Monsanto bringt schlechte Zahlen

Die bitterste und teuerste Pille für Bayer

03.11.2020
Vor zwei Monaten schockierte Bayer die Börse mit einer Gewinnwarnung, nun legte die Firmenspitze Quartalszahlen auf den Tisch. Die fielen wie erwartet schlecht aus.
Monsanto will für Bayer einfach keine Erfolgsgeschichte werden.
Foto: Bayer AG

Die 2016 eingeleitete und 2018 abgeschlossene Übernahme von Monsanto durch den Leverkusener Konzern kostete 57 Milliarden Euro - eine Menge Geld, das sich bisher nicht als lohnende Investition erwies. Wie aus am Dienstag publizierten Zahlen von Bayer hervorgeht, brach der Umsatz der Agrarchemie-Sparte um fast ein Viertel auf 3 Milliarden Euro ein. Konzernchef Werner Baumann gab sich langfristig aber "sehr zuversichtlich", wie er sagte. "Das sind wir immer gewesen, daran hat sich nichts geändert und daran ändert sich ausdrücklich nichts aufgrund der derzeitigen Krise."

Die aktuelle Misere liegt zum großen Teil an Monsanto, aber nicht ausschließlich. Denn Bayers "Crop Science", wie der Bereich für Saatgut und Spritzmittel genannt wird, enthält in etwa hälftig das Geschäft von Monsanto und das Geschäft, das Bayer in der Agrarchemie schon vorher hatte. Wie genau das Geschäft des früheren Monsanto verläuft, wird nicht mehr kommuniziert - sondern nur als Teil der Gesamtzahlen von Crop Science. Und die sehen mies aus: Der operative Verlust (Ebit) im dritten Quartal erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 180 auf 637 Millionen Euro.

Werner Baumann, Vorsitzender des Vorstands der Bayer AG, hat den Kauf von Monsanto durchgezogen.
Foto: Bayer AG

Hinzu kommen negative Sondereinflüsse von 10 Milliarden Euro. Das waren Sonderkosten und vor allem Wertberichtigungen wegen der aktuellen Marktschwäche und der düsteren Perspektiven, die auch mit der Corona-Pandemie zu tun hat: Landwirte bauen weniger Mais an, da die Menschen in der Pandemie eher daheim bleiben. Biokraftstoffe aus Mais sind daher weniger gefragt. Zudem ist die Konkurrenz bei Sojasaat härter geworden.

Bayer steckt noch immer im Schlamassel

Firmenchef Baumann verwies am Dienstag bei der Begründung der aktuellen Misere auf die Corona-Situation: "Wie jedes Unternehmen hat uns das Jahr 2020 mit großen Herausforderungen konfrontiert, die wir zu Beginn des Jahres nicht erwartet hatten." Auch ungünstige Währungsverläufe setzten den Leverkusenern zu. So verlor der Brasilianische Real massiv an Wert - Geschäfte, die in diesem wichtigen Agrarmarkt gemacht wurden, brachten nach Umrechnung in Euro zum Stichtag viel weniger ein als gedacht.

Viel Geld hat der Monsanto-Kauf damals gekostet. Der Aktienkurs ist seither stark gesunken, Anleger sind unzufrieden. Im Jahr 2019 verpassten sie Werner Baumann auf der Bayer-Hauptversammlung eine schallende Ohrfeige, als sie ihm die Entlastung verweigerten. Dieses Votum hatte zwar nur symbolische Bedeutung, dennoch war es starker Gegenwind gegen den Topmanager, der die umstrittene Monsanto-Übernahme durchgeboxt hatte.

Ist CEO Baumann für Bayer eine Belastung?

War die Übernahme zu teuer? "Der Preis, den wir seinerzeit in 2016 bezahlt haben, war einer, der sich auch im Wettbewerb mehrerer Bieter ergeben hat", sagte Baumann am Dienstag. Der damalige Monsanto-Wert auf Basis des Aktienkurses sei "nicht allzu weit entfernt gewesen" von dem Preis, den man bezahlt habe.

Wie ein Mühlstein lasten noch immer die Zehntausenden Glyphosat-Klagen auf dem Konzern. Hier immerhin könnte es alsbald eine - teuer bezahlte - Erleichterung geben. Im Sommer wurde ein Vergleich abgeschlossen, der rund 10 Milliarden Euro kostet. Inzwischen hat sich Bayer nach Auskunft von Baumann mit 88.500 Klägern geeinigt, Verhandlungen mit knapp 40.000 weiteren Klägern laufen noch.

Ein Seitenstrang der für den Konzern enorm wichtigen Einigung ist noch offen - eine Regelung, derzufolge auch zukünftige Klagen in den Vergleich fallen, wurde von einem US-Gericht beanstandet. Nun arbeiten Bayer und die Klägerseite daran, wie sie diesen Part gerichtsfest formulieren können. Laut Baumann will der Konzern eine entsprechende Vereinbarung in den nächsten Wochen beim zuständigen Gericht einreichen. Der Konzernchef zeigte sich zuversichtlich, dass der Richter diesmal einverstanden sein wird mit der Formulierung.

Aktionäre sehen keine Ende der Katastrophe

Unter den Anteilseignern rumort es. "Die Geduld der Aktionäre wird auf eine immer härtere Probe gestellt", meldete sich Marc Tüngler zu Wort, der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gehört bei den Bayer-Hauptversammlungen zu den scharfen Kritikern des Vorstands. Das Warten auf positive Nachrichten zermürbe die Aktionäre, monierte Tüngler. "Das tiefe Loch, in dem das Vertrauen und der Kurs gefallen sind, scheint man nur noch durch einen umso größeren Befreiungsschlag entspringen zu können." Er forderte einen "großen Wurf" - "und der wird strategischer oder personeller Natur sein müssen". (dpa/rs)