Internetzensur

China weitet Internetsperren aus

18.11.2014
Von China aus sind immer weniger Internetseiten abrufbar. Chinas Zensoren weiten in einem neuen Schritt die Blockade internationaler Seiten aus. Unternehmen sehen bereits ihr Geschäft gefährdet.

China hat seine Internetblockaden auf tausende weiterer Internetseiten ausgeweitet. Der Großanbieter von Cloud-Diensten, Edgecast, räumte in einer Mitteilung ein, dass viele seiner Dienste seit kurzem von China aus nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abrufbar sind. Zuvor hatten die Zensurexperten der Plattform Greatfire.org von einer massiven Blockade von Could-Diensten in China berichtet. Die Webseite verfolgt die Zensurmaßnahmen der chinesischen Regierung im Internet.

Das US-amerikanische Unternehmen Edgecast beklagte eine Blockade "ohne System und ohne Grund". Der Zugriff auf Dienste werde abgefangen oder komplett unterbunden. "An alle Kunden, die frustriert sind: Wir teilen Ihren Frust", schrieb das Unternehmen. Das gelte für die gesamte, auf die Bereitstellung von Dienstleistungen im Internet spezialisierte, Industrie.

Konkret betroffen ist unter vielen anderen die Seite mit dem Katalog der Erweiterungen (Add-ons) für den populären Webbrowser Firefox. Auch die Site des Online-Projekts Drupal, einem freien Redaktionssystem für das Erstellen von Websites, kann in weiten Teilen nicht mehr in China erreicht werden. Auch Sony Mobile und "The Atlantic" werden geblockt.

Die Zensurexperten von Greatfire.org bezeichneten den Schritt als "Versuch, China vom globalen Internet abzuschneiden". Die Organisation hatte mehrfach angeprangert, dass Chinas Zensurapparat immer ausgefeilter operiere. Teilweise würden Zugriffe auf internationale Internetseiten gezielt verlangsamt, um sie für chinesische Nutzer unbrauchbar zu machen.

Die strenge Internetzensur in China hat solche Ausmaße angekommen, dass deutsche Unternehmen Einbußen fürchten. Das ergab eine Umfrage der deutschen Handelskammer. Zensur und Störungen von Tunneldiensten, mit denen die "Große Firewall" genannten Internetsperren in China umgangen werden können, haben zugenommen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International prangerte am Dienstag Chinas Internetzensur an. "Chinas Internetmodell ist von extremer Kontrolle und Repression gekennzeichnet", sagte China Forscherin William Nee laut Mitteilung. Die Regierung setze eine Armee von Zensuren zur Kontrolle ein und bringe Aktivisten für die freie Äußerung ihrer Meinung ins Gefängnis. Es sei eine Ironie, dass China eine Welt-Internetkonferenz ausrichte. Die Tagung findet von Mittwoch bis Freitag in der ostchinesischen Provinz Zhejiang statt.

Chinas Internet wird seit Jahren stark kontrolliert. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie Youtube oder Webseiten von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien wie die "New York Times" oder die Nachrichtenagentur Bloomberg sind von China aus nicht abrufbar. In diesem Jahr hatte China die Sperren bereits ausgeweitet. Kurz vor dem 25. Jahrestag des Pekinger Massakers im Juni wurde erstmals der Zugang zu allen Google-Diensten in China wie Suche, Gmail, Maps und die Fotoplattform Picasa gesperrt. (dpa/rs)