Studie von Roland Berger

Die neue Generation der IT-Dienstleister

07.12.2010 von Werner Kurzlechner
Die Berater von Roland Berger raten europäischen IT-Anbietern, sich auf ihre genuinen Management-Stärken zu besinnen und nicht blind andere Vorbilder zu kopieren. Den Anwendern erklären die Strategen gleich mit, warum ein europäischer Provider besonders wertvoll sein kann.
Gute Gründe, einen europäischen Provider zu wählen: Eine Checkliste von Roland Berger.
Foto: Roland Berger Strategy Consultants

Filme aus Hollywood, Rock’n’Roll und HipHop, ein Burger auf die Hand und eine Cola dazu – was aus den USA kommt, wird in Europa gerne übernommen. Wie in der Alltagskultur, so ist es im Management. Nicht immer aber erwies sich das Aufspringen auf Moden von jenseits des Atlantiks als Erfolgskonzept. Man denke an Daimler in den 1980er- und 1990er-Jahren, das erst durch eine Reihe von Übernahmen reichlich Hightech-Fett ansetzte, um sich bald als entschlankte Braut mit Chrysler einen Bräutigam zu suchen – und letztlich beides bitter bereute. In der IT scheinen die USA immer noch die ewigen Vorreiter zu sein. Die Berater von Roland Berger Strategy Consultants raten den Europäern jetzt eindringlich, sich vor allem auf die eigenen Stärken zu besinnen.

In der Studie untersucht Roland Berger explizit, wie die europäischen IT-Anbieter im Vergleich zur internationalen Konkurrenz aufgestellt sind. Die Berater erkennen dabei eine Reihe spezifischer Stärken. Sie durchdenken aber auch, welche Vorteile dieses Profil den Anwendern bringt und nennen mehrere Gründe, die aus CIO-Sicht für die Wahl europäischer IT-Provider sprechen.

„Das europäische Management-Modell der letzten zehn Jahre ist eine Erfolgsgeschichte“, stellen die Consultants allgemein fest. Dass die USA kein Vorbild mehr seien, belegen sie mit Daten aus dem Zeitraum 1998 bis 2008. In diesem Jahrzehnt verbuchten europäische Firmen in der Top-3000-Kategorie von Roland Berger ein Umsatzwachstum von 10,4 Prozent im jährlichen Durchschnitt, nordamerikanische lediglich 9,3 Prozent. Der EBITDA als Indikator für die Rentabilität eines Unternehmens legte in Europa im Jahresmittel um 13,1 Prozent zu, in Nordamerika lediglich um 6,9 Prozent. Das vor einigen Jahren als alternatives Vorbild gepriesene Japan schneidet noch schlechter ab.

Was aber macht das europäische Modell aus? Europäische Manager planten und entschieden langfristig, so Roland Berger. Sozialkompetenz, Personalentwicklung und soziale Verantwortung hätten eine hohe Bedeutung als Pluspunkte im strategischen Wettbewerb. Zudem seien europäische Manager erfahren im Umgang mit verschiedenen Kulturen, die Unternehmen sehr viel stärker international investiert als in den USA. Darüber werde der öffentlichen Verwaltung eine geschäftsbeschleunigende Rolle zugeschrieben.

Diese generellen Betrachtungen bestätigen sich beim Blick auf die IT-Anbieter. Das höchste durchschnittliche Umsatzwachstum stellen die Berater hier zwar in Japan mit 20,4 Prozent fest. Europa liegt aber mit 17,7 vor Nordamerika mit 16,1 Prozent. Und ist die Nummer Eins beim EBITDA mit 14,2 Prozent gegenüber 13,5 in Nordamerika und nur 10,1 in Japan.

Europäer langsamer, aber nachhaltiger

Die europäischen Anbieter verfügten über ein nachhaltigeres Geschäftsmodell als die Wettbewerber aus anderen Kontinenten, so Roland Berger: „Europäische IT-Anbieter sollten daher eigene Stärken und Wettbewerbsvorteile ausbauen.“ Zumal die EU-Gesetzgebung einen schützenden Effekt auf die Provider habe, und indische Anbieter in Europa bislang weithin außen vor blieben, weil sie sich nicht auf die hiesigen Denkmuster einzustellen vermochten.

Unter die Lupe nehmen die Berater die Unterschiede in viererlei Hinsicht: Strategie, Business Development, Verkauf und Effizienz. Strategisch seien die CEOs der europäischen Anbieter mehr Themenführer als Verkäufer. Vorrangig sei der Ausbau von Kernkompetenzen und die Pflege der Bestandskunden sowie die langfristige Mitarbeiterentwicklung.

Im Bereich Business-Development agieren die Europäer zwar langsamer und weniger innovativ als etwa die US-Amerikaner, dafür sind sie führend bei strategischen Partnerschaften und Lösungsreife. Beim Verkauf setzen sie vor allem auf lange, vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Kunden, versuchen nicht mit unerfüllbaren Versprechungen zu blenden und nehmen namentlich ihr europäisches Kundennetzwerk sehr ernst.

Dass sie als Verkaufsadressaten vor allem CIOs und nicht wie Anbieter aus anderen Kontinenten CEOs und CFOs ansprechen wollen, wertet Roland Berger zwar aus Anbietersicht eher nachteilig. Für CIOs von Anwenderunternehmen ist es hingegen ein weiterer Grund, auf Nähe gerade zu diesen Anbietern zu setzen.

In der Kategorie Effizienz gehen europäischer IT-Anbieter weniger hemdsärmelig als andere zu Werke. Sie verhalten sich skeptischer gegenüber neuen Technologien und bevorzugen Near- statt Offshoring. Dafür seien sie offen für Standardisierung und Engineering-Lösungen sowie ITIL und steuerten Personalabbau vorsichtiger und sozialverträglicher, so die Berater.

Gute Argumente aus CIO-Sicht

Aus alldem ergeben sich für europäische CIOs laut Roland Berger einige gute Gründe, europäische Provider in Betracht zu ziehen. Wer als CIO etwa eine zentrale Entscheiderrolle für sich beansprucht, tut sich mit diesen Partnern in der Regel leichter. Das gleiche gilt, wenn nicht jeder technologische Hype mitgemacht werden soll, wenn ein langer Atem und eine langfristige Zusammenarbeit angestrebt werden und wenn Standardisierung, Automatisierung und Nearshoring auf der Agenda stehen.

Die starke Verankerung in Kontinentaleuropa ist nach Einschätzung der Berater ebenso ein Vorzug der europäischen Anbieter wie deren größere Akzeptanz bei Arbeitnehmervertretungen.

Die Studie „IT-Anbieter einer neuen Generation – Der Europäische Weg“ kann auf der Website von Roland Berger kostenlos heruntergeladen werden.