Cloud, Mobile, Big Data

Gartners Top 10 Technologien für 2012

07.11.2011 von Thomas Pelkmann
Neue Nutzerschnittstellen, firmeninterne App-Stores, In-Memory-Computing und hybride Clouds: Marktforscher Gartner hat seine IT-Trends für 2012 vorgestellt.
Gartner-Analysten richten den Blick nach vorne: Wolkig wird es dabei auf jeden Fall.
Foto: James Thew - Fotolia.com

Mit dem Herbst beginnt für die Analystenhäuser die Vorausschau aufs kommende Jahr. Gartner hat jetzt seine Top Ten der strategischen IT-Trends für 2012 vorgestellt. Für Gartner ist eine Technologie dann "strategisch", wenn sie in den nächsten drei Jahren signifikante Auswirkungen auf die Unternehmen-IT haben könnte. Strategische Technologien können durchaus heute schon existieren, aber erst demnächst so reif sein, dass ein Durchbruch dann unmittelbar bevorsteht. Natürlich kann auch neue Technik dabei sein, die Early Adopters die Chance bietet, sich mit einem frühen Einstieg strategische Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen.

Wie auch immer: "Die Top-Technologien werden für die meisten Unternehmen strategische Bedeutung haben", sagt David Cearley, Vizepräsident bei Gartner. "IT-Leiter sollten diese Liste für ihre strategischen Planungen benutzen und prüfen, inwieweit die vorgestellten Trends in ihre Unternehmens-IT passen."

Smartphones und Media Tablets

Anwender werden auch zukünftig zwischen unterschiedlichen Formfaktoren wählen können. Die eine Plattform oder Technologie wird es nicht geben, schätzt Gartner. Unternehmen sollten sich deshalb auf mindestens zwei bis vier Plattformen einstellen, die bis 2015 zu verwalten sein werden. Diese Zahl wird noch steigen, wenn, was heute schon so ist, Mitarbeiter eigene Smartphones und Tablet-PCs mitbringen. Damit die IT-Abteilungen von dieser bunten Vielfalt nicht überrumpelt werden, sollten sie das am besten gleich zum Programm machen, so Gartner.

Unternehmen werden dabei zwei Mobil-Strategien brauchen: eine für das Szenario "Unternehmen-Mitarbeiter" ("Business to Employee", B2E) und eine für den Fall "Unternehmen-Kunde" ("Business to Consumer, B2C). Bei der Strategie für die eigenen Angestellten gelte es, soziale Aspekte, Geschäftserwartungen, finanzielle Auswirkungen und das Risikomanagement zu bedenken, schreibt Gartner. Für den Umgang mit externen Partnern und Geschäftskunden muss die IT zusätzliche Aufgaben erledigen: Schnittstellen zu Kunden, Management von APIs für den Zugriff auf Unternehmensinformationen und -Systeme, Integration in Anwendungen von Drittanbietern und Partnern.

Mobil-zentrierte Anwendungen und Interfaces

Das 20 Jahre alte Paradigma für Benutzerschnittstellen gerät durch Touch-Technologie von Smartphones und Tablets ins Wanken, schreibt Gartner. Fenster, Icons, Menüs und Mauszeiger werden durch mobil-zentrierte Interfaces abgelöst werden, die über Berührung, Gestensteuerung sowie Stimmeingabe funktionieren.

Die Anwendungen selber werden wahrscheinlich mehr auf bestimmte Funktionen konzentriert sein als die vom PC her bekannten Monster-Applikationen mit mehr als 1.000 Einzelfunktionen. Das alles führt zu der Notwendigkeit, neue Schnittstellen zu den Benutzern zu entwickeln.

Um Interfaces für eine Vielzahl von Gerätetypen, Display-Größen und Betriebssystemen zu bauen, benötigt man ein Verständnis für die fragmentierten Einzelbausteine der Systeme. Zudem bedarf es einer Programmier-Struktur, die es ermöglicht, diese Bausteine in Anwendungen für unterschiedliche Geräte zu assemblieren.

Allerdings werden sich die Werkzeuge dafür ebenfalls weiterentwickeln, schätzt Gartner, so dass diese Anforderungen leichter zu erledigen sein werden als heute. In diesem Zusammenhang wird HTML5 eine zunehmend wichtige Rolle spielen, weil es die Lösung für einige plattformübergreifende Probleme ist. Bis 2015 werden mobile Web-Technologien so weit entwickelt sein, dass die Hälfte aller Anwendungen, die es heute noch als native Apps gibt, dann als universelle Web-Apps verfügbar sein werden.

Kontext-sensitive Systeme

Kontext-sensitive Systeme nutzen Informationen über den Anwender, seine oder die Umgebung von Objekten sowie Aktivitäten und Vernetzungen, um die Qualität der Anwendungen zu verbessern. Systeme, die mit ihrer Umgebung im Austausch stehen, können viele Bedürfnisse der Anwender vorwegnehmen und mit kontext-abhängigen Inhalten, Produkten oder Dienstleistungen befriedigen.

Das können Shopping- oder Entspannungsangebote in räumlicher Nähe sein, Kontaktangebote zu Freunden und Kollegen aus sozialen Netzwerken, Augmented Reality-Anwendungen und anderes mehr - der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Bis 2013, prognostiziert Gartner, werden kontextuelle Anwendungen in bestimmen Bereichen realisiert worden sein, etwa für Location-based Services, Augmented Reality oder im mobilen Handel.

Das Internet der Dinge

Das Internet der Dinge ("Internet of Things", IoT) ist ein Konzept, das die Ausweitung des Webs auf physische Geräte mit Sensoren und künstlicher Intelligenz beschreibt, die über das Internet kommunizieren. Das Konzept existiert bereits seit einigen Jahren, aber erst jetzt kommt es zu einer Beschleunigung der Entwicklung, unter anderem durch die Ausweitung des Adressraums im Internet. Durch IPv6 wird es möglich sein, viele Milliarden Geräte mit ihrer individuellen Adresse direkt anzusprechen. Dinge mit Internet werden über folgende Merkmale verfügen:

Eingebaute Sensoren: Das sind Fühler, die den Zustand eines Gerätes erfassen und Änderungen im Status an eine Steuerzentrale übermitteln. Geräte mit Sensoren wird es immer häufiger geben. Die gemessenen Daten können unmittelbar vom Gerät oder mittelbar als Information für andere Geräte oder Anwender genutzt werden.

Bilderkennung: Sensoren für Bilderkennung werden eingesetzt, um Objekte, Menschen, Gebäude und andere Dinge zu erkennen, die für den jeweiligen Benutzer oder ein Unternehmen von Wert sind. Mit Kameras ausgerüstete Smartphones und Tablets haben solche Techniken bereits im Consumer-Bereich verbreitet, die Unternehmen werden mit eigenen Anwendungen demnächst nachziehen.

In diesem Zusammenhang wird es auch zu verstärktem Nearfield Communication Payment (NFC) kommen. NFC ist ein Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Strecken (bis vier Zentimeter). NFC kann damit für den Zahlungsverkehr kleiner Beiträge etwa für Parkuhren oder Fahrscheine dienen. Sobald diese Technik in einer nennenswerten Zahl von Smartphones verwendet wird, wird sich NFC auch für weitere Anwendungen öffnen. Denkbar sind Anwendungen bei Öffentlichem Nahverkehr, Fluglinien, Handel oder im Gesundheitswesen, wo NFC Effizienz und Kundenzufriedenheit verbessern könnte.

App Stores und Marktplätze

App Stores, wie der von Apple oder für Android-Geräte, halten Hunderttausende von Apps für mobile Anwender bereit. Gartner sagt voraus, dass bis 2014 mehr als 70 Milliarden mobile Anwendungen pro Jahr heruntergeladen werden. Zudem werde diese Form der Software-Distribution zunehmend auch für Firmen ein Thema.

Mit Apps-Stores von und für Unternehmen werde sich die Rolle der IT verändern, so Gartner. Die zentrale Planung für den Einkauf wird es immer weniger geben, dafür mutiert die IT-Abteilung immer mehr zu einem Einkaufsberater, der sich mit den Regeln und Beschränkungen des Einsatzes sowie dem Support von Apps auskennt.

Next-Generation Analytics

Die Business Analytic verändert sich grundlegend: von traditioneller Offline-Analyse historischer Daten hin zu vielschichtigen Analysen von historischen und Echtzeitdaten. Dazu werden zunehmend auch unstrukturierte Daten aus Texten, Video- und Audio-Dateien sowie aus sozialen Netzwerken und aus dem Internet zählen.

Diese Vielfältigkeit wird dazu führen, dass Analysen und Entscheidungen von mehreren Personen in einer Art kollaborativem Prozess getroffen werden, meint Gartner. Dabei gehe es zunehmend um Simulationen, Vorhersagen und Optimierungen, nicht einfach nur um Information. Zudem werde sich Business Analytics (BA) zunehmend in die Cloud verlagern, um dort Ressourcen für hohe Performance sowie das moderne Grid Computing zu nutzen.

Big Data

Die Menge an Daten, die Komplexität von Formaten und Quellen sowie das Tempo, in dem diese Daten zum Anwender gelangen, übersteigen die Möglichkeiten traditioneller Datenbanktechnologien bei weitem. Um diese großen Mengen an Daten ("Big Data") zu managen, braucht es neue Techniken, etwa das In-Memory-Computing.

Eine der größten Auswirkungen von Big Data ist, dass Anwender in der Zukunft nicht mehr alle brauchbaren Informationen in ein einziges Data Warehouse packen können. Erst logische Data Warehouses, meint Gartner, seien in der Lage, Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzutragen, und würden damit das "Single-Data-Warehouse-Modell" ablösen.

In-Memory-Computing

In Consumer-Geräten, in der Unterhaltungselektronik sowie in eingebetteter IT kommen zunehmend Flash-Memory-Techniken zum Einsatz. Die Vorteile der Speicherchips kommen auch in Servern zum Tragen: Sie sparen Platz, entwickeln keine Hitze, sind schneller und zudem unempfindlicher gegen Erschütterungen und andere äußere Einflüsse.

Also werden Flash-Speicher auch im Rechenzentrum ihren Platz finden, etwa bei In-Memory-Plattformen. Durch In-Memory-Technik werden Datenbank-Anwendungen deutlich an Performance gewinnen, so Gartner. Zudem verbessere sich die Skalierbarkeit und die Latenz beim Transfer von Daten. Sobald sich die Kosten und die Verfügbarkeit von In-Memory-Technik zufriedenstellend entwickelt haben werden, werde diese Technik allgegenwärtig sein, prognostiziert Gartner.

Low-Energy-Server

Niedrig-Energie-Server basieren auf Prozessoren, die typischerweise in mobilen Geräten verwendet werden. Solche Server können 30 mal mehr Prozessoren in einer einzelnen Einheit arbeiten lassen als ein traditioneller Server, und der Energieverbrauch ist trotzdem niedriger.

Diese neue Technik eignet sich aber nur für bestimmte, wenig rechenintensive Aufgaben, etwa das Verteilen und Reduzieren von Workloads oder das Verwalten von statischen Objekten auf einer Webseite. Zudem wird das Niedrigenergiemodell möglicherweise die Kosten für das Management der Systeme erhöhen, was einer größeren Verbreitung eher im Wege stehen wird.

Cloud Computing

Die Cloud kann die IT-Infrastruktur in vielen Industrien langfristig verändern, schätzt Gartner. In diesem und nächstem Jahr wird sich das noch nicht großartig auswirken. Aber ab 2013 wird es einen Markt mit vielen großen Anbietern und einer riesigen Bandbreite unterschiedlicher Angebote für Cloud-Umgebungen geben.

Oracle, IBM und SAP haben schon jetzt alle Vorkehrungen getroffen, um in den kommenden zwei Jahren eine breite Palette von Cloud-Services anbieten zu können. Auch Microsoft wird in diesem Konzert noch mitspielen, glaubt Gartner. In den Unternehmen steige parallel dazu das Verständnis für den Mechanismus unterschiedlicher Erscheinungen wie Private oder Public Cloud.

Domieren werden nach Ansicht von Gartner aber hybride Modelle, die bei der Verwaltung einer externen Public und einer internen Private Cloud helfen. Dabei werde es auch darum gehen, die IT dabei zu unterstützen, das Tempo und die Effizienz von Public-Cloud-Service-Providern auch innerhalb des Unternehmen zu erreichen.