3 Gartner-Ratschläge

Erwartungen an Blockchain zurückstutzen

22.06.2018 von Christiane Pütter
Unternehmen knüpfen zu hohe Erwartungen an die Blockchain. Erst einer von hundert setzt sie ein. Die ganze Herangehensweise sei fehlerhaft, urteilt Gartner.
  • Unternehmen benutzen die Blockchain mehr oder weniger nur als Speichersystem
  • Der Technologie fehlt es an Standards, im Umgang damit fehlt es an Governance
  • Die Blockchain weist fünf Charakteristika auf: Verschlüsselung, Unveränderlichkeit, Verbreitung, Dezentralisierung und Tokenisierung (Segmentierung in kleinste Einheiten)

Die Analysten von Gartner sehen einen dringenden Aufklärungsbedarf in Sachen Blockchain. Diese Aufklärung muss der CIO übernehmen. Diesen Appell spricht Gartner in der Studie "Blockchain Status 2018: Market Adoption Reality" aus.

Gartner zerlegt das Thema Blockchain in 34 einzelne Technologien, die jeweils einen unterschiedlichen Reifegrad aufweisen.
Foto: Gartner

Die Studie basiert auf Angaben von mehr als 3.100 CIOs aus 98 Ländern. Lediglich ein Prozent nutzt die Blockchain operativ. Weitere acht Prozent experimentieren damit und wollen sie kurzfristig einsetzen. Eine Mehrheit von 57 Prozent hat die Technologie auf dem Radar oder plant langfristig damit. Gut jeder Dritte (34 Prozent) zeigt dagegen kein Interesse. Von den Branchen her gelten Finance, Versicherungen und Telekommunikation als Vorreiter.

Blockchain hat den Hype-Höhepunkt erreicht

Gartner sieht die Blockchain als Ganzes derzeit "auf dem Höhepunkt überzogener Erwartungen". Diese Einschätzung stützt sich auf den jährlichen Hype Cycle, der Technologien fünf Phasen zuordnet: sie starten als Innovation, erzeugen dann zu hohe Erwartungen, stürzen ins Tal der Tränen ab, durchlaufen eine Phase der Läuterung und erreichen schließlich ihr jeweils mögliches Höchstmaß an Produktivität.

Einzelne Aspekte der Blockchain befinden sich in unterschiedlichen Stadien. So ist die Ersatzwährung (wie etwa Bitcoin) schon sehr weit, während Blockchain in Öl- und Gas-Industrie gerade erst als Innovation entwickelt wird.

Blockchain oft nur als Speicher eingesetzt

Die Analysten kritisieren eine falsche Herangehensweise an die Blockchain. Sie nennen fünf Charakteristika der Technologie: Verschlüsselung, Unveränderlichkeit, Verbreitung, Dezentralisierung und Tokenisierung (Segmentierung in kleinste Einheiten). Gartner sieht Satoshi Nakamoto als prägend für die Blockchain, auch, wenn niemand weiß, welche Einzelperson oder welche Gruppe von Personen genau dahintersteht. Wichtig ist den Analysten, dass Nakamoto mit der Blockchain auf Werte wie Demokratisierung und Open Source abzielt.

Die Funktionsweise von Blockchain
Blockchain
Blockchain wird in den kommenden Jahren zur Schlüsseltechnologie in der IT werden.
(1) Transaktion
Die Transaktion ist die elementare Grundeinheit der Blockchain. Zwei Parteien tauschen Informationen miteinander aus. Dies kann der Transfer von Geld oder Vermögenswerten, der Abschluss eines Vertrags, eine Krankenakte oder eine Urkunde sein, die digital gespeichert wurde. Transaktionen funktionieren im Prinzip wie das Versenden von E-Mails.
(2) Verifizierung
Die Verifizierung prüft, ob eine Partei die entsprechenden Rechte für die Transaktion hat. Die Prüfung erfolgt augenblicklich oder es wird in eine Warteschlange geschrieben, die die Prüfung später durchführt. An dieser Stelle werden Knoten, also Computer oder Server im Netzwerk, eingebunden und die Transaktion verifiziert.
(3) Struktur
Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, wobei diese mit einer Hash-Funktion als Bit-Nummer verschlüsselt werden. Die Blöcke können durch die Zuweisung des Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden. Ein Block enthält einen Header, eine Referenz auf den vorhergehenden Block und eine Gruppe von Transaktionen. Die Abfolge der verlinkten Hashes erzeugt eine sichere und unabhängige Kette.
(4) Validierung
Bevor die Blöcke erzeugt werden, müssen die Informationen validiert werden. Das am meisten verbreitete Konzept für die Validierung von Open-Source-Blockchains ist das „Proof of Work“-Prinzip. Dieses Verfahren stellt in der Regel die Lösung einer schweren mathematischen Aufgabe durch den Nutzer beziehungsweise dessen Computer dar.
(5) Blockchain Mining
Der Begriff Mining stammt aus der Bergbau und meint das „Schürfen“. Bei diesem Vorgang wird der Block erzeugt und gehasht. Um zum Zug zu kommen, müssen die Miner ein mathematisches Rätsel lösen. Wer als Erstes die Lösung hat, wird als Miner akzeptiert. Der Miner erhält für seine Arbeit ein Honorar in Form von Kryptowährung (Bitcoin).
(6) Die Kette
Nachdem die Blöcke validiert wurden und der Miner seine Arbeit verrichtet hat, werden die Kopien der Blöcke im Netzwerk an die Knoten verteilt. Jeder Knoten fügt den Block an der Kette in unveränderlicher und unmanipulierbarer Weise an.
(7) Verteidigung
Wenn ein unehrlicher Miner versucht, einen Block in der Kette zu ändern, so werden auch die Hash-Werte des Blockes und der nachfolgenden Blöcke geändert. Die anderen Knoten werden diese Manipulation erkennen und den Block von der Hauptkette ausschließen.

Setzen Unternehmen die Blockchain ein, geht es ihnen dagegen vor allem um den Aspekt der Verschlüsselung. Üblicherweise werde die Blockchain mehr oder weniger nur als Speichersystem eingesetzt, Tokenisierung fehlt so gut wie komplett. Das sei mindestens lückenhaft, so Gartner.

Drei Aufgaben für CIOs

Das Interesse an der Technologie ist trotz der geringen Nutzungsrate hoch. Seit 2017 ist das Stichwort Blockchain der meistgesuchte Begriff auf Gartners Research-Portal. Gartner gibt IT-Entscheidern folgendes mit auf den Weg:

1. CIOs müssen die Erwartungen auf ein realistisches Maß zurückstutzen: Noch ist die Technologie für den Unternehmenseinsatz zu unreif. Entscheider müssen erst einmal Voraussetzungen für einen konkreten Business Case schaffen. Unter den CIOs, die kurzfristig in die Blockchain einsteigen wollen, beklagt rund jeder Fünfte einen Mangel an Skills.

2. CIOs müssen das Thema Governance auf die Agenda bringen: Technologisch gesehen fehlt es bei der Blockchain an Standards und Definitionen. Gartner beobachtet, dass auch Sicherheits-Aspekte vernachlässigt werden. Von der betriebswirtschaftlichen Seite her wissen Unternehmen derzeit noch nicht, welche Gesetze und Steuern auf sie zukommen. Kurz: der gesamte Dreiklang Governance, Risk und Compliance muss geklärt werden.

3. CIOs müssen die Blockchain im Auge behalten und so gut wie möglich konkretisieren: Noch ist die Blockchain unreif, doch IT-Entscheider müssen die Entwicklung verfolgen. Sie müssen mögliche Einsatz-Szenarien für das eigene Unternehmen identifizieren und beobachten, wie sich die Konkurrenz verhält.