnet." Der Business-Gedanke werde durch diese Neuausrichtung des Konzepts noch stärker in den Vordergrund gerückt und unterscheide die CeBIT von anderen Veranstaltungen. "Dennoch wird auch der private Konsument noch genügend Interessantes auf der Messe für sich finden." Beispielsweise an Smartphones und Tablets, bei denen sich alleine wegen des Trends zu "Bring Your Own Device" (BYOD) private und dienstliche Nutzung immer mehr vermischten.

Schon qua seiner Position darf Messe-Chef Frese nicht daran glauben, dass andere Messen wie die CES gefährlich am CeBIT-Knochen nagen. In Hannover finde nach wie vor die größte IT-Messe der Welt statt, mit dem neuen Profil werde man diese Position ausbauen. "Davon bin ich fest überzeugt", so Frese. Im Übrigen dürfe man die IT nicht, wie manchmal der Fall, auf Smartphones und Tablets reduzieren. "Nur die CeBIT schafft es, das gesamte Bild und nicht nur einen kleinen Ausschnitt davon zu zeigen", preist der CeBIT-Macher die eigene Veranstaltung. Das Feedback der Aussteller stimme ihn mit Blick auf die künftige Entwicklung optimistisch.

Thomas Endres Vorsitzender des Präsidiums, Voice e.V.: "Leichte Skepsis beschleicht uns noch bei Big Data. Die Angebote erscheinen für die meisten Bedürfnisse der Anwender noch zu abgehoben."
Foto: VOICE

"Die Aussteller freuen sich auf die CIOs, von denen inzwischen mehr als 6500 weltweit persönlich eingeladen wurden", berichtet Frese. "Sie wissen um die Bedeutung dieser Zielgruppe, denn diese Top-Manager treffen die Entscheidungen und haben in Summe ein Milliardenbudget für IT-Investitionen." Deshalb kämen auch auf Ausstellerseite die Spitzenmanager auf die CeBIT, um auf Augenhöhe Gespräche führen zu können.

Trotzdem gibt es sicher so einige CIOs, die noch zweifeln, ob sich ein Besuch für sie tatsächlich lohnt. Voice-Mann Endres rät ihnen aus Anwendersicht nachdrücklich dazu. "Zunächst einmal kann die Messe durch die Business-Orientierung für CIOs und IT-Verantwortliche generell wieder interessanter werden", sagt Endres. "Im Übrigen ist die Dichte von IT-Machern auf Anwender- und auf Anbieterseite nirgendwo so hoch wie während der CeBIT in Hannover."

Die Themen der Anwender

Endres rührt außerdem die Werbetrommel in eigener Sache. "Mit unserem Stand in Halle 4 bieten wir von Montag bis Donnerstag unter anderem Einblicke in die Ergebnisse unserer Arbeitsgruppen, die sich zurzeit mit Themen beschäftigen wie Innovation aus Anwendersicht, IT-Security, Cloud-Integration, Lizenz- und Vertrags-Management sowie Kommunikation und Collaboration", sagt der frühere Lufthansa-CIO. "Außerdem informiert Voice über seine aktuellen Positionen als Interessenvertretung der IT-Anwender gegenüber Politik und Anbieterschaft." Darüber hinaus versorge Voice CIOs mit Hinweisen und Tipps für Alltags- und Strategiearbeit. Nicht umsonst stehe der Voice-Messeauftritt unter dem Motto "IT applied". "Dass CIOs bei uns auch sehr viele Kollegen treffen und sich mit ihnen über aktuelle Themen austauschen können, ist auf dem Stand einer großen Anwendervereinigung dann schon fast selbstverständlich", sagt Endres.

Nach der "Shareconomy" im vergangenen Jahr heißt das Leitthema der diesjährigen CeBIT "Datability". Die nächste Wortneuschöpfung also, die zunächst einmal erklärungsbedürftig ist. "Sie beschreibt den verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit großen Datenmengen in Echtzeit und damit die großen Chancen, die in Big-Data-Anwendungen stecken", erklärt Oliver Frese. Im Jahr nach Snowden und dem NSA-Skandal dürfte es kein Thema geben, das näherliegt. "Auch die drei weiteren IT-Megatrends Social, Mobile und Cloud zahlen auf dieses Thema ein", ergänzt er. Diese vier Trends würden auch längerfristig die Arbeit aller IT-Verantwortlichen nachhaltig prägen. Da das nun schon seit ein paar Jahren so ist, darf man guten Gewissens davon ausgehen, dass den radikalen organisatorischen Neuerungen auf der inhaltlichen Ebene im CeBIT-Jahr 2014 nicht unbedingt entsprochen werden dürfte.

Thomas Endres von Voice bescheinigt dem Veranstalter, dass das diesjährige Motto "Datability" dem Branchentrend entspreche und unterstreiche, dass Daten eine immer bedeutendere Grundlage für die Leistungsfähigkeit von Unternehmen bilden. "Von daher steht das Thema zu Recht im Fokus", so Endres. "Leichte Skepsis beschleicht uns noch beim Hype-Thema Big Data." Reifegrad, Komplexität und Leistungsfähigkeit von proprietären Lösungen ließen noch zu wünschen übrig. "Außerdem erscheinen uns die Big-Data-Angebote für die Bedürfnisse der meisten Anwender noch zu unspezifisch und abgehoben", argwöhnt er. "Doch zweifelsohne birgt Big Data erhebliches Potenzial."

Eine gute Wahl des Leitthemas - das befindet auch Bitkom-Chef Kempf: "Die Analyse großer Datenmengen bietet ein enormes Potenzial - für Unternehmen, aber auch für die Gesellschaft und uns alle." Eng verknüpft damit sei das Thema Sicherheit, das ebenfalls eine bedeutende Rolle spielen werde. Ausspähaktionen, zunehmende Cyber-Kriminalität und die Gefahr von Wirtschaftsspionage führten bei den Unternehmen zu einem erhöhten Bewusstsein für IT-Sicherheit. "Auf der CeBIT werden mehr als 500 Unternehmen Lösungen rund um IT-Sicherheit zeigen, mehr als je zuvor auf einer CeBIT", sagt Kempf. "Und natürlich werden mobile Lösungen in allen Bereichen viel Raum auf der diesjährigen Messe einnehmen."

Die Trends auf der Messe

Dieter Kempf Präsident, Bitkom: "Es ging auf der CeBIT seit jeher ums Geschäft. Die Unternehmen unserer Branchen kommen nach Hannover, weil es sich für sie rechnet."
Foto: Bitkom

Was erwartet die Besucher außerdem an Trends? Thomas Endres nennt die digitale Transformation der Unternehmen nach innen und nach außen Richtung Kunden, die auf der CeBIT eine wichtige Rolle spielen werde. "Unseren Erkenntnissen zufolge beschäftigt IT-Anwender dieses Thema sehr stark", sagt Endres. Multi-Channel- und Realtime-Fähigkeiten und die damit einhergehenden Erweiterungen der Produkte und Servicekonzepte lauteten hier die Herausforderungen.

"Ich bin sehr gespannt, wie die Anbieter die Enterprise-Anwender dabei unterstützen werden", meint Endres. "Auch Cloud kommt nach der euphorischen und Marketing-dominierten Phase dort an, wo wir es nützlich finden: im wirtschaftlichen Wettbewerb; mit geeigneten Anwendungen und mit der richtigen Diskussion zum Thema Sicherheit hinterlegt." Impulse erwartet Voice auch zum im Vorjahr viel diskutierten Thema Industrie 4.0. "Jetzt wäre es an der Zeit, konkreter zu arbeiten, zum Beispiel an Architekturansätzen und ersten Standards, damit aus dem Schlagwort auch ein inhaltlich getriebener Trend werden kann", so Endres.

CeBIT-Chef Frese nennt die CIOs derweil eine "ganz zentrale Besucherzielgruppe", deren Bedeutung erheblich gewachsen sei. Ein Messebesuch biete ihnen die Gelegenheit, "den Überblick über das gesamte Bild zu behalten, die wesentlichen Trends von den unwesentlichen Hypes zu trennen - und so die richtigen Entscheidungen für ihre jeweiligen Unternehmen zu treffen." Fraglich, ob jemals edlerer roter Teppich für IT-Entscheider ausgelegt wurde. Gut, dass sich die IT-Chefs eine Woche vor der Messe in Hollywood noch Kleidungstipps holen können. Sofern sie sich nicht einfach für ein britisch-elegantes Auftreten entscheiden: Gastland der CeBIT ist in diesem Jahr Großbritannien.

Treffpunkt - Jobs & Karriere

Unsere Schwesterpublikation Computerwoche ist in Halle 9 mit der Rekrutierungsplattform "Jobs & Karriere" vertreten. Informationen hierzu finden Sie unter:

www.idgbusinessmedia.de/Jobs-und-Karriere-CeBIT-2014