CEO Templeton über die Ausrichtung

Citrix präzisiert Strategie

25.02.2013 von Hartmut  Wiehr
Es scheint so, als habe Citrix den Wettkampf in Sachen Server-Virtualisierung mit VMware und Microsoft schon so gut wie aufgegeben. Der Fokus verschiebt zu mobilen Geräten und Collaboration.

Hypervisoren, GoToMeeting, Cloud-Services, Desktop-Virtualisierung, Software zur Integration mobiler Geräte und Applikationen in Unternehmensnetze wie Receiver oder eine App-Entwicklungsplattform wie Podio – der Citrix-Bauchladen ist in den letzten Jahren reichlich groß geworden. Darin eine Ordnung zu entdecken, fällt nicht leicht.

Citrix-CEO Mark Templeton will den Hersteller erneut erfinden: Er setzt alles auf die Karte Mobilität und Cloud.
Foto: Citrix

Offensichtlich experimentiert man bei Citrix und versucht, sich aus der Virtualisierungsnische zu befreien. Angesichts der überstarken Konkurrenz von VMware und Microsoft auf dem Schlachtfeld der x86-Virtualisierung macht es jedoch schon Sinn, weitere Geschäftsfelder zu besetzen, wenn man als Hersteller auf Dauer überleben will.

Immerhin war es Citrix schon in der Vergangenheit gelungen, sich mit diversen Produkten am Markt zu behaupten und sich gelegentlich neu zu erfinden: vom frühen Anbieter für Thin-Client-Computing auf der Basis des langsamen ICA-Protokolls bis hin zu Server-Virtualisierung auf Basis einer kostenpflichtigen XEN-Variante.

Unsere US-Schwesterpublikation "Network World" hat ein längeres Gespräch mit Citrix-CEO Mark Templeton geführt, um herauszufinden, welche Art von Unternehmen er eigentlich repräsentiert. Eine Cloud-Company, einen Virtualisierungs-Player, einen Mobility- oder einen Collaboration-Spezialisten?

Templeton antwortete auf die Frage des Network-World-Journalisten John Gallant, welches dieser Attribute für Citrix zutreffend sei: "Citrix ist das Unternehmen, das sich um mobile Arbeitsstile und jene Cloud-Services kümmert, die die Grundlage dafür liefern." Mobilität und Cloud sollen es also heutzutage richten.

Langsamer Rückzug aus der Virtualisierung

Templeton präzisiert: "Enterprise Computing dreht sich heute in erster Linie darum, wo und wie Menschen arbeiten und produktive Geschäftsaufgaben erfüllen. Das bedeutet für uns, sich den Formen von Vernetzung und Collaboration zu stellen, mit denen in den Unternehmen diese Arbeiten umgesetzt werden. Dabei ist es egal, ob es sich um mobile Geräte, unterschiedliche Orte, Applikationen oder Daten handelt. Unsere Aufgabe besteht darin, die Kooperation zwischen den Mitarbeitern an einem oder mehreren Standorten sicherzustellen."

Bei Citrix dominieren heute denn auch Themen wie mobile Geräte und Apps, Kommunikation oder Cloud-Infrastruktur. Es scheint so, als habe man den Wettkampf in Sachen Server-Virtualisierung mit VMware und Microsoft schon so gut wie aufgegeben. Dem breiten Feld an Virtualisierungstools der Konkurrenten setzt man nur noch partiell bei XenServer und bei Desktop-Virtualisierung (VDI) etwas entgegen. Templeton betont, dass man hauptsächlich bei VDI und Cloud-Services mit VMware konkurriere, Server- oder Storage-Virtualisierung lässt er außen vor.

Das große Geld sieht Citrix heute bei dem Wachstum mobiler Geräte. Bei Cloud ist es nicht so sicher, dass die hoch gesteckten Erwartungen auch eintreffen.
Foto: Citrix

Laut Templeton ist VMware "darauf fokussiert, einen Stack für das Betriebssystem des Rechenzentrums aufzubauen, während wir bei Citrix eine End-to-End-Lösung für die Anwender anstreben. Ein Großteil unseres Geschäfts kümmert sich um die Endanwender und ihre Erfahrungen. Im Jahr 2012 waren es bereits 75 Prozent unseres Umsatzes, die auf diesen Bereich entfielen – auf die Integration mobiler Geräte in das Unternehmensnetz, auf Collaboration und Data Sharing."

Citrix Receiver integriert mobile Geräte und Apps

Den Mitarbeitern eines Unternehmens müsste es ohne Probleme möglich sein, auf alle Applikationen zuzugreifen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Mit Citrix Receiver hat man bestehende Ansätze zur Anmeldung ins Firmennetz weiterentwickelt, egal um welche Geräte und Betriebssysteme es sich handelt. Receiver verlagert den Anmeldeprozess für neue Geräte teilweise in einen Software-Automatismus, so dass man sich nicht mehr umständlich bei der IT-Abteilung um eine Integration bemühen muss.

Templeton betont, dass man anders als VMware sehr partnerorientiert sei und nicht einen Markt komplett für sich selbst erobern wolle. Wichtige Partner im Moment sind zum Beispiel Apple, HP, Microsoft und besonders Cisco. Angesprochen auf die inzwischen publik gewordenen Spannungen zwischen Cisco, EMC und VMware bei deren Joint Venture VCE, sieht der Citrix-CEO durchaus Chancen, zum bevorzugten Partner von Cisco bei Virtualisierung zu werden.

Citrix und Cisco

Citrix Receiver bringt sie alle zusammen in ein Netz - mobile Geräte, Betriebssysteme und Anwendungen von verschiedenen Herstellern.
Foto: Citrix

Templeton erklärt dazu: "Ich denke, unser Ansatz ist sehr komplementär zu Ciscos SDN-Strategie (Software-defined Networking), weil wir auf ADN (Application-defined Networking) ausgerichtet sind. Mit der Übernahme von Nicira hat sich VMware dagegen direkt in Konkurrenz zu Cisco begeben." Selbst eine Akquisition von Citrix durch Cisco schließt Templeton nicht aus. Im Gespräch mit Network World gibt er sich betont gelassen dazu.

Das Gespräch mit dem Citrix-CEO Mark Templeton „Citrix: What kind of company is it anyway?" steht in seiner ganzen Länge hier zur Verfügung.