IT-Manager wetten

Cloud wird die vorherrschende Disziplin

29.08.2011 von Rolf Schwirz
Rolf Schwirz, CEO, Fujitsu Technology Solutions, wettet, dass im Jahr 2021 ... Wetten Sie mit!
Rolf Schwirz ist CEO der Fujitsu Technology Solutions.
Foto: Fujitsu

"Ich wette, dass im Jahr 2021 Cloud Computing die vorherrschende IT-Disziplin sein wird. Allerdings werden die heute bekannten Formen der Datenverarbeitung trotzdem nicht verschwinden."

Cloud Computing wird die IT-Landschaft in den kommenden zehn Jahren in bisher ungekanntem Maße verändern. Ansätze wie Utility Computing und Application Service Providing werden durch die Cloud weiter getrieben und für private und geschäftliche Anwender nutzbar gemacht. Dieser Entwicklung zum Trotz werden die heute bekannten Formen der Datenverarbeitung und IT-Liefermodelle aber nicht von der Bildfläche verschwinden.

Skeptiker prognostizieren Cloud Computing das klassische Schicksal eines "Hype": Befeuert von überzogenen Erwartungen und falschen Einschätzungen von Technologien und Marktentwicklungen werde die Blase letztlich platzen. Diese Prophezeiung wird hier aber nicht zutreffen. Die Cloud wird nicht nur die kommenden zehn Jahre überleben, sondern vielmehr alle Bereiche der IT und unseres Alltags durchdringen.

Gründe dafür gibt es zuhauf: Cloud-Services sind flexibler, günstiger, binden weniger Kapital als die traditionelle IT und helfen dabei, Technologieinnovationen schneller umzusetzen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die IT im Unternehmen selbst ausgedient hätte. Gerade geschäftskritische und sensible Daten wie Entwicklungsunterlagen, Kundendaten oder Steuerinformationen werden Firmen auch künftig im Unternehmen behalten wollen oder - aus Compliance-Gründen - müssen.

Wir unterscheiden hier zwischen "Core Computing" und Context Computing". Ersteres bezeichnet Rechenleistung, die für das Kerngeschäft des Unternehmens nötig ist. Das Zweite steht für IT, die im Wesentlichen Prozesse und Aufgaben unterstützt, die in vielen Unternehmen standardisiert sind, etwa Gehaltsabrechnungen. Grundsätzlich wird gelten: Core Computing bleibt im Haus - Context Computing kann in die Cloud ausgelagert werden. Das ist die Stunde der "Public Cloud"-Angebote.

Cloud-Wahl hängt von der Branche ab

Welche Form des Cloud Computing die geeignete ist, hängt wesentlich von der jeweiligen Branche ab. So werden etwa Banken und Versicherungen auch weiterhin in Hard- und Software investieren - und in ihren eigenen Rechenzentren eine "Private Cloud" aufbauen.

Auf diese Weise lässt sich eine Kernherausforderung von Cloud Computing lösen: der Schutz von Daten - seien es personenbezogene Informationen oder vertrauliche Geschäftsunterlagen. Speziell Unternehmen und Behörden müssen sicherstellen, dass vertrauliche Informationen vor dem Zugriff Unbefugter sicher sind. Aus diesem Grund werden sich für Cloud Computing diverse Nutzungspräferenzen herauskristallisieren. Während sich Public-Cloud-Services in erster Linie an private Anwender richten, werden Unternehmensanwender jenseits des oben erwähnten Context Computing primär auf zwei Modelle setzen: zum einen auf die bereits erwähnte Private Cloud und zum anderen auf die sogenannte "Trusted Cloud" oder, ähnlich, auf die "Community Cloud".

Dabei wird die Private Cloud, bei der alle IT-Ressourcen unter der Kontrolle des Unternehmens stehen, in erster Linie ein Privileg großer Unternehmen sein, die Investitionskosten nicht scheuen müssen, genügend Ressourcen im eigenen Haus zur Verfügung haben und aufgrund ihrer Größe massive Skaleneffekte erzielen.

Mittelständische Unternehmen hingegen werden in einer Community Cloud oder einer Trusted Cloud, wie Fujitsu sie anbietet, am besten aufgehoben sein: In der Community Cloud etwa tun sich Anwender mit ähnlich gelagerten Sicherheitsanforderungen und Computing-Bedürfnissen zusammen, um sich eine geschlossene Cloud-Umgebung zu teilen. In der Trusted Cloud ist ebenfalls ein höchstmögliches Maß an Sicherheit für Anwender im Rahmen einer gemeinsamen Cloud-Umgebung gewährleistet - durch einen speziellen Maßnahmenkatalog, der von der sicheren Verbindung bis zur Datenverschlüsselung reicht. Die Konsequenzen sind klar: Auch mittelständische Unternehmen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, werden bis 2021 einen Großteil ihrer IT in die "Wolke" verlagern.

Mit diesen Modellen können gerade auch kleinere Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial von Cloud Computing profitieren: Sie ordern Rechenkapazitäten nach Bedarf, etwa um neue Produkte zu entwickeln oder einen neuen Vertriebskanal zu testen. Dank Cloud Computing stehen ihnen IT-Ressourcen zur Verfügung, die sich bislang nur Großunternehmen leisten konnten. Konzepte wie das der Trusted Cloud von Fujitsu stellen zudem sicher, dass die Daten in einer Cloud-Umgebung vor dem Zugriff Unbefugter geschützt sind. Cloud Computing wird daher in den kommenden Jahren maßgeblich dazu beitragen, dass deutsche Mittelständler ihre Position auf dem Weltmarkt behaupten können.

Standort eines Rechenzentrums wird zum Unterscheidungsmerkmal

Der Schutz von sensiblen Daten ist aber nicht allein eine technische Herausforderung. Das zeigen Diskussionen um den Zugriff der US-Sicherheitsbehörden auf Daten in der Cloud, wenn dies nationalen (Sicherheits-)Interessen dient. Global gesehen ist eine einheitliche Regelung in den nächsten zehn Jahren nicht zu erwarten.

Anders auf EU-Ebene: Hier werden, was den Rechtsschutz im Hinblick auf die Weitergabe und die Nutzung von Daten betrifft, in zehn Jahren übergreifende Regelungen nationales Recht abgelöst haben. Private Anwender und Firmen können dann den gewünschten Rechtsrahmen selbst wählen. Betreibt der Anbieter eines Cloud-Services beispielsweise sein Data Center in einem EU-Land, greifen die hier geltenden Datenschutzbestimmungen. Wählt der Nutzer dagegen einen Betreiber aus einer anderen Region, nimmt er unter Umständen in Kauf, dass weniger strenge Schutzregelungen zum Tragen kommen.

Für die Anbieter von Cloud-Computing-Diensten bedeutet dies, dass sie sich nicht nur über Technologien und Dienstgütevereinbarungen differenzieren können: Auch der Standort eines Rechenzentrums - und damit der rechtliche Rahmen - wird zum Unterscheidungsmerkmal.

Eines steht fest: Technologisch gesehen werden sich Private Cloud und Public Cloud nicht maßgeblich unterscheiden. Wer ein eigenes Rechenzentrum betreibt, will von denselben Vorzügen profitieren, die Cloud Computing generell verspricht: Skaleneffekte und damit eine insgesamt günstigere IT, dynamische Verfügbarkeit, hohe Auslastung. Er wird also auf dieselben Technologien setzen, wie sie in der Public Cloud zur Anwendung kommen, wird Virtualisierung, weitgehend automatisierte IT-Services und Modelle einsetzen, mit denen sich IT-Ressourcen dynamisch zur Verfügung stellen lassen. Konkret heißt das: Die Rechenzentren von heute sind den Anforderungen von morgen nicht gewachsen. Sie müssen und werden sich wandeln.

Bestehende "IT-Silos" werden hochflexiblen und skalierbaren Strukturen Platz machen. Das setzt jedoch zweierlei voraus: Zum einen, dass IT-Prozesse innerhalb von Unternehmen so weit wie möglich standardisiert und automatisiert werden. Zum anderen, dass die Anbieter von IT-Lösungen neue Technologien und Verteilmodelle entwickeln und einsetzen, speziell in den Bereichen Infrastruktur und Software.

Gerade denjenigen Anbietern von Cloud Computing, die - wie Fujitsu - gleichzeitig IT-Hersteller sind, eröffnet dies neue Chancen. Sie werden ihre Position gegenüber den reinen Cloud-Service-Anbietern behaupten können, weil sie gewissermaßen an der Quelle der technologischen Innovation sitzen und ersten Zugriff auf modernste Infrastrukturen haben. Das mag etwa den großen Telekommunikationsanbietern heute so noch nicht bewusst sein: Noch sehen sie sich im Vorteil, weil sie die Netze beherrschen. Doch sie werden die Infrastruktur ebenso dringend brauchen wie die IT-Hersteller die Bandbreiten.

Auswirkungen von Cloud Computing auf Software-Anbieter

Doch auch für die Anbieter von Software wird Cloud Computing in den kommenden Jahren erhebliche Veränderungen mit sich bringen. Das traditionelle Lizenzmodell wird 2021 ausgedient haben, ebenso wie der Verkauf von Software in Form von Boxen mit DVDs oder CD-ROMs. Programme aller Art, vom Betriebssystem über das Office-Paket bis hin zu komplexen Unternehmensanwendungen, werden überwiegend als Software-as-a-Service bereitgestellt.

Für die Softwareanbieter heißt dies, dass sie - zusammen mit neuen, starken Partnern - neue Vertriebsstrategien entwickeln müssen. Eine Option besteht darin, Anwendungen über eigene Cloud-Rechenzentren zu vermarkten. Wie sich in ein solches Modell auch unabhängige Softwareentwickler (ISVs) einbinden lassen, machen Mobilfunkfirmen mit ihren App-Stores bereits vor. Aber auch Fujitsu ermöglicht es ISVs, ihre Software über die Fujitsu-Cloud-Plattform zu vermarkten.

Nicht nur für Softwarefirmen, sondern auch für Systemintegratoren birgt die Cloud neue Herausforderungen. Ihr klassisches Betätigungsfeld verschwindet: das Integrieren von Enterprise-Software in die IT-Umgebung von Unternehmen. Stattdessen entwickelt sich eine neue Disziplin: die Cloud-Service-Integration. Beratungshäuser, die diesen Paradigmenwechsel nicht oder zu spät erkennen, werden Schwierigkeiten bekommen, sich am Markt zu behaupten.

Derzeit werden über Cloud Computing vorwiegend Rechenleistung (Infrastructure-as-a-Service, IaaS), Plattformen für das Erstellen und Ausliefern von Anwendungen und Inhalten (Platform-as-a-Service, PaaS) sowie Software (Software-as-a-Service, SaaS) bereitgestellt. Auch das wird sich bis spätestens 2021 ändern: In wenigen Jahren können Unternehmen bei Cloud-Services zusätzlich Daten ordern und für ihre Zwecke nutzen. So lässt sich beispielsweise mithilfe solcher Informationen das Kaufverhalten von Kundengruppen nachvollziehen. Unabhängig davon gibt es Anzeichen dafür, dass sich PaaS-Lösungen weiter verbreiten und SaaS-Angebote dadurch schneller und in größerer Anzahl auf den Markt kommen werden. SaaS wird innerhalb des Cloud Computing dann dominieren.

Geo-Cloud - auch für die Landwirtschaft

Ortsbezogene Daten, die mit Geoinformationen kombiniert werden - Stichwort "Geo Cloud", erlauben es, Bewegungsmuster von Menschen und Fahrzeugen zu analysieren. Ansätze dafür gibt es schon heute: Ein Anbieter von Navigationssystemen wertet beispielsweise in Echtzeit die Bewegungsdaten aus, die Nutzer seiner Geräte via Mobilfunk in anonymisierter Form in sein Rechenzentrum übermitteln. Dies erlaubt es dem Anbieter, Staus schneller zu erkennen und die Routen entsprechend anzupassen.

Auch in anderen Bereichen, wie etwa der Landwirtschaft, wird die Cloud Fuß fassen. Landwirte können künftig auf Cloud-Dienste zurückgreifen, die ihnen auf Basis meteorologischer Daten Informationen über die Bodenbeschaffenheit sowie marktspezifische Kennzahlen liefern, welche Pflanzenart sie wann auf ihren Feldern anbauen sollen. Pilotversuche in Japan mit einer Lösung von Fujitsu haben vielversprechende Ergebnisse im Hinblick auf eine Ertragssteigerung ergeben.

Ein weiteres Beispiel: Medizinische Daten von Bürgern können in einer hochsicheren "Medi Cloud" abgelegt werden, auf die neben den Patienten auch Ärzte Zugriff haben. Dies würde kostspielige Mehrfachuntersuchungen vermeiden helfen. Hier gibt es in Deutschland bereits konkrete Pläne für eine Einführung.

Bereits jetzt ist absehbar, dass Cloud Computing nahezu alle Lebensbereiche verändern wird: Beruf, Freizeit und die Art, wie wir uns informieren. Dies zeigt sich bereits heute, etwa in Form von Smartphones und den Apps, die online zur Verfügung stehen. Gleich, ob ein Nutzer einen Flug buchen möchte, Tickets für ein Konzert ordert oder sich darüber informieren will, welche Restaurants in der Nähe zu finden sind - für fast jeden Zweck gibt es mittlerweile das passende Programm.

Alle Wetten finden Sie im CIO-Jubiläumsbuch. Die Redaktion stellt das Buch am 29. September anlässlich der 10-Jahres-Feier des Magazins im Bonner Kameha Grand Hotel vor.
Foto: IDG Business Media GmbH

Damit scheint die Diskussion um das "Universalgerät" entschieden, mit dem wir den größten Teil der privaten und beruflichen Aktivitäten abwickeln: kommunizieren, uns informieren, arbeiten, spielen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Smartphones und Tablet-Rechner mit den entsprechenden Apps - und den dahinterliegenden Cloud-Services - werden dem "Gerätechaos" ein Ende bereiten, das heute unser Leben bestimmt.

Geräte-Chaos hat ein Ende

Für Unternehmen eröffnet Cloud Computing wiederum die Möglichkeit, schneller und kostengünstiger als bislang Innovationen zu entwickeln. Selbst kleinere Firmen haben so Zugriff auf Rechen- und Speicherkapazitäten, die bislang nur großen Playern mit eigenem Data Center zur Verfügung standen - und das für einen Bruchteil der Kosten. Mit anderen Worten: Die Entwicklung neuer Technologien und Produkte wird dank der Cloud in deutlich geringerem Maße von der Höhe des IT-Budgets abhängen. Dies steigert die Chancen innovativer und flexibler Start-ups, ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

Weitere Wetten finden Sie auf unserer Seite Wetten auf die nächste Dekade.