Die Karriere-Regeln bei IBM

Die Aufgaben der neuen IBM-Chefin

15.04.2011 von Kolja Kröger
Ein scharfer Verstand, klug und überlegt. Das wird der neuen IBM-Chefin für Deutschland zugeschrieben. Als erste Frau überhaupt sitzt sie bald im hiesigen Chefsessel von Big Blue.

Mit Martina Koederitz übernimmt ab Mai erstmals eine Frau die Leitung von IBM in Deutschland. Erst im Herbst vergangenen Jahres war sie zur hiesigen Vertriebschefin aufgestiegen, um jetzt Martin Jetter, den Vorsitzenden der Geschäftsführung in Deutschland abzulösen. Jetter wechselt als Strategiechef in die amerikanische Konzernzentrale in Armonk (Bundesstaat New York).

Als Lohn für gute Arbeit ist der Wechsel von Martin Jetter in die Zentrale von Big Blue zu verstehen, sagt IDC-Analyst Rüdiger Spies.
Foto: IBM

"Ganz klar eine Auszeichnung" sei es, wenn ein Deutscher die Strategiegruppe der ganzen Corporation leiten kann. Das sagte IDC-Analyst Rüdiger Spies gegenüber CIO.de. Jetter habe eben einen "guten Job" gemacht in seinen fünf Jahren als Deutschland-Chef. Im konzerninternen Wettstreit um Ressourcen um Mitarbeiter habe er sich behauptet und etwa das Forschungslabor Böblingen erhalten. Im vergangenen Jahr wuchs der blaue Riese hierzulande um solide 7,7 Prozent.

Die Karriere-Regeln von Big Blue

In den Vorstand der Mutterfirma soll Jetter laut Financial Times Deutschland (FTD) allerdings nicht einziehen. Stattdessen übernimmt er am 4. Mai den Vorsitz des Aufsichtsrats der IBM Deutschland von Erich Clementi.

Bestimmt und überlegt: So soll die neue Deutschland-Chefin von IBM auftreten.
Foto: IBM

Seine Nachfolgerin Koederitz müsse nun einen eigenen Stil finden, sagt Spies. Er habe die Diplom-Betriebswirtin Koederitz als bestimmt und überlegt kennengelernt. "Sie hat einen scharfen Verstand und sich ihren Weg bei IBM erkämpft - wie auch die Anerkennung der Kollegen." Als Geschäftsführerin müsse sie jetzt das Standing der IBM gegenüber den IT-Leitern ihrer Kunden bewahren.

Beobachter hatten Koederitz‘ Aufstieg zur Vertriebschefin im Herbst schon als Zeichen für einen kommenden Machtwechsel gewertet. Auch Spies sagt: "Bei IBM macht nur jemand wirklich Karriere, wenn er im Vertrieb erfolgreich war." Der Analyst war selbst einmal acht Jahre bei IBM und kennt die Regeln des großen blauen Karrierefahrstuhls.

Analyst Spies stand selbst einmal auf der Karriereleiter bei IBM.
Foto: IDC

Bei IBM sei es üblich, so IDC-Analyst Spies, dass potenzielle Aufsteiger eine gewisse Zeit im Headquarter verbringen, um sich dort mit den nötigen Kontakten zu versorgen. Eine solche Position hatte Koederitz 2007 inne, als Executive Assistant von Samuel J. Palmisano, dem weltweiten Kopf von IBM.

Koederitz kehrte 2008 zurück nach Deutschland und kümmerte sich fortan um die mittelständischen Kunden. Möglicherweise hat auch dies sie für ihre künftige Aufgabe qualifiziert. Es heißt, beim Mittelstand wolle IBM stärker als zuvor Fuß fassen. Die FTD schreibt unter Berufung auf Unternehmenskreise sogar: "Das wurde jahrelang vernachlässigt."

Baustelle Mittelstand - und die KI-Maschine Watson

Auch in den Augen von IDC-Analyst Spies spielt der Mittelstand eine große Rolle - weil Deutschland sehr stark von mittelständischen Unternehmen durchsetzt ist. "Das ist immer ein schwieriges Geschäft." Die Margen sind gering und die Kunden können wenig experimentieren. "Deutsche Kunden gelten als sehr sensibel und verhandlungsstark", sagt Spies.

Die Stärke von Koederitz‘ Vorgänger Jetter sei es, dass er als studierter Maschinenbauer die technischen Details sehr gut verstehe - und wie man sie gewinnbringend einsetzt. "Er kann die technischen Vorteile in Business Benefits für die Kunden übersetzen." Diese Fähigkeit muss er nun in Armonk unter Beweis stellen.

"Ein Bedarf von fünf Computern auf der Welt"

Laut IBM-Pressemitteilung verantwortet er nun die Cloud-Strategie des Konzerns. Und er soll das Prestige-Projekt Watson kommerzialisieren. Der Supercomputer, der menschlich gesprochene Fragen beantworten soll, ist nach Thomas J. Watson benannt. Er war der erste Vorstandsvorsitzende der vor 100 Jahren gegründeten International Business Corporation. Er soll übrigens einmal gesagt haben: "Ich glaube, dass es auf der Welt einen Bedarf von vielleicht fünf Computern geben wird." Belegt ist dieses Zitat allerdings nicht.