Fachbereiche als Black Box

CIOs fehlt Überblick über Freiberufler

20.06.2012 von Christiane Pütter
Für IT-Freelancer mit denselben Skills zahlen Firmen oft verschieden viel. Vermittler könnten das Management übernehmen - die führenden im Lünendonk-Ranking.
Die führenden Anbieter für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher IT-Experten in Deutschland 2011 laut Lünendonk.
Foto: Lünendonk

Rund 79.000 freiberufliche IT-Spezialisten gab es im vorigen Jahr in Deutschland - und denen geht es gut. Sie setzten insgesamt etwa 7,5 Milliarden Euro um. 2010 waren es noch 6,5 Milliarden Euro, diese verteilten sich auf 74.000 Freie. Das hat der Berater Lünendonk aus Kaufbeuren errechnet. Dessen Einschätzung: Der Bedarf an IT-Freien reißt nicht ab.

Davon profitieren auch Dienstleister, die die Selbstständigen an Unternehmen vermitteln. Diesen Markt hat sich Lünendonk genauer angesehen und ein Ranking der zehn führenden Anbieter "für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher IT-Experten in Deutschland" 2011 erstellt.

Ein paar Zahlen: Die Top Ten dieses Segments haben demnach im vergangenen Jahr mehr als 1,2 Milliarden Euro umgesetzt. Gegenüber 2010 entspricht das einem Plus von 29 Prozent. Zusammen halten sie etwa 16 Prozent am Markt.

Ein genauerer Blick zeigt, wie groß die Unterschiede zwischen den Top Ten sind. Die Nummer Eins erwirtschaftete fast 15mal mehr Geld als der Letztplatzierte.

Nach welchen Kriterien IT-Freie ausgewählt werden laut Lünendonk
Foto: Lünendonk

Im Einzelnen stellt sich das Ranking wie folgt dar: Spitzenreiter ist die Firma Hays, die im vergangenen Jahr 462 Millionen Euro (2010: 370 Millionen) umsetzte. Diese Zahlen beziehen sich jeweils ausschließlich auf den Umsatz mit Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freier IT-Experten in Deutschland. Der Gesamtumsatz von Hays belief sich 2011 auf 604 Millionen Euro.

Mit deutlichem Abstand folgen Gulp Information Services (Umsatz 2011: knapp 202 Millionen Euro, Umsatz 2010: gut 152 Millionen) und die Reutax AG (Umsatz 2011: 145 Millionen, Umsatz 2010: gut 118 Millionen). Auf den Rängen vier und fünf liegen die GFT Technologies AG (Umsatz 2011: 113 Millionen, Umsatz 2010: gut 114 Millionen) und die Allgeier-Tochter Goetzfried AG (Umsatz 2011: knapp 89 Millionen, Umsatz 2010: fast 67 Millionen).

Die Plätze sechs bis acht gehören Quest Softwaredienstleistung (diese wurde 2012 durch die Conet Group übernommen) mit einem Erlös von 50 Millionen Euro (2010: 37 Millionen), 1st Solution Consulting (Umsatz 2011: gut 47 Millionen, Umsatz 2010: fast 39 Millionen) und Solcom Unternehmensberatung (Umsatz 2011: knapp 47 Millionen, Umsatz 2010: rund 40 Millionen). Am Ende der zehn führenden Anbieter stehen Westhouse Consulting (Umsatz 2011: knapp 38 Millionen, Umsatz 2010: 21 Millionen) und Harvey Nash (Umsatz 2011: knapp 33 Millionen, Umsatz 2010: rund 26 Millionen).

Üblicherweise vermitteln die genannten Anbieter IT-Freie direkt an die Unternehmen. Das macht etwa zwei Drittel ihres Erlöses aus. Das verbleibende Drittel bezeichnet Lünendonk als "indirektes Geschäft" - Kunden sind dann IT-Dienstleister und Systemhäuser.

Transparenz über die Leistung der Freien gefordert

Glaubt man den Dickschiffen in diesem Segment, wird das sogenannte "Third Party Management" immer wichtiger. Anlässlich der Vorstellung der Lünendonk-Studie in München berichtete Wahridj Gergian aus dem Reutax-Vorstand, Entscheider wollten mehr Transparenz in die Zusammenarbeit mit ihren Freien bringen. Noch sei es durchaus üblich, dass jeder Fachbereich für sich operiert - mit dem Ergebnis, dass für dieselben Skills unterschiedliche Preise gezahlt würden. Unternehmen wollten nun aber zunehmend wissen, mit wievielen Freien zu welchen Konditionen sie arbeiten. Dabei übernehme der Dienstleister nicht nur Rekrutierung der Freien, sondern etwa auch die Abrechnung der Stunden und die Leistungskontrolle.

Lünendonk wollte außerdem wissen, welche Kriterien über die Auswahl eines IT-Freien entscheiden. Auf einer Skala von -2 ("völlig unwichtig") bis +2 ("sehr wichtig") liegt das technische Know-how mit einem Durchschnittswert von 1,4 vorn. Es folgen Beratungskompetenz (Wert 1,3) und die Höhe des Stunden-/Tagessatzes (Wert 1,2) sowie frühere Einsätze im Unternehmen (Wert 1,1).

Know-how über die Prozesse der jeweiligen Branche sowie Soft Skills (wie Teamfähigkeit und Flexibilität) kommen jeweils auf einen Wert von 1,0. Eine Einschätzung, die Frank Shams, Geschäftsführer 1st Solution Consulting, nur bedingt teilt. Seine Erfahrung: Kommunikative Fähigkeiten dürfen nicht unterbewertet werden. IT-Freie würden ins Unternehmen geholt, weil sie gut darin seien, alle Stakeholder eines Projektes an einen Tisch zu bringen - und mit allen frei zu kommunizieren.

Freie als Coaching-Partner

Ähnlich sieht es Heinz Urban, Director Business Unit IT von der Firma Experis. Er beobachtet, dass Freiberufler immer öfter als Coaching-Partner für das Projekt-Management gefordert sind. Und Frank Schabel, Head of Marketing beim Branchenprimus Hays, stellt fest: "Wenn ein Projekt scheitert, dann liegt es an den sogenannten Soft Skills."

Die Vertreter der Anbieterseite betonen denn auch unisono, wie wichtig der partnerschaftliche Umgang von Unternehmen, IT-Freien und Vermittlern sei. Dazu Shams: "Der Freiberufler ist das Bindeglied zwischen allen Seiten, daher ist Vertrauen so wichtig."

Mit Blick auf das laufende Jahr gehen die Anbieter davon aus, dass der Markt für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher IT-Experten in Deutschland zweistellig weiter wächst. Unabhängig von ihren eigenen Unternehmen halten Gergian, Schabel und Shams ein Gesamtmarkt-Plus von mindestens dreizehn Prozent für nicht unrealistisch, möglicherweise auch mehr. Vordringliche Themen seien App-Entwicklung, das Betriebssystem iOS und allgemein SAP. Den vormaligen Cloud-Hype betrachten sie mit Gelassenheit.