Beim nächsten Job wird alles anders

Fast jeder CIO ist wechselwillig

21.05.2015 von Christoph Lixenfeld
Das Problem der meisten CIOs ist, dass sie nichts zu sagen haben und deshalb weg wollen. Personalberater Kaan Bludau sagt, wie es beim nächsten Mal besser wird.
  • CIOs sollten sich potenzielle neue Arbeitgeber sehr genau ansehen.
  • Woanders ist es nicht notwendigerweise besser.
  • Vorstände trauen CIOs zu wenig zu.

Manchmal ist es aufschlussreich, bei gängigen und seit Jahren verwendeten Abkürzungen mal wieder zu fragen, wofür sie eigentlich stehen, sie mal wieder auszuschreiben.

CIO zum Beispiel steht für Chief Information Officer. Gemeint ist also ein leitender (Officer) Mitarbeiter, der für Information im Sinne von Informations-Technologie (IT) zuständig ist. Und der Chief ist, also Chef, derjenige, der sagt, wohin die Reise geht.

All das bedeuten die drei Buchstaben CIO. Blöd an der Sache ist nur, dass im wirklichen (Berufs-)leben der so Bezeichneten das C oftmals mehr Behauptung ist als Realität. Dass der Chef ein anderer ist, und zu allem Überfluss auch noch derjenige unter den Officers, der dem CIO am nachhaltigsten auf den Wecker fällt.

Sheriff? Oder doch nur Deputy? Viele Unternehmen messen dem CIO immer noch nicht den erforderlichen Stellenwert zu.
Foto: Roman Milert - Fotolia.com

Bei großen Unternehmen berichtet der CIO an einen der Vorstände. Im Falle der DAX-Konzerne, so eine aktuellen Untersuchung der Firma Comma Soft, ist das in 21 von 30 Fällen der CFO. CIOs, so könnte man das Interpretieren, brauchen vor allem jemanden, der ihnen beim Geldausgeben auf die Finger guckt. Und sonst?

Unternehmen geben CIOs nicht den notwendigen Stellenwert

"Viele Unternehmenslenker messen der IT und dem IT-Budget immer noch nicht den Stellenwert bei, der erforderlich wäre, damit ihre Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben." so auch die Erfahrung von Kaan Bludau. Der Personalberater leitet die Business Unit Retail und E-Commerce sowie Travel, Transport und Logistics bei der Hager Unternehmensberatung aus Frankfurt und hat seit seinem Wechsel zu Hager vor 5 Jahren bereits 16 CIO-Positionen erfolgreich für seine Mandanten besetzt.

Er erlebt in seiner täglichen Arbeit ständig, wie viel Frust diese Ignoranz auslöst. "Die wenigsten CIOs haben den Eindruck, dass sie jene Rolle spielen, die der IT und den dafür Verantwortlichen aus ihrer Sicht zukommen sollte."

Was in der Praxis bedeutet, dass CIOs verwalten statt konzipieren, den Status Quo erhalten statt die Zukunft planen. Das sorgt für Unzufriedenheit und dafür, dass "fast jeder CIO offen ist für neue, spannende Positionen. Viele möchten aus einer verwaltenden Rolle raus und gerne etwas bewegen", so Kaan Bludau.

"Fast jeder CIO ist offen für neue, spannende Positionen. Viele möchten aus einer verwaltenden Rolle raus und gerne etwas bewegen", sagt Kaan Bludau von der Hager Unternehmensberatung.
Foto: Hager Unternehmensberatung

Alle wollen aus der verwaltenden Rolle raus, wollen was bewegen", so Kaan Bludau.

Einen neuen Job wünscht sich vor allem, wer glaubt, im aktuellen Job passiere nichts Spannendes mehr und woanders sei alles - natürlich - viel besser.

Herausfinden, was schiefgelaufen ist

Was natürlich so sicher nicht ist, weil sich Systemfehler wenig unterscheiden zwischen Arbeitgeber A und B. Dennoch können CIOs eine Menge dafür tun, um beim Jobwechsel nicht vom Regen in die Traufe zu kommen.

Personalberater wie Kaan Bludau helfen ihnen dabei. Im ersten Schritt geht es darum, sich intensiv auf die Gespräche mit potenziellen neuen Arbeitgebern vorzubereiten, um dabei mehr zu erfahren als das, was diese von sich aus preisgeben wollen.

Spannend ist natürlich die Frage, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist. Wo hakte es? Was hat der aktuelle beziehungsweise ehemalige CIO falsch gemacht? Wie groß ist die Bereitschaft, wirklich etwas verändern zu wollen? Welchen Stellenwert hat die IT insgesamt?

Herausfinden lässt sich das, sagt Kaan Bludau, "indem man schon im Vorfeld möglichst viele unterschiedliche Leute in dem neuen Unternehmen kennenlernt." Dabei gewinnt der CIO in spe auch einen Eindruck davon, welche Stakeholder in der Vergangenheit bei Entscheidungen nicht eingebunden wurden und warum.

"Es braucht immer mehrere Gespräche, um sich ein Bild davon zu machen", so Bludau. Drei Runden sind aus seiner Sicht das Minimum, er kennt aber auch Fälle, in denen sich die Beteiligten sieben Mal getroffen hatten, bevor eine Entscheidung fiel. Jeder Irrtum ausschließen lässt sich nicht. Aber es hilft, möglichst viele Informationen zu sammeln und auch im Gespräch auf entsprechendem Input zu bestehen.

Immer freundlich bleiben

Mancher CIO muss sich seine Position im Unternehmen erst erkämpfen.
Foto: kaeptn_chemnitz - Fotolia.com

Die richtige Auswahl des Jobs ist wichtig, aber sie ist nicht alles. Auch nachdem der neue CIO angetreten ist, kann er viel dafür tun, damit er tatsächlich mittelfristig die Rolle spielt, die er sich wünscht.

Besonders wichtig ist das, was Bludau "die chemische Ebene", nennt, die richtige Ansprache, der Ton, jene Fähigkeiten, die gemeinhin "Soft Skills" genannt werden. Selbst wenn der CIO schon wieder an den CFO berichten muss, sollte er zunächst versuchen, ihn auf seine Seite zu ziehen.

"Natürlich ist es wichtig, immer klar seine Meinung zu vertreten, um auch um Investitionsbudgets kämpfen zu können. Aber eben auf eine freundliche, zugewandte und nicht auf eine ungeschickte Weise." Eskalieren, wenn es anders nicht geklappt hat, geht am Ende immer. Der umgekehrte Weg ist dagegen schwieriger.

Ein anderer beliebter Fehler: die Draufsicht verlieren. Kaan Bludau hat schon Fälle erlebt, in denen der neue CIO sich "in Bits und Bytes verhakt hatte, reingefräst ins Kleinklein, anstatt sich ums Strategische zu kümmern."

Soft Skills schwer zu lernen

Wie es anders geht, bewies Christoph Grewe-Franze, der im vergangenen Jahr für CIO.de von seinen ersten 100 Tagen als neuer CIO der Able Group berichtet hatte. Sein neuer Arbeitgeber mühte sich mit einem Riesen-SAP-Projekt, das suboptimal lief. Statt es selbst in die Spur bringen zu wollen, setzte Grewe-Franze einen externen Projektleiter durch - und hatte wieder Luft für das Wesentliche.

Glück oder Unglück, Erfolg oder Misserfolg eines CIOs hängen an Faktoren, die mit seinen Fachkenntnissen nichts zu tun haben. Es geht um Kommunikation, Empathie, und die Fähigkeit, Verbündete zu gewinnen und zu behalten.

Das Dumme an der Sache ist, dass sich diese Skills am wenigsten von allen erlernen lassen, so die Erfahrung des Personalberaters. Kaan Bludau: "Nicht aus jedem Soldat wird ein Offizier. Gerade in einer gehobenen Einkommensklasse werden bestimmte Soft Skills schlicht vorausgesetzt."

Nicht jeder eignet sich dazu, auf dem Weg zum Gipfel voranzugehen.
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Woran es CIOs nach seiner Erfahrung am häufigsten mangelt, ist die Fähigkeit, im Dienste der eigenen Interessen das richtige Bild zu vermitteln von sich und seiner Arbeit.

Wer allerdings Grundtalent mitbringt, kann mit Erfolg daran weiterarbeiten. Zum Beispiel indem er schon im aktuellen Job seine kommunikativen Fähigkeiten erprobt und ausbaut, trotz Unzufriedenheit Netzwerke knüpft.

Vorstände sollten CIOs mehr vertrauen

Denn schließlich wird automatisch, ohne eigenes Zutun, auch nach einem Wechsel nicht alles besser. Ein wenig Übung kann also nicht schaden. Hilfreich auch: sich ständige Sparrings- und Diskussionspartner suchen.

Einen ehemaligen Chef zum Beispiel oder einen Personalberater, mit denen man immer mal wieder anstehende Themen besprechen kann. Kaan Bludau hört sich im Rahmen solcher Beziehungsarbeit auch viele Geschichten an, die mit dem eigentlichen Job nichts zu tun haben. Seine Rolle versteht er wie "eine Mischung aus Mediator und Spielerberater."

Und die Vorstände, Geschäftsführer, Firmeninhaber mit ihrer chronischen Geringschätzung der IT und ihrer strategischen Bedeutung?

Denen rät Bludau, mehr Vertrauen in ihre CIOs zu haben. "Die Frage ist doch: Wenn ich jemandem nicht zutraue, strategisch zu denken und passende Entscheidungen zu treffen, wofür bezahle ich ihm dann eine halbe oder eine Million Euro pro Jahr?"

Was tun, wenn der Headhunter anruft?
Genau prüfen
Ein guter Personalberater will nicht nur einen Abschluss, sondern eine gute Betreuung von Auftraggeber und Kandidat. Dies zeigt sich daran, wie transparent der Suchprozess ist, ob auch kritische Aspekte angesprochen werden und ob die Interessen des Kandidaten ein wichtiger Bestandteil der Gespräche sind.
Gelassen bleiben
Wenn der Anruf mit dem Jobangebot dann kommt, ist Ruhe Trumpf. Fragen nach dem Namen der suchenden Firma oder dem Gehalt sind im Erstgespräch tabu. Lieber um eine anonymisierte Stellenbeschreibung und etwas Bedenkzeit bitten. Bei Interesse Lebenslauf schicken und schon mal über geeignete Referenzgeber nachdenken. Wichtig ist, dass der Headhunter auch wirklich ein exklusives Mandat für die Suche hat.
Souverän auftreten
Gespräche mit der Zielfirma sollten sorgfältig vorbereitet werden. Geschickter als einfach Fragen zu beantworten ist es, eigene Impulse zu setzen und zu erklären, welche Akzente man im Erfolgsfall im neuen Job setzen möchte. Vorsicht: Auch hier sind die Unterschiede zwischen einzelnen Headhuntern groß. Ein seriöser Personalberater wird seine Kandidaten intensiv auf anstehende Gespräche vorbereiten und auch ausloten, ob das Angebot zu ihren langfristigen Karriere-Zielen passt.
Früh anfangen
Wer aufsteigen will, sollte nicht warten, bis ihn ein Headhunter anruft. Es lohnt sich, früh selbst Kontakte zu Personalberatern zu knüpfen - spätestens ab Mitte 30.
Klug auswählen
Einen Standardlebenslauf an möglichst viele Adressen zu senden ist ungeschickt und wirkt austauschbar. Deshalb gut überlegen, welche Personalberatung über die nötige Expertise und Vernetzung in der jeweiligen Branche verfügt. Der Erstkontakt kommt idealerweise durch persönliche Empfehlung zustande. Auch die Unterstützung bei anderen Suchen - durch Einschätzungen oder Referenzen - ist ein guter Türöffner.