Umfrage: "State of the CIO 2007"

Entspannte CIOs

04.05.2007 von Andreas Schmitz
CIOs akzeptieren ihre Rolle als "Fachidioten": Sie kommen meist aus der IT, bleiben lange in ihrem Job, wechseln selten die Disziplin - so die Ergebnisse der diesjährigen Umfrage "State of the CIO 2007". Dass es an der Kommunikation zuweilen arg hapert, stört sie deshalb nicht so sehr, verhindert jedoch oft den Wechsel ins Business.

CIOs haben es sich in der Nische IT-Management gemütlich gemacht. Nach Ergebnissen der Umfrage unter 339 IT-Verantwortlichen bleibt in Deutschland jeder fünfte IT-Manager mehr als zehn Jahre in seiner Position, im Durchschnitt über sechs Jahre. Knapp 40 Prozent der derzeitigen CIOs kommen zudem aus der IT, wechseln also allenfalls die Branche, aber nicht ihre Basis, die sie ausfüllt. In den Worten des Münchener Management-Beraters Klaus Doppler: „Leute aus der IT lieben Zahlen und das binäre Denken. Daraus leitet sich dann auch der Berufswunsch ab.“

Hiesige CIOs sind also mit ihrer Position zufrieden und sehen kaum die Notwendigkeit, an ihrer derzeitigen Situation e twas zu ändern. Der typische IT-Chef zieht sich zurück – nicht hinter seinen Schreibtisch in seinem verschlossenen Büro, sondern auf seine Kernkompetenz, die Informationstechnologie. Warum ins Business wechseln, wenn es in der IT so schön ist? Noch dazu ist die IT ja neben dem Controlling und dem Personalwesen die dritte Support-Funktion in den Unternehmen – und nicht die eigentliche Kernkompetenz eines Unternehmens.

„Einmal CIO, stecken viele in ihrer Rolle fest – sie befinden sich in einer strategischen Sackgasse“, meint hingegen der Geschäftsführer des Schweizer Reiseunternehmens Kuoni Armin Meier, der vor seiner jetzigen Position Verantwortlicher für Logistik und IT beim Schweizer Einzelhandelunternehmens Migros gewesen ist und eine typische IT-Management-Karriere hinter sich hat. „Ältere CIOs tendieren dazu, sich mehr um Technik zu kümmern – also um Entwicklungen, Evaluationen und Helpdesk-Funktionen“, beklagt Meier, der vom IT-Management auf die Business-Seite gewechselt ist und damit immerhin eine für fast nur jeden fünften (18 Prozent) der befragten IT-Manager erstrebenswerte Karriere gemacht hat.

Der Schweizer Top-Manager sieht vor allem in der mangelhaften Kommunikation den Grund dafür, dass IT-Verantwortliche in der Sackgasse stecken und es sich deswegen in der Nische IT-Management einrichten, „wo ihnen in der Regel niemand reinreden kann“.

Kommunikation unter ferner liefen

Auch in unserer Umfrage gibt es eine Reihe von Indizien dafür, dass Defizite existieren, die CIOs in naher Zukunft angehen sollten. Nicht unbedingt, um den Sprung ins Business zu machen, sondern vor allem, um mit ihrer Support-Funktion mehr Akzeptanz im eigenen Unternehmen zu bekommen. Vielen CIOs fehlt die Fähigkeit, nach oben wie nach unten verständlich zu kommunizieren und von der Techniker-Denke wegzukommen, so die Kernaussage.

So verbringen verantwortliche IT-Manager die meiste Zeit ihres Tages mit analytischen und technischen Aufgaben – sie überwachen und steuern ihre Hauptprojekte, entwerfen und optimieren Geschäftsprozesse oder treffen strategische Systementscheidungen. Erst nach den Top 3 der „Aufgaben, die am meisten Zeit beanspruchen“ rangiert auf den Folgerängen 4 und 5 das Verhandeln mit Geschäftspartnern und Dienstleistern als Kommunikationskomponenten im Tagesplan des CIOs. Auf den hinteren Rängen war gar der Austausch untereinander auf dem C-Level und mit Abteilungsleitern zu finden.

„Dabei müssen Manager Energien intern finden, sonst scheitern die Projekte“, weiß Kuoni-Manager Meier. Deren Management steht in den „nutzenbringendsten Fähigkeiten“ immerhin an zweiter Stelle, und damit gerät dessen Erfolg in Gefahr. Auch wenn sich die Notwendigkeit, mehr Zeit in Kommunikation zu verwenden, hier noch nicht widerspiegelt, sind den CIOs diese „Herausforderungen“ sehr wohl bewusst. Sie äußern sich in den Symptomen: Die Erwartungen an die IT seien unrealistisch, gar unbekannt und unausgesprochen, die IT-Abteilung habe zudem Schwierigkeiten, ihre Aufgaben verständlich zu machen, beklagen sich die IT-Manager und geben diese Probleme als drei der fünf größten Hürden im täglichen Job an.

Klassische IT beherrscht Alltag

Karsten Vor, IT-Chef beim Mischkonzern Honeywell Life Safety, entdeckt in der Umfrage die Bestätigung, dass klassische IT-Themen den CIO beherrschen: „Der Tellerrand scheint in weiter Ferne“, so der IT-Verantwortliche, der sich in Sachen Kommunikationsfähigkeit als fortschrittlich einschätzt, einen großen Teil seiner Zeit mit Gesprächen mit den Kollegen und mit Reisen verbringt, um vor Ort Entscheidungen abzustimmen und Projekte voranzutreiben. Allerdings genießt das Thema Kommunikation im IT-Management nicht unbedingt den höchsten Stellenwert: „Es kostet eine Menge Zeit, die man sich nehmen muss oder gegeben bekommen muss“, meint Realist Vor. Und nach dem Aufwand „fragt man sich, was man eigentlich heute gemacht hat: Es kostet viel Zeit, vor Ort und verfügbar zu sein.“

Das "Bunter Hund"-Image des CIOs als Kommunikator macht es dem IT-Manager nicht einfach – gerade in einem technisch orientierten Konzern wie Honeywell. Da wundert es nicht wenig, dass der Status den CIO zurzeit doch eher als Manager demaskiert, der zwar hier und da das Wort Kommunikation auf seine Fahnen schreibt, dann aber doch die meiste Zeit mit anderen Dingen verbringt, die er auch allein in seinem Büro erledigen kann, wie Honeywell-Manager Vor sich ausdrückt. Managern aus anderen Disziplinen drängt sich das Bild auf, der CIO sitze in seinem stillen Kämmerlein und schlage sich mit Technik herum, so Kuoni-CEO Meier.

Klassische IT größter Nutzenbringer

Doch Vor ist ein hemdsärmeliger Typ: Drastisch ausgedrückt erwarteten viele Fachbereiche „nicht die Frage nach dem Sinn und Unsinn“, sondern die Lieferung von Leistungen. Die Gretchenfrage lautet: "Soll das Projekt schnell fertig werden, oder nehme ich mir mehr Zeit für Kommunikation?“

Der Umfrage zufolge schätzen die Befragten klassische IT-Fähigkeiten als den größten Nutzenbringer ein. Dazu gehören neben dem „Evergreen“ Prozesse auch Themen wie das Beherrschen von Projekt-Management, die Entwicklung und Betreuung von IT-Architekturen, Sicherheitsthemen sowie die Entwicklung der gesamten IT-Infrastruktur. Da bleibt also beim besten Willen wenig Zeit für Kommunikation. Dieser Zeitdruck nimmt nach Vors Ansicht das Tagesgeschäft weitgehend ein und zudem viel Management-Zeit weg. Darin liegt nach Aussage von "State of the CIO 2007“ jedoch die wichtigste Fähigkeit der IT-Manager: im strategischen Denken und Planen. Das Verstehen von Geschäftsprozessen rangiert auf Platz 2, gefolgt von der effektiven Kommunikation.

Kundenservice dominiert Prozesse

Dass die Vermittlung von IT sich inzwischen auch in den technischen Bereichen der IT niederschlägt, beweist, dass das Thema den CIO beschäftigt. Auf die Frage, für welche Bereiche die IT die Geschäftsprozesse verbessert, entschieden sich die meisten Befragten erstmals in dieser zum dritten Mal durchgeführten Studie für den Kundenservice.

"Das ist erstaunlich“, kommentiert Honeywell-Mann Vor, und ein Zeichen dafür, dass CIOs sich langsam von den klassischen Geschäftsprozessen wegbewegten - also Buchhaltung oder Finanzen. „Kundenservice bietet heute einen Wettbewerbsvorteil, sonst würde man darin nicht investieren“, schlussfolgert Vor. Im vergangenen Jahr 2006, als das Thema Buchhaltung und Finanzen noch auf dem ersten Platz rangierte, beschäftigten sich v iele Unternehmen mit dem Sarbanes-Oxley Act (SOX) und mit Basel II: „Diese internen Themen sind in vielen Firmen jetzt abgeschlossen“, so IT-Mann Vor. Auch die Logistik, der Verkauf sowie das Auftrags- und Rechnungswesen werden in diesem Jahr vom Kundenservice getoppt. Das sei ein eindeutiges Zeichen dafür, dass viele Standardprozesse wie beispielsweise die üblichen ERP-Themen sich inzwischen in den Unternehmen etabliert hätten und erfolgreich und zuverlässig liefen.

CIOs sorgen sich um ihre Kunden

Die logische Konsequenz: Wer den externen Kunden bereits in seinen Prozessen mehr und mehr berücksichtigt, ist auch vom internen Kunden nicht mehr so weit entfernt. Das zeigen die Management-Prioritäten der IT-Top-Manager für dieses Jahr. Hinter der Beschleunigung der Geschäftsprozesse sehen CIOs das vorrangige Ziel darin, die internen Kunden zufrieden zu stellen und das Image der IT nachhaltig zu verbessern. Auch hier besteht eine Kernaufgabe darin, transparent und sichtbar zu machen, was die Überzeugung der IT ausmacht: „Der Fachbereich muss sagen, was er will, der CIO muss sagen, was er kann – das erfordert ein Höchstmaß an Kommunikation“, konstatiert Kuoni-Manager Meier.

Daily Business in den IT-Sektionen sieht anders aus: Neue Systeme und Prozesse, das Thema Datensicherheit und Integrität und nicht zuletzt neue Technologien bestimmen die drei wichtigsten technischen Ziele des IT-Managements. Gerade die Innovation ist, so ein weiteres Ergebnis der Studie, nun endlich wieder ein Thema in den Unternehmen.

Mehr als die Hälfte der Befragten gehen davon aus, dass ihre Aufgabe in Hinblick auf Geschäftsinnovationen wichtiger geworden ist. Und mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, Innovationsinitiativen allein oder mit Partnern im Unternehmen durchzuführen. Knapp ein Drittel der Befragten gab sogar an, Innovationsinitiativen eigenverantwortlich zu bewerkstelligen. Und da kann sich der CIO endlich wieder so richtig auf seine Kernkompetenzen zurückziehen.