Was Mitarbeiter wünschen

Die Treiber für Mitarbeitermotivation

31.07.2012 von Werner Kurzlechner
In ihrer Global Workforce Study 2012 geben die Berater von Towers Watson Ratschläge, was Unternehmen für Engagement, Recruiting und Motivation tun können.

Deutsche Firmen können sich über im europäischen Vergleich überdurchschnittlich engagierte Arbeitnehmer freuen, denen es vor allem auf einen sicheren Arbeitsplatz und ein gutes Grundgehalt ankommt. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Towers Watson hervor. Fast ein Viertel der Mitarbeiter leistet jedoch nur Dienst nach Vorschrift. Ein Alarmsignal, wie überhaupt in einigen Bereichen Luft nach oben bei der Motivation der Angestellten herrscht. Towers Watson hat diesbezüglich auch einige Tipps für die Unternehmen parat.

Das Beratungshaus befragte bereits zum fünften Mal mehr als 32.000 Arbeitnehmer aus 28 Ländern. Die Mitarbeiter in Deutschland liegen in Punkto Engagement europaweit an vorderer Stelle. 52 Prozent der Arbeitnehmer hierzulande sind demnach grundsätzlich motiviert. 29 Prozent arbeiten nachhaltig engagiert, der europäische Durchschnittwert liegt bei 26 Prozent. 23 Prozent der deutschen Mitarbeiter benötigen laut Studie mehr Unterstützung durch ihr Unternehmen, um ihr Engagement langfristig aufrechterhalten zu können.

Eine Top-Unternehmensführung und eine ausgeglichene Work-Life-Balance sind die entscheidenden Faktoren bei der Mitarbeitermotivation.
Foto: Towers Watson

Die Mitarbeiter seien grundsätzlich zwar engagiert. „Sie fühlen sich jedoch ausgebremst, da es etwa an den wesentlichen Arbeitsmitteln mangelt oder sie nicht die notwendige Unterstützung erfahren“, erläutert Studienautor Bernd Süßmuth. „Das Arbeitsleben ist eher ein Marathon als ein Sprint, daher müssen Unternehmen verhindern, dass ihre Leistungsträger ausbrennen.“

„Standstill Britain“

Knapp über die Hälfte der Mitarbeiter sind also leistungswillig. Was der europäische Vergleich als ordentlichen Wert ausweist, darf einem aus guten Gründen ausbaufähig vorkommen. Zwar ist die Lage in Großbritannien inzwischen offenbar derart düster, dass Towers Watson seine Studie dort mit „Standstill Britain“ überschreibt. 40 Prozent der Mitarbeiter im Vereinigten Königreich haben nämlich das Gefühl, eigentlich den Arbeitgeber wechseln zu müssen, weil im eigenen Unternehmen nichts vorangeht.

Wichtiger als anderswo ist deutschen Arbeitnehmer ein sicherer Job.
Foto: Towers Watson

Dass es anderswo aber weit bessere Werte als in der Bundesrepublik gibt, zeigt das Beispiel USA. Dort sind laut Towers Watson 37 Prozent ohne Wenn und Aber engagiert. 27 Prozent fallen in die Rubrik der motivierten, aber vom Arbeitgeber teilweise alleine gelassenen Mitarbeiter. Demnach sind also im Vergleich zu den 52 Prozent hierzulande in den Vereinigten Staaten 64 Prozent „grundsätzlich motiviert“ – ein Wert übrigens, der durch die amerikanische Brille als vergleichsweise schlecht erachtet wird.

22 Prozent sind lustlos

Kaum Unterschiede zwischen den USA und Deutschland gibt es jedoch beim Anteil der Mitarbeiter, die „innerlich gekündigt“ haben – also lustlosen Dienst nach Vorschrift schieben. Für die USA geht Towers Watson von 23 Prozent aus, hierzulande beziffert die Studie den Anteil auf 22 Prozent.

Das deckt sich in etwa mit dem Ergebnis einer Studie von Gallup, die vor wenigen Monaten erschien. Demnach haben 23 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen überhaupt keine Bindung mehr an ihr Unternehmen. Der Anteil der problematischen Mitarbeiter stieg laut Gallup im vergangenen Jahrzehnt von 15 auf 23 Prozent. Die Zahl der Hochengagierten sank demgegenüber leicht von 16 auf 14 Prozent.

Die aktuelle Studie von Towers Watson kommt hier also zu einem ähnlichen Befund. Als deutsche Besonderheit filtern die Unternehmensberater das hohe Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer heraus. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes sei für deutsche Arbeitnehmer aller Altersklassen das zentrale Motiv bei der Wahl ihres Arbeitgebers und sogar bedeutender als das Gehalt. Bei der Bindung an den Arbeitgeber ist die Jobsicherheit hierzulande der drittwichtigste Faktor, europaweit rangiert sie demgegenüber nur auf dem sechsten Platz.

Top-Treiber bei der Bindung an einen Arbeitgeber sei in Deutschland und anderen Ländern aber nach wie vor das Gehalt, so Towers Watson. Dabei sei nicht nur die Höhe des Gehalts ausschlaggebend. Auch auf transparente Kommunikation und eine empfundene Fairness den Kollegen gegenüber komme es an.

Um dem Wunsch der Mitarbeiter nach einem sicheren Arbeitsplatz nachzukommen und das eigene Unternehmen als favorisierten Arbeitgeber für potenzielle Mitarbeiter zu positionieren, sollten sich Unternehmen laut Towers Watson auf eine strategische Personalplanung und alternative Arbeitszeitmodelle wie Kurzarbeit und Sabbaticals konzentrieren.

Verkürzte Probezeiten für Schlüsselpositionen

Auch verkürzte Probezeiten für Schlüsselpositionen empfehlen die Berater. „Hier können auch kleinere Unternehmen von den Großen lernen und sich damit einen Wettbewerbsvorteil am Arbeitsmarkt verschaffen“, sagt Süßmuth.

Der Vergleich von besonders erfolgreichen mit durchschnittlich erfolgreichen Unternehmen zeige, dass Unternehmensleitung und Führungskräfte einen sehr großen Einfluss auf das Mitarbeiterengagement haben: Nur 11 Prozent der gar nicht engagierten Arbeitnehmer haben Vertrauen in die Arbeit der Führungsriege, aber 73 Prozent der nachhaltig Engagierten.

Drei Viertel dieser hochmotivierten Arbeitnehmer beurteilen die Arbeit ihres direkten Vorgesetzten als effektiv, aber nur 14 Prozent der Lustlosen. Towers Watson rät vor diesem Hintergrund zu einer offenen Kommunikation im Unternehmen und zu mehr Leistungsdifferenzierung auch bei Bonuszahlungen an Manager.

Work-Life-Balance verbessern

Um eine Erschöpfung der Mitarbeiter zu vermeiden, empfehlen die Berater außerdem, Maßnahmen zur Optimierung der Work-Life-Balance zu ergreifen. „Neben der geeigneten Infrastruktur von Heimarbeitsplätzen oder flexiblen Arbeitszeiten sollten Unternehmen prüfen, ob die eigene Unternehmenskultur gute Leistungen ausreichend anerkennt und aufmerksam mit Mitarbeitern, Führungskräften und Leistungsträgern umgeht“, so Süßmuth.

Towers Watson weist zudem darauf hin, dass Leistungsträger und begabte Nachwuchskräfte verschiedene Prioritäten bei der Arbeitgeberauswahl setzen. Für Top-Performer ist die Aussicht auf eine herausfordernde Tätigkeit das wichtigste Kriterium bei der Jobsuche. Haben sie sich einmal für einen Arbeitgeber entschieden, legen sie mehr als andere Arbeitnehmer großen Wert auf die Glaubwürdigkeit und Effektivität des Top-Managements.

Talente denken massiv an die Zukunft

Bei den High Potentials steht die Möglichkeit, ihre Karriere voranzutreiben, ganz oben auf der Prioritätenliste. Das gilt sowohl bei der Wahl des Arbeitgebers als auch bei der Entscheidung, ihrer Arbeitsstelle treu zu bleiben. Die Bindung von Mitarbeitern sei eine wesentliche Voraussetzung der Senkung der Fluktuationsrate und der Kosten, die durch Personalsuche und Einarbeitung von Mitarbeitern entstehen, so die Berater.

Auch das Engagement der Mitarbeiter wirke sich erkennbar auf Kundenzufriedenheit und finanzielle Kennzahlen aus. „Die Umsatzrendite von Unternehmen mit nachhaltig engagierten Mitarbeitern ist drei Mal so hoch wie in Unternehmen mit wenig engagierter Belegschaft“, so Towers Watson.

Die Studie „Global Workforce Study 2012“ ist bei Towers Watson erhältlich.