Die Jury über den "CIO des Jahres"

CIOs werden zu Unternehmern

29.11.2007 von Rolf Roewekamp
Am Donnertag, den 29. November, wird in München der CIO des Jahres gekürt. In lockerer Folge stellen wir jetzt schon vor, welche Trends, Entwicklungen und Schwächen den Jury-Mitgliedern bei den diesjährigen Kandidaten aufgefallen sind.
Professor Arnold Picot, Lehrstuhl am Institut für Information, Organisation und Management der LMU München und Jury-Mitglied bei der Wahl zum "CIO des Jahres".

Herr Picot, was ist Ihnen generell bei den Bewerbungen aufgefallen?

Seit einigen Jahren sehe ich schon Großprojekte in den Bewerbungen, doch in diesem Jahr waren sie nochmals größer geworden. Das liegt vor allem an der Globalisierung, der derzeit starken Merger und Acquisitions Welle in der Wirtschaft und der stärkeren Nutzung von IT in Unternehmen. Zum Teil handelt es sich um Herkules-Projekte, die schwer zu managen sind. Um die erfolgreich umzusetzen, brauchen CIOs eine unternehmerische Haltung. Dagegen ist die Dominanz der großen SAP-Projekte in den Bewerbungen vorbei.

Auch die Komplexität, eine solch große IT-Organisation zu steuern, ist eine wirklich beachtliche Herausforderung. Dazu fand ich in den Bewerbungen sehr viele interessante Hinweise und Ideen, wie CIOs damit umgehen.

Außerdem fiel auf, dass Outsourcing und die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern im Vergleich zu den Vorjahren deutlich in den Hintergrund gerückt ist bei der Selbstbeschreibung der CIOs. Make or Buy Entscheidungen standen früher viel stärker im Vordergrund. Diese Themen haben entweder einen gewissen Reifegrad erreicht, oder zurzeit dominieren andere Themen. Zu letzten zählen strategische Projekte wie die Expansion nach Asien, Verknüpfung von State of the Art Technologien und Industrialisierung des Geschäfts mit Hilfe der IT.

Auch im Mittelstand hat das unternehmerische Element der IT zugenommen. Früher besaßen CIOs bei mittleren Unternehmen viel häufiger eine Verwaltungsfunktion. Jetzt setzen sie verstärkt die IT für strategische Projekte ein, um das Unternehmen stärker von den Wettbewerbern zu differenzieren.

Was haben Sie vermisst? Was hätten Sie als herausragend bewertet, aber nicht in den Bewerbungen gefunden?

In den nächsten Jahren erwarte ich noch mehr unternehmensübergreifende Vernetzungs- und Realtime-Prozess-Projekte. Gerade Banken, Versicherungen und Handel aus dem Dienstleistungssektor treiben solche Vorhaben. Bei Internet-Unternehmen wie Amazon kann man das heute schon sehen. In dem Bestellprozess sind in Echtzeit viele Partner eingebunden: von der Bonitätsprüfung und Zahlungsabwicklung über die Logistik bis hin zu Werbung und Kundenbeziehungs-Management.

Diese Projekte werden anspruchsvoller und komplexer, weil es zum Teil automatische Prozesse ohne Menschenbeteiligung sind. Deswegen steigen die Anforderungen an die zwischenbetriebliche Prozessintegration und vor allem auch die Risiken, wenn an einer Stelle etwas falsch läuft.

Interessant war auch zu sehen, dass einzelne CIOs RFID-Projekte herausstellten. Von solchen Vorhaben werden wir in Zukunft noch mehr sehen.

Wer war Ihr persönlicher Favorit und warum?

In der Spitze lagen nach meiner Beurteilung die Bewerber sehr eng beieinander, bis etwa zu den Plätzen fünf bis acht. Das gilt sowohl für die Gruppe der Großunternehmen als auch bei den Mittelständlern. Deswegen war es sehr schwer zu prognostizieren, wer denn nun Erster wird.

Die Gewinner werden am Donnerstag, den 29. November, in München von Computerwoche und CIO bekanntgegeben und geehrt. CIO-Online wird über die Sieger und die Feier berichten.